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falsch, ist komplizierter!


18.09.2002 21:09 - Gestartet von guidod
bitte bitte, liebe forumsleser, dreht die sache mal nicht so auf einseitig und verflacht.

Es ist bekannt, dass bei zuviel einfluss auf die wirtschaft diese gehemmt wird, darum fordert man, dass sich der staat so weit wie moeglich heraushalten solle - anderseits sollte wohl allgemein bekannt sein, dass freie wirtschaft so einige zerstoererische momente hat, einschliesslich selbstzerstoerung, und sei es so profan wie missmanagment uebergeschnappter wirtschaftsbosse - wiederum anderseits weiss man, dass eine behoerdliche organisation an gleicher stelle noch mehr verschwenden wuerde.

Im resultat versucht man, dem kapitalistischen system rahmenbedingungen zu stellen, die moeglichst verhindern soll, dass es sich selbst zerstoert, an anderen stellen jedoch der innovationskraft freien lauf zu lassen. Wenn jetzt der herr finanzminister (und viele andere hier) so tun, als sei die situation ja nur die schuld der durchgeknallten unternehmen, so muss ich mal fragen, wo bitte der staat seine aufgabe wahr genommen hat, ebendiesen wahnsinn zu begrenzen?

Oder waren es am ende doch wieder die gier nach geld, die die politiker geritten hat, um es in projekte zu stecken, von denen kaum jemand persoenlich einen vorteil hat, und der kleine buerger stattdessen ueber die nicht-sinkenden gsm tarife dem staat das aus seiner lohntuete finanziert.

Auch eine schoene maer, die diesem forum vorkam: wer bei ebay was ersteigert, muss es trotzdem zahlen, hat ja schliesslich geboten. Hat mal schon jemand daran gedacht, dass ein einklagen schlecht moeglich sein wird, wenn jemand keine knete hat? Oder dass derjenige, der jemandem per gericht das blut aussaugt, vielleicht im recht ist, aber bei allen anderen unten durch?

Nee nee, leute, die sache ist schon etwas komplizierter. Freie wirtschaft soviel wie moeglich, rahmengesetze und regeln soviel wie noetig. Schon direkt nach der versteigerung hatte jeder einen kater, und noch bevor das geld an den finanzminister ueberwiesen wurde, haben wirtschaftstheoretisch gebildete leute nachgerechnet und bewiesen, dass diese hoehe den untergang des mobilfunksektors nach sich zieht. Es gab da schon die forderung, im ringen um eine stabile wirtschaft und stetige technische fortentwicklung, die geldsummen zu senken. Schon vergessen?

Die politik hat dies ignoriert, wo sonst sich politiker profilieren, indem man unbedingt wieder neue gesetze erlassen muss, hat man behauptet, dass das eine versteigerung schon das maximal ergebnis bringen wird, oh, pardon, dass maximal wirtschaftlich moegliche ergebnis bringen wird. Aber fast jeder ebayer hat schon zu hoch geboten, und sich hinterher geaergert. Hochtrabende wirtschaftsbosse schaffen das? Na, ich hoffe mal, das glaub hier keiner wirklich.

Fakt ist: es war lange bekannt, dass die summen zu hoch waren, und man die gegenwaertigen probleme und missstimung haette vermeiden koennen, egal ob in der welt der wirtschaft oder der politik. Eigentlich denke ich, dass es jetzt eh zu spaet ist, fuer jene firmen, die jetzt schon in finanzieller not sind. Die frage ist also nicht so ganz falsch: wie weit will man denn noch danebensitzen, nichts sehen, nichts hoeren, nichts sagen.

Es ist eine politische frage, wieviele firmen man pleite gehen lassen will, als gesellschaftlich akzeptable marktbereinung, einschliesslch vernichtung von sozialen strukturen, arbeitsplaetzen, stillgelegte technik, eingestampfte organisation, geplatzten vertraegen fuer zulieferer, und anderend domino effekten auf den rest der wirtschaft. So ganz isoliert ist die dummheit der protagonisten nunmal nicht. Und ratet mal, wer das alles am ende ausbaden muss. So ganz vereinfacht gesagt *lach*

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[1] ezc antwortet auf guidod
19.09.2002 10:11
Also entweder man macht eine Versteigerung (und dafür spricht nicht wenig) oder man verkauft die Lizenzen zum Festpreis.

Bei einer Versteigerung kann man wohl kaum eine Obergrenze für die Gebote einführen. Und nach Ende der Versteigerung die Konditionen ändern - das benachteiligt die, die aus gutem Grund ausgestiegen sind.
Jedenfalls wird man kaum unter den Preis gehen können, bei dem debitel ausgestiegen ist.

Eine komplette Rückabwicklung (und Neuvergabe) wäre zwar denkbar, hätte aber viel früher kommen müssen, da inzwischen viele unternehmerische Entscheidungen auf der Grundlage des Versteigerungsergebnisses gefallen sind. Man muss sich ja auch auf die Zuteilung der Lizenzen verlassen können.
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[1.1] guidod antwortet auf ezc
19.09.2002 12:24
Benutzer ezc schrieb:
Jedenfalls wird man kaum unter den Preis gehen können, bei dem debitel ausgestiegen ist.

Eine komplette Rückabwicklung (und Neuvergabe) wäre zwar denkbar, hätte aber viel früher kommen müssen, da inzwischen viele unternehmerische Entscheidungen auf der Grundlage des Versteigerungsergebnisses gefallen sind. Man muss sich ja auch auf die Zuteilung der Lizenzen verlassen können.

ich stimme dir zu, und deine anderen forumsbeitraege zeigen, dass du dir ueber die komplexitaeten sehr wohl bewusst bist.

Als nachschuss: natuerlich haette man eine obergrenze fuer eine auktion setzen koennen, aber in der situation damals haette da keiner dran gedacht. Also muesig darueber zu reden. Etwas anderes waere es, die auktion zu annullieren und unter haerteren bedingungen wieder aufzusetzen, die nicht nur am geld orientiert sind - da schon kurz nach der auktion alle maechtig der kater befallen hatte, und viele viele leute nach etwas nachrechnen schon sagten, dass es eine zu schwere belastung werden wuerde, nunja, *das* haette man machen koennen.

Andere seitenbedinungen haetten etwa sein koennen, dass die haelfte der baender nur vergeben werden, wenn dessen netzbetreiber darin einen umts' endnutzer' tarif anbieten, der nicht ueber dem der gsm handies liegt, fuer gleich leistung (also: telefonieren, smsen, rufumleitung). Das interesse fuer diese baender waere wohl deutlich geringer, und haette zu geringerem auktionsergebnis gefuehrt, den sich gerade die etwas finanzschwaecheren bieter haetten greifen koennen.

Denn dass es unter finanzieller last nunmal jene als erstes trifft, die eh finanzschwach sind, und dies vielleicht durch misswirtschaft noch verstaerkt haben, dass war ja klar. Allerdings gehen in *jeder* firma gelder verloren, auf jeder ebene, durch dummheit der mitarbeiter ebenso wie des top managments. Hat man ein paar reservern, ueberlebt das eine firma. Wenn eine firma mal ab und zu pleite geht, ist das nichts ungewoehnliches, eine marktbereinung auf die haelfte binnen weniger jahre, hat nunmal auessere ursachen.

Und hier setze ich eben an, dass man das durchaus haette anders machen koennen, doch ist mir auch klar, dass weitsichtigkeit des handelns eigentlich bei politikern die wichtigste eigenschaft sein muesste, aber tatsaechlich durch das parteilastige system der brd eben nicht ist. Der tanz um die geldtoepfe bekommt hier vorrang, und ist der profitgier des kaptilistischen bereiches nur im umfang zurueckgestellt.

mensch, so harte worte hab ich ja schon lange nicht mehr gesetzt - bitte nicht so wild nehmen, die sache ist noch komplizierter, hab mich aber wohl durch die wahlkampf zeit irritieren lassen, und das in eine praegnante abschluss formel gefasst. Immer noch gilt: es irrt der mensch so lang er lebt. Bis dass er dann zugrunde geht. c'est la vie.
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[1.1.1] Mal sehen ... (RE: falsch, ist komplizierter!)
ezc antwortet auf guidod
20.09.2002 18:11
Da die Lizenzen eine begrenzte Laufzeit haben (15 Jahre, soweit ich weiß), werden wir's vielleicht noch erleben, ob man beim nächsten Mal andere Bedingungen setzt ... ich bin mal gespannt.