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Die Prepaid-Tarife in Deutschland sind zu teuer


13.08.2016 22:36 - Gestartet von wolfbln
5x geändert, zuletzt am 13.08.2016 23:02
Nun hat auch M.Weidner entdeckt, dass bei unseren Nachbarn die Prepaid (dort: Wertkarten)-Tarife bei einem Bruchteil der deutschen liegen. Vielleicht sollte man das mal wirklich zum Thema machen. Denn in Polen sieht es noch krasser aus. Da die Webseiten der Anbieter aber nur auf polnisch sind, ist das hier nicht so bekannt.

Warum ist Internet im Prepaid in Deutschland eigentlich so teuer? Es wird die gleiche Technik wie in Österreich verbaut, die dort Daten etwa im Preisverhältnis 1:10 zu Deutschland verkaufen. Im Postpaid ist es nicht ganz so krass, aber auch deutlich niedriger.

Es traut sich auch hierzulande keiner eine wirklich unbegrenzte Datenrate anzubieten, nicht mal im Postpaid-Bereich, geschweige denn im Prepaid.

Es wird immer behauptet, die Lizenzen wären so teuer. Diese wirken wirklich wie eine zusätzliche Steuer. Schaun wir mal nach Polen: dort hat der Regulierer 2015 LTE-Lizensen für über 9,2 Mrd. PLN oder 2,1 Mrd € an die 4 Netze versteigert. Eine ähnliche Versteigerung in Deutschland brachte 2015 5 Mrd. € ein. Dennoch kostet in Polen 1GB im Prepaid nur 1 PLN oder 0,23€. In Deutschland ist das mind. 30x so teuer.

Also nochmal: warum wird mobiles Internet im Prepaid in Deutschland so teuer verkauft? Da 75% der Einkünfte der Netzbetreiber aus dem mobilen Internet kommen, kann man es auf diesen Punkt begrenzen.

Ein schwacher Trost und auch ein Problem: Ab Mitte 2017 sollen ja die Inlandsvolumen ohne Aufpreis ins EU-Ausland mitgenommen werden können. An dem im Artikel gezeigten Beispiel wird auch deutlich, warum das ohne FUP nicht gehen wird. Die wirkliche Flatrate (und nicht etwa eine gedrosstelte "Flat" nach Erreichen eines Volumens) von Drei wäre dann auch so in Deutschland gültig. Für viele ein Traum (s. Kommentar 1).

In Österreich kosten z.Zt. EU-Roamingdaten noch etwa 50x so viel wie Inlandsdaten, bei uns gibts schon bei manchen Providern 1:1. Kein Kunststück: wir sind halt (mit) die teuersten in der EU. Aber warum???

Ich habe für ein Schnäppchenforum vor ein paar Tagen mal die Sommerangebote für beliebte Urlaubsländer zusammengestellt. Alle Preise sind für Daten im Prepaid für einen Monat oder wie angegeben und so in Deutschland aktuell einfach nicht zu erzielen - ich kopiere die mal kommentarlos zum staunen drunter:

-Spanien: 10GB (LTE) 33€ bei Simyo.es (im Orange-Netz, SIM gibt’s z.B. bei Carrefour)
-Italien: 20GB (LTE) 19€ bei TIM und 20€ bei 3 in den Betreiber-Läden
-Portugal: 15GB (LTE) als Holidays Connected 14,99€ bei MEO für 15 Tage
-Österreich: unbegrenzt (max.10 Mbps) 26€ bei yesss! im A1-Netz oder 3 oder für 35€ unbegrenzt (LTE) im 3-Netz. Für weniger Daten z.B. yesss!-Starter für 1,99€ mit 1GB incl. z.B. bei Billa.
-Großbritannien: 1000GB=1TB (LTE) £25 GBP bei 3 UK (nur im Smartphone) oder 12GB (LTE) für £30 gültig für 1 Jahr incl. gratis Roaming in einigen Ländern.
-Dänemark: 30GB (LTE) 99 DKK bei Lycamobile im TDC-Netz (kein Tethering)
-Kroatien: unbegrenzt (LTE) auf Tourist SIM bei HR Telekom für 85kn/Woche oder bei Vip 20GB pro Woche für 80kn.
-Frankreich: 50GB (LTE) für 19,99€ + 10€ für die SIM bei free mobile (mit Einschränkungen)
-Griechenland: 4GB (3G): 8,87€ bei Tazamobile (im Vodafone-Netz, die SIM ist allerdings schwer zu finden!)
-Schweden: 20GB (3G): 199 SEK bei Vectone Mobile im Telia-Netz
-Polen: unbegrenzt (nur im LTE-Netz von Play) bei RedBullMobile für 9zl für Starter und 30zl für Aufladung oder für weniger bei Orange (LTE) Starter für 2zl incl.1GB und ggf. 6GB Aufladung für 6zl.

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[1] Katoteki antwortet auf wolfbln
13.08.2016 23:59
Benutzer wolfbln schrieb:
...Also nochmal: warum wird mobiles Internet im Prepaid in Deutschland so teuer verkauft?...


Die Frage lässt sich ganz einfach beantworten:

Weil die Anbieter bei uns es sich erlauben können.

So lange die deutschen Kunden fleißig die teuren Tarife/Pakete buchen, und auch nach deren Verbrauch zusätzliches Volumen nachbuchen, haben es die Anbieter nicht nötig auch nur minimal an den Preisen etwas zu verbessern.

Erst wenn die Kunden diese Preise boykottieren, und die Anbieter es am Umsatz merken, wird sich was tun.
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[2] R o E s I antwortet auf wolfbln
14.08.2016 01:36

einmal geändert am 14.08.2016 01:37
In Finnland kann man 50GB für 20€ bekommem. Netzbetreiber müssen dort keine Frequenzen ersteigern
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[3] andiling antwortet auf wolfbln
14.08.2016 07:37
Wer glaubt, dass sich die Preise nach den Kosten richten, der irrt... die werden daran bemessen was am Markt durchsetzbar ist.

Und dort unterscheiden sich Österreich und Deutschland, denn in Österreich ist Prepaid mit einem Anteil von etwas weniger als einem Drittel aller Mobilfunkanschlüsse nicht so gängig wie in Deutschland (wo mehr als die Hälfte aller Anschlüsse Prepaid sind).

Hinzu kommt, dass in Österreich eine Marktsättigung viel früher als in Deutschland eingesetzt hat. Bereits vor zehn Jahren hat T-Mobile tele.ring aufgekauft, vor einigen Jahren hat dann noch 3 Orange übernommen. Dadurch ergibt sich ein Markt mit einer überschaubaren Anzahl an Anbietern, entsprechend umkämpft ist er.

Die Auswahl an Prepaid Marken ist in Deutschland zwar schier unendlich, allerdings ist die Anzahl der Anbieter dahinter sehr überschaubar. Viele davon betreibt o2 und deren Marken wollen sich sicherlich nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Von den großen anderen ist auch keine Gefahr zu erwarten, sowohl die Telekom wie auch Vodafone legen ihren Schwerpunkt auf Postpaid.
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[3.1] wolfbln antwortet auf andiling
14.08.2016 09:57

4x geändert, zuletzt am 14.08.2016 10:20
Benutzer andiling schrieb:
Wer glaubt, dass sich die Preise nach den Kosten richten, der irrt... die werden daran bemessen was am Markt durchsetzbar ist.

Volle Zustimmung!


Und dort unterscheiden sich Österreich und Deutschland, denn in Österreich ist Prepaid mit einem Anteil von etwas weniger als einem Drittel aller Mobilfunkanschlüsse nicht so gängig wie in Deutschland (wo mehr als die Hälfte aller Anschlüsse Prepaid sind).

Zunächst stimmen Deine Zahlen nicht ganz: Telefónica weist im Q2/2016 einen Prepaid-Anteil von 45% aus, bei Telekom liegt er bei 41%. Für Vodafone habe ich sie nicht gefunden, sollten aber irgendwo dazwischen liegen.

Österreich (2015) 8,9 Mio Postpaid (68%) - 4,1 Mio. Prepaid (32%). Dies ist seit Jahren gleich. Österreich hat damit zwar einen niedrigeren Prepaid-Anteil, aber beide Länder liegen im EU-Mittelfeld: Italien - prepaid 67%, Spanien - prepaid 22% (2010). Und in allen drei Ländern sind die Preise niedriger.

Mir ist schon klar, dass die Provider Kunden möglichst in höherwertigen Verträgen haben wollen, nur der Marktanteil von Prepaid sagt nicht viel über die Preise aus, außer in extremen Ländern wie USA (19% prepaid) und Russland (98% prepaid).

Es ist ja auch nicht klar, warum ein kleineres Marktsegment automatisch niedrigere Preise in diesem Bereich nach sich ziehen muss. Nischenmärkte können auch gerade deswegen sehr teuer sein.


Hinzu kommt, dass in Österreich eine Marktsättigung viel früher als in Deutschland eingesetzt hat. Bereits vor zehn Jahren hat T-Mobile tele.ring aufgekauft, vor einigen Jahren hat dann noch 3 Orange übernommen. Dadurch ergibt sich ein Markt mit einer überschaubaren Anzahl an Anbietern, entsprechend umkämpft ist er.

In Österreich sind es auch nunmehr 3 Netze. Überschaubar, wie Du sagst. Genauso wie hierzulande. Dagegen gibt es die These, dass in Ländern mit mehr Marktteilnehmern der Markt umkämpfter ist. Diese "Marktkonsolidierung" sollte ja eher die Preise steigern. Auch die These von Drei/Three als Preisbrecher gilt eher für die Vergangenheit, denn in Irland und UK hat das auch nicht zu Preisen auf dem österreichischen Niveau geführt. Three nimmt auch, was es kriegen kann.


Die Auswahl an Prepaid Marken ist in Deutschland zwar schier unendlich, allerdings ist die Anzahl der Anbieter dahinter sehr überschaubar. Viele davon betreibt o2 und deren Marken wollen sich sicherlich nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Von den großen anderen ist auch keine Gefahr zu erwarten, sowohl die Telekom wie auch Vodafone legen ihren Schwerpunkt auf Postpaid.

Ja dennoch ist der MVNO-Anteil in Deutschland der höchste in Europa, sogar weltweit. Eigentlich sollte dies nun zu einer Konkurrenzsituation führen, zumindest bei Prepaid, tut es aber scheinbar nicht. Wie du sagst, viele MVNOs sind Töchter von MNOs. Das sind sie aber effektiv auch im Billigland Polen. Nach dem größeren Markteintritt von Drillisch im letzten Jahr, der auch eher der Netzfusion geschuldet ist, hat es in Deutschland praktisch keine Innovation auf Seiten der Betreiber oder Tarife gegeben.

Also ganz klar werden aus Deinen Argumenten die eklatanten Unterschiede in der Preisgestaltung nicht. Es stimmt: Weltweit gesehen hängen die Preise schon mehr von den allgemeinen Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land ab, als von den eigentlichen Kosten für den Betreiber. Da könnte Deutschland schon in der Oberklasse mitspielen, dann aber eben auch Österreich. Lokal gibt dann die Konkurrenzsituation den Ausschlag und die ist offenbar in Österreich gegeben und in Deutschland eben nicht oder weniger. Offensichtlich haben wir hier ein "Marktversagen" in einigen Ländern, was nicht nur zu höchst unterschiedlichen Preisen führt, sondern dann im nächsten Jahr auch zu erheblichen Problemen bei der EU-Roamingregelung. Darum wird man von vielen Ländern (wo der Markt funktioniert) die Pakete nicht einfach in die Ländern mitnehmen können (wo er nicht funktioniert). Schon irre!!!
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[4] hafenbkl antwortet auf wolfbln
15.08.2016 08:45
Benutzer wolfbln schrieb:
... das ohne FUP nicht gehen wird. ...

Wer oder was ist "FUP"?
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[4.1] wolfbln antwortet auf hafenbkl
15.08.2016 09:09

einmal geändert am 15.08.2016 10:11
Benutzer hafenbkl schrieb:
Benutzer wolfbln schrieb:
... das ohne FUP nicht gehen wird. ...

Wer oder was ist "FUP"?

FUP ist eine "Fair Use Policy". Ein Instrument, das die kostenlose Mitnahme der Inlandspakete ab Sommer 2017 ins EU-Ausland begrenzen soll.

M. Weidner hat vor kurzem darüber geschrieben:
https://www.teltarif.de/roaming-eu-fair-use-...
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[4.1.1] x-user antwortet auf wolfbln
15.08.2016 13:19
Benutzer wolfbln schrieb:
Benutzer hafenbkl schrieb:
Benutzer wolfbln schrieb:
... das ohne FUP nicht gehen wird. ...

Wer oder was ist "FUP"?

FUP ist eine "Fair Use Policy". Ein Instrument, das die kostenlose Mitnahme der Inlandspakete ab Sommer 2017 ins EU-Ausland begrenzen soll.

M. Weidner hat vor kurzem darüber geschrieben:
https://www.teltarif.de/roaming-eu-fair-use-...

War mir auch nicht geläufig, danke. (Es gibt zuviele Insider-Kürzel, leider auch in den Teltarif-Meldungen immer wieder mal.)

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[5] Paekivi antwortet auf wolfbln
18.08.2016 08:55
Noch ein Beispiel:

Estland = 8 Euro für 10 GB

Es ist wie mit dem Eisverkauf. Das Eis zum Mitnehmen am der Eisdiele kostet so viel, wie der Kunde bereit ist zu zahlen. Und der zahlt heute gern locker 1,30 € für eine Kugel. Das ist bestimmt nicht so teuer, weil die Milchpreise enorm gestiegen sind.