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Wer eine 1&1-Vertrag vorzeitig los werden will


17.08.2011 23:00 - Gestartet von ronfein
Falls ich jetzt einen 1&1-Vertrag vorzeitig los werden will, kann man das 1&1-Verhalten für sich ausnutzen, falls die Telefonflatrate mit Wortlaut "Ins gesamte dt. Festnetz" einschränkungslos lt. Leistungsbeschreibung abgeschlossen wurde. Einfach die Nummern nutzen, 1&1 abrechnen lassen, Rechnung widersprechen und nur abzgl. der zusätzlichen Telefongebühren bezahlen. Falls 1&1 das nicht akzeptiert, außerordentliche Kündigung wegen Vertrags- und Vertrauensbruch für den gesamten DSL-Vertrag aussprechen. Falls dies nicht von 1&1 akzeptiert wird, wird man wohl einen RA hinzuziehen müssen.
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[1] Kai Petzke antwortet auf ronfein
18.08.2011 10:44
Benutzer ronfein schrieb:
Falls ich jetzt einen 1&1-Vertrag vorzeitig los werden will, kann man das 1&1-Verhalten für sich ausnutzen, falls die Telefonflatrate mit Wortlaut "Ins gesamte dt. Festnetz" einschränkungslos lt. Leistungsbeschreibung abgeschlossen wurde. [...] wird man wohl einen RA hinzuziehen müssen.

In der Tat ein denkbarer Weg. Allerdings ziehen so was nur wenige Kunden durch. Die meisten akzeptieren das Kleingedruckte halt doch irgendwie. Und deswegen rentiert sich die Nachberechnung für 1&1.



Kai
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[1.1] finalsequence antwortet auf Kai Petzke
18.08.2011 14:44

einmal geändert am 18.08.2011 14:52
Benutzer Kai Petzke schrieb:
Benutzer ronfein schrieb:
Falls ich jetzt einen 1&1-Vertrag vorzeitig los werden will, kann man das 1&1-Verhalten für sich ausnutzen, falls die Telefonflatrate mit Wortlaut "Ins gesamte dt. Festnetz" einschränkungslos lt. Leistungsbeschreibung abgeschlossen wurde. [...] wird man wohl einen RA hinzuziehen müssen.

In der Tat ein denkbarer Weg. Allerdings ziehen so was nur wenige Kunden durch. Die meisten akzeptieren das Kleingedruckte halt doch irgendwie. Und deswegen rentiert sich die Nachberechnung für 1&1.



Kai

Das wird nicht funktionieren.

Unter dem Absatz "II. Telefoniedienstleistungen", und dort wieder konkret unter dem 2.8., wird Calltrough etc explizit und namentlich ausgeschlossen. Konsequenz ist, wie in dem Absatz geschildert, das Recht zur außerordentlichen Kündigung durch 1&1. Die Nachberechnung ist da sicher das kleinere Übel. Und das Kleingedruckte wird immer mit Unterschrift akzeptiert oder? Gibt es eine Argumentation mit der ich bestimmte Vertragsklauseln da von meiner Unterschrift ausnehmen lassen kann? Dann müsste ich doch ingesamt gegen die AGB klagen oder?

Die Sperre wird 1&1 sicher schon vor Veröffentlichung der Sperrlisten so eingerichtet haben. Denn die Sperren bestehen nicht erst seit Veröffentlichung.

Telmy, DCalling und andere weisen schon seit mehreren Monaten auf diese Vorgehensweisen hin.
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[1.1.1] niveaulos antwortet auf finalsequence
18.08.2011 15:07
Unter dem Absatz "II. Telefoniedienstleistungen", und dort wieder konkret unter dem 2.8., wird Calltrough etc explizit und namentlich ausgeschlossen. Konsequenz ist, wie in dem Absatz geschildert, das Recht zur außerordentlichen Kündigung durch 1&1. Die Nachberechnung ist da sicher das kleinere Übel. Und das Kleingedruckte wird immer mit Unterschrift akzeptiert oder?

Schon richtig. Aber die Leistungsbeschreibung zählt eben auch als Bestandteil des Vertrages. Und wenn sich der Sinninhalt eines Vertrages in unterschiedlichen dazugehörigen Dokumenten widerspricht dann ist das ein Problem: Für den Anbieter. Weil die Gerichte dann immer zugunsten des Kunden entscheiden werden. Denn dem kann nicht zugemutet werden selbst herausfinden zu müssen, welche der beiden sich widersprechenden Bestimmungen nun die gültige ist.

Gibt es eine Argumentation mit der ich bestimmte Vertragsklauseln da von meiner Unterschrift ausnehmen lassen kann? Dann müsste ich doch ingesamt gegen die AGB klagen oder?

Nicht nötig. Sog. überaschende Klauseln einer AGB sind von Gesetzes wegen automatisch ungültig, der Anbieter kann sich auf diese nicht berufen. Und wenn ein Anbieter riesengroß in der Werbung und überall in Tariftabellen und Leistungsbeschreibung von "Alle Festnetzgespräche kostenlose" schreit und dann erst irgendwo mitten in den AGB eine Einschränkung vornimmt dann gilt das in der Regel als "überraschend" - weil der Kunde eben aufgrund der Art der vorherigen Beschreibung nicht damit rechnen MUSS.
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[1.1.1.1] finalsequence antwortet auf niveaulos
18.08.2011 16:17
Ok... interessant wird dann wieder 2.11. der Leistungsbeschreibung interessant:

"Der Pauschaltarif für Privatkunden umfasst alle Gespräche ins nationale Festnetz. 1&1 DSL-Office-Pakete erhalten in
Verbindung mit der 1&1 Telefon-Flat 1.000 Freiminuten pro Monat für alle Gespräche ins nationale Festnetz. Für
Mobilfunktelefonate, Auslandsgespräche und Sonderrufnummern fallen zusätzliche Gebühren an. Alle zusätzlichen Gebühren
werden gemäß der jeweils gültigen Preisliste abgerechnet."


Nur... lest mal oben im allersten Absatz der AGB:

"Die Allgemeinen Hinweise unter Ziff. A gelten, sofern sich aus den Besonderen Bedingungen, Leistungsbeschreibungen, Preislisten und Sondervereinbarungen keine spezielleren Regelungen ergeben."

Ich denke, 1&1 wird argumentieren, daß die Regelung in II / 2.8 am speziellsten, bzw. selektiver ist als die der Leistungsbeschreibung. Denn da werden ja die ausgeschlossenen Dienste namentlich genannt. Und spezieller als durch diese Auflistung kann man nicht aufzählen, was geht und was nicht.

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[1.1.1.1.1] niveaulos antwortet auf finalsequence
18.08.2011 16:37
Benutzer finalsequence schrieb:

Bei sämtlichen AGB-Urteilen die es gibt argumentieren die Gerichte immer, dass es einem normalen Kunden ohne juristische Ausbildung nicht zuzumuten ist, sich den Inhalt unklarer Regelungen und Widersprüchen selbst zu erschließen.

Das Gesetz legt bei AGB verschiedene Dinge klar fest, drei sind hier aus meiner Sicht entscheidend:

* Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen, § 305b BGB.

-> Das würde sich in diesem Fall wohl auch auf die Leistungsbeschreibung beziehen lassen, diese würde also immer vor den AGB gehen und hätte Vorrang. (Individuell meint übrigens im rechtlichen Sinne nicht immer, dass sich das nur auf einen einzelnen Kunden bezieht, damit hier kein Mißverständniss aufkommt)

* Überraschende Allgemeine Geschäftsbedingungen, mit denen der andere Vertragsteil nach den Umständen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil, § 305c Abs. 1 BGB.

-> Ist hier eines der Hauptargumente. Wenn mir die Leistungsbeschreibung, die Werbung UND die Tariftabelle sagen: "kostenlos" und zudem die zusätzliche Berechnung branchenunüblich ist (Die anderen sperren ja alle nur), dann brauch ich nach dieser rechtlichen Bestimmung gar nicht mehr gucken ob in den AGB noch was Gegenteiliges steht, es wäre sowieso einfach ungültig.

* Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB.

-> Und Zweifel scheint es hier aufgrund der widersprüchelichen Angaben ja offenbar zu geben. Mit "Verwender" ist hier das Unternehmen, also 1&1 gemeint, das dieses ja die AGB "verwendet" um sich rechtlich gegenüber dem Kunden abzusichern.
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[1.1.1.1.1.1] Kai Petzke antwortet auf niveaulos
18.08.2011 19:48
Benutzer niveaulos schrieb:

* Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen, § 305b BGB.

-> Das würde sich in diesem Fall wohl auch auf die Leistungsbeschreibung beziehen lassen, diese würde also immer vor den AGB gehen und hätte Vorrang.

Das sehe ich grundsätzlich anders. Die Leistungsbeschreibung ist einfach Teil der AGB wie auch alles andere, was einem 1&1 standardmäßig beim Vertragsabschluss so vorlegt (Web-Formulare, Leistungsbeschreibung, AGB-Texte). Egal, ob AGB draufsteht oder nicht.

* Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB.

Genau das ist das Top-Argument zu Gunsten des Kunden: Unterscheiden sich die Klauseln von Dokument 1 zu Dokument 2, kann sich der Kunde das für ihn bessere heraussuchen.


Kai
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[1.1.1.1.1.1.1] finalsequence antwortet auf Kai Petzke
18.08.2011 20:20
Interessante Diskussion, vor allem für mich wg. Fernbeziehung nach Sudfrankreich und entsprechendem Kostendruck bei Anruf dorthin :-)

Also grundsätzlich sehe ich es so wie ihr. Nur versuche ich immer Ansatzpunkte für ein Gegenargument von 1&1 zu finden.

Kai, Du sagst daß indiv. Vertragsabreden vor AGB gehen. Ist das individuell, wenn diese Abreden in Form von Leistungsbeschreibungen formuliert sind? Schließlich sind diese ja nicht auf den einzelnen Kunden angepasst, sondern in dieser Form regelmäßiger Bestandteil des Vertrages. Individuell wäre für mich hier z.b. eine Formulierung "Kunde xxx bekommt, wenn er 300 Min im Monat telefoniert, einen Bonus yyyy".

Individuell wäre in dem Falle für mich eine Klausel, die eben von den Standards in den Unterlagen deutlich abweicht, die einem der Anbieter überlässt. Gibt es dazu schon auf diesen Fall bezogene Urteile? Weil meine Intension ist: wenn 1&1 was reinschreibt, tun sie das um es auch juristisch durchzudrücken. Und da evtl bei mir bald ein Anbieterwechsel ansteht, wäre das schon interessant für mich. Vor allem auch aus Gründen der Rechtssicherheit. Denn nix ist lästiger als sich mit Hotlines, Back Office Teams und 1st LVL Supportern herumzubalgen :-)

Und selbst bei Telmy machts schon nen Unterschied, ob ich 6 Ct / Min plus 2,x bei 1&1 zahle oder obs dann wirklich bei 6 Ct bleibt.

Gab es schon eine Anfrage bei der Pressestelle, wie sich 1&1 zu unserer Argumentation "der Kunde sucht sich das für ihn günstigste aus" stellt?

*Couch mode enabled*

Ralf



Benutzer Kai Petzke schrieb:
Benutzer niveaulos schrieb:

* Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen, § 305b BGB.

-> Das würde sich in diesem Fall wohl auch auf die Leistungsbeschreibung beziehen lassen, diese würde also immer vor den AGB gehen und hätte Vorrang.

Das sehe ich grundsätzlich anders. Die Leistungsbeschreibung ist einfach Teil der AGB wie auch alles andere, was einem 1&1 standardmäßig beim Vertragsabschluss so vorlegt (Web-Formulare, Leistungsbeschreibung, AGB-Texte). Egal, ob AGB draufsteht oder nicht.

* Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB.

Genau das ist das Top-Argument zu Gunsten des Kunden: Unterscheiden sich die Klauseln von Dokument 1 zu Dokument 2, kann sich der Kunde das für ihn bessere heraussuchen.


Kai
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[1.1.1.1.1.1.1.1] Kai Petzke antwortet auf finalsequence
19.08.2011 17:28
Benutzer finalsequence schrieb:
Interessante Diskussion, vor allem für mich wg. Fernbeziehung nach Sudfrankreich und entsprechendem Kostendruck bei Anruf dorthin :-)

Ein guter Kompromiss zwischen günstigem Preis und Bequemlichkeit dürfte ein weiterer VoIP-Anbieter sein, den man in den Router programmiert. Tarife siehe hier: https://www.teltarif.de/voip/tarifrechner.html

Kai, Du sagst daß indiv. Vertragsabreden vor AGB gehen.

Das hat User "niveaulos" geschrieben, als Zitat aus dem Gesetz: BGB § 305 b.

Ist das individuell, wenn diese Abreden in Form von Leistungsbeschreibungen formuliert sind?

In der Tat betrachte ich (anders als niveaulos) eine allgemeine Leistungsbeschreibung nicht als Individualabrede. Ich betrachte die Leistungsbeschreibung einfach als Teil der AGB. Laut BGB § 305 können AGB in vielfacher Weise in den Vertrag eingebunden werden. Auf besondere Schriftart, Überschriften usw. usf. kommt es nicht an, sondern nur darauf, dass der Verwender der AGB sie am "Ort des Vertragsschluss aushängt", im konkreten Fall also im Internet auf der Homepage, wo man auch den Vertrag schließt, aufhängt.

Schließlich sind diese ja nicht auf den einzelnen Kunden angepasst, sondern in dieser Form regelmäßiger Bestandteil des Vertrages.

Richtig. Und weil die Leistungsbeschreibung regelmäßiger Teil des Vertrags ist, unterliegen die Klauseln der Leistungsbeschreibung genauso dem AGB-Gesetz wie die Klauseln der AGB. Egal, ob Paragraphennummern vorstehen oder nicht, egal, ob sie die Form einer FAQ oder eines Legaltextes haben.

Gibt es dazu schon auf diesen Fall bezogene Urteile?

Es gibt viele, aber nicht unbedingt aus der Telekommunikation, und nicht unbedingt bezogen auf die Frage, wie flat eine Flatrate sein muss.

Beispiel aus dem Arbeitsrecht (und da war die in-sich-Widersprüchlichkeit in einer Klausel sogar ziemlich schwach): http://www.handelsblatt.com/finanzen/recht-steuern/arbeitsrecht/im-zweifel-muss-der-chef-zahlen/3662420.html

Und ein BGH-Urteil erklärt sogar ausdrücklich, dass sich der Kunde gemäß der Mehrdeutigkeitsregel nach § 305 c Abs. (2) BGB, die *kundenfeindlichere* Auslegung einer Klausel aussuchen kann, wenn das den Effekt hat, dass die Klausel nun so gemein ist, dass sie nach § 307 BGB komplett ungültig wird: Urteil XII ZR 62/06

Sich gegen 1&1 auf diesen Standpunkt zu versteifen und die berechneten Zusatzgebühren für Callthrough-Einwahlen oder Chat-Dienste jeweils von der Rechnung abzuziehen und nicht zu bezahlen, läuft aber garantiert auf ein hässliches Mahnverfahren mit anschließendem Gerichtsstreit hinaus. Also auf Rechtsschutzversicherung oder Bekanntschaft zu vernünftigen Anwälten achten ;-)


Kai