Diskussionsrunde

Ex-RTL-Chef Thoma: Mehrwertdienste sind "Mehrkostendienste"

Zudem betrieben (TK-) Unternehmen einen "Lobbyismus für Blödheit"
Von Marc Kessler

"Brauchen wir ein neues Verbraucherleitbild in der digitalisierten Welt?" Um dieses Thema ging es in einer Paneldiskussion des Verband Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST) am gestrigen Abend in Berlin. Geladen waren neben Ex-RTL-Chef Helmut Thoma und FST-Präsident Renatus Zilles auch der ehemalige Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen, Norbert Schneider, sowie der Unternehmensberater und ehemalige Telekom-Chefstratege Kai Höhmann.

Zu Beginn wurden potenzielle Kostenfallen in Apps thematisiert, bei denen Verbraucher unter Umständen per einfachem Klick ein kostenpflichtiges Abo abschließen (teltarif.de berichtete). Verbandchef Zilles wies einerseits darauf hin, man habe frühzeitig vor solchen Auswüchsen gewarnt, andererseits seien solche Kostenfallen glücklicherweise nicht die Regel: "Die Betrüger sind im Promille-Bereich, die Ehrlichen sind 99,9 Prozent".

"Lobbyismus für Blödheit"

Ex-RTL-Chef Helmut Thoma Ex-RTL-Chef Helmut Thoma
Foto: Helmut Thoma
Auf die Frage, ob seitenlange AGB ein idealer Weg seien, um Verbraucher zu informieren, antwortete Helmut Thoma flapsig: "Für Beamte und Juristen schon." Realisitisch sei dieser Weg unbrauchbar, denn: "Wer liest das schon?", fragte Thoma in die Runde. Und: "Die Beamten wissen ja selbst nicht, was eine App ist." Im Zweifel würden Behörden oder der Staat erst dann reagieren, wenn Entscheidungsträger selbst von einem solchen Vorfall betroffen seien. "Die müssen davon betroffen sein, sonst passiert da nix", umschrieb es Thoma eindeutig.

Die Unternehmen selbst seien meist nicht daran interessiert, für Klarheit und eindeutige Regelungen zu sorgen. "Es gibt einen Lobbyismus für Blödheit", sagt Thoma und meint damit, dass Firmen Geld verdienen, wenn Kunden sich nicht ausreichend informieren (beispielsweise beim Roaming) oder AGBs nicht en détail gelesen haben.

Thoma: Mehrwertdienste sind für Verbraucher "Mehrkostendienste"

Auch zum Thema "Mehrwertdienste" hat Helmut Thoma indes eine ganz eigene Meinung: "Für wen gibts da eigentlich einen Mehrwert", fragt sich der Ex-RTL-Chef und heutige Medienberater. Für Verbaucher seien solche Dienste eher "Mehrtkostendienste". Ein gutes Beispiel sei da etwa der Sender Neun Live.

Auch Ex-Landesmedienanstalts-Chef Schneider stimmte hier insofern zu, als dass Anbieter von Mehrwertdiensten "nicht beim Diakonischen Werk" seien, sondern in erster Linie sich selbst etwa Gutes tun - sprich: Geld verdienen - wollten. "Dann müssen sie den Kunden aber auch ehrlich informieren", sagt Schneider. FST-Chef Renatus Zilles brachte einen weiteren Aspekt in die Diskussion: "Es macht keinen Sinn, die Dummen abzukassieren", sagte er. Dies führe nur zu Technologie-Feindlichkeit und Angst vor neuen Technologien.