Wertedebatte

GEW gegen Handy-Verbot an Schulen

Demmer: Schulrazzien wegen Gewaltvideos sind "Quatsch"
Von AFP / ddp / Marie-Anne Winter

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich gegen ein Verbot von Mobilfunkgeräten in Schulen ausgesprochen. "Ein Handy-Verbot ist unsinnig, weil es das Problem vor die Schultür verlagert", sagte die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer der Berliner Zeitung. Zudem seien tägliche Kontrollen in den Schulen unpraktikabel.

Die GEW äußerte sich vor dem Hintergrund zunehmender Fälle von Gewaltvideos auf Schüler-Handys. In Bayern war es an mehreren Orten deswegen zu Schul-Razzien gekommen, wobei Handy mit Gewaltszenen und pornografischem Material beschlagnahmt wurden. Die Gewerkschaft äußerte sich kritisch zum Vorgehen der Behörden. "Schulrazzien sind Quatsch", sagte Demmer. Statt dessen müsse der Staat die Provider des Materials, die meist im Internet zu finden seien, schärfer kontrollieren. Die Schulen seien zudem gefordert, die Gefahren von Gewalt und Pornografie im Unterricht zu thematisieren, forderte die GEW-Vizechefin.

Jugendschützer fordert Debatte über Menschenwürde

Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendschutz, Bruno Nikles, hat gefordert, diese Entdeckung als Chance für ein pädagogisches Eingreifen zu nutzen. Der Professor für Soziologie an der Universität Duisburg-Essen sprach sich heute im Deutschlandradio Kultur gegen ein Verbot von Handys auf Schulhöfen aus. Stattdessen solle der Fund als Anlass genommen werden, an den Schulen über die ethischen Grundsätze der Gesellschaft zu diskutieren.

Zunächst müsse den Jugendlichen klar gemacht werden, dass es sich bei den Videosequenzen um strafrechtlich relevantes Material handele, was eine Beschlagnahmung der Handys zu Folge haben könne. Des Weiteren solle man in allen Unterrichtsbereichen die Themen von der Menschenwürde, über das Menschenbild bis hin zu Grenzziehungen zwischen Kunst und Verbotenem behandeln, forderte er. Den Fund in Bayern halte er nur für die "Spitze des Eisberges" und da solches Material seit Jahren im Internet präsent sei, müsse man die Jugendlichen sowohl sensibilisieren und als auch stärken für Eindrücke, "die man letztlich auch nicht loswird". Entscheidende Bedeutung für die Bewältigung solcher Probleme hätten die Eltern, sagte der Jugendschützer.