Open Source

Der mobile Pinguin: Linux für Handys

Linux-Mobiltelefone sind hierzulande eine seltene Ausnahme
Von Christian Horn

"Wir denken, dass 2005 das Jahr des Durchbruchs für Linux auf Handys sein wird", sagte Haavard Nord Anfang des Jahres dem Magazin LinuxDevices. Der Geschäftsführer von Trolltech, einem Hersteller von Applikations-Plattformen und User-Interfaces für Linux-Handys, sagte weiter: "Es gibt ein gewaltiges Interesse an Linux. Linux erreicht jetzt die Marktreife." Hierzulande wird man sich da fragen, ob Herr Nord sich da nicht vom Wunschdenken zu solchen Äußerungen hat verleiten lassen, erschien im Jahr 2005 mit dem Motorola A780 doch gerade einmal ein einziges Linux-Handy in Deutschland. Immerhin, Deutschland ist nicht die Welt. In Asien sieht die Sache mit den Linux-Handys ein wenig anders aus. In China beispielsweise, dem heute weltgrößten Markt für Mobiltelefone, sind die Linux-Handys beliebt. Handyhersteller Motorola, der in China die Marktführerschaft bei den Mobiltelefonen hält, macht dort 10 Prozent des Umsatzes bei Mobiltelefonen mit Linux-basierten Smartphones. Motorol A780 Motorola A780

Nachholbedarf bei den technischen Spezifikationen

"Es gibt eine Reihe ökonomischer und technischer Gründe, die Linux bisher davon abgehalten haben, größere Marktanteile im gesamten Handybereich einzunehmen", sagt Bill Weinberg, Spezialist für Open Source-Architektur bei den Open Source Development Labs (OSDL). Bislang sei das mobile Linux vornehmlich für teurere Smartphones mit hoher Prozessorleistung und großem Speicher ausgelegt. Von den technischen Spezifikationen war das mobile Linux noch gar nicht geeignet, auf leistungsschwächerer, billiger Hardware von Handys für den Massenmarkt zu laufen, erklärt Weinberg. Linux habe Nachholbedarf sowohl beim Power-Management als auch bei der Optimierung der Latenzzeiten der Funkkomponente der Handychips.

Standards sollen Linux für den Massenmarkt tauglich machen

Um Linux auch für Handys für den Massenmarkt tauglich zu machen und gemeinsame Standards zu entwerfen, gründeten sich in diesem Jahr gleich zwei Industrie-Konsortien. Im Oktober wurde unter dem Dach der OSDL die Mobile Linux Initiative (MLI [Link entfernt] ) ins Leben gerufen. Zu den 20 Mitgliedsunternehmen zählen der Chipriese Intel, PalmSource, der Hersteller des mobilen Betriebssystems Palm OS, und MontaVista, deren Linux-Kernel für mobiles Linux momentan als führend gilt. Das im November 2005 gegründete Linux Phone Standards-Konsortium (LiPS) hat sich die Beschleunigung der Standardisierung von Linux-basierten Services und einheitlichen Programmier-Schnittstellen für Applikationen (APIs) für Linux-Handys ins Panier geschrieben. Zu den LiPS-Gründungsmitgliedern zählen France Telecom, der Chiphersteller Linux-Pinguin ARM, sowie PalmSource und MontaVista, die auch in der MLI vertreten sind.

Neben diesen beiden speziell auf das Linux für Telefone ausgerichteten Initiativen gibt es mit dem schon 2003 gegründeten Consumer Electronics Linux Forum (CELF) nun drei Gruppen, die das mobile Linux vorantreiben wollen. Die Gefahr, dass sich die Gruppen ins Gehege kommen, bestehe nicht, denn die drei Initiativen würden eng zusammenarbeiten, erklärt OSDL-Direktor Stuart Cohen: "Wir haben viel Zeit darauf verwandt sicherzustellen, dass doppelte Arbeit auf ein Minimum beschränkt bleibt, dass es keine Konkurrenzstreitigkeiten gibt, die Arbeit der Gruppen konsistent ist und sie sich ergänzen."