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Visual Radio: Tolles Feature oder Totgeburt?

Noch ist kein deutscher Radiosender mit dem Dienst gestartet
Von Björn Brodersen

Noch sind allerdings erst wenige VR-fähige Endgeräte auf dem Markt verfügbar, dazu stammen alle VR-Handys bislang noch von Nokia. Mit dem Nokia 3250 haben die Finnen vor kurzem ein neues VR-taugliches Gerät angekündigt: Das Musikhandy, das im Frühjahr 2006 für rund 400 Euro auf den Markt kommen soll und in den GSM-Netzen mit 900, 1 800 und 1 900 MHz einsetzbar ist, besitzt einen 1 GB großen Speicher für die Ablage von Musiktiteln und bietet bis zu zehn Stunden Musik. Der untere Teil des Kamera- und Musikhandys ist drehbar: Bewegt man ihn um 90 Grad, wird die 2-Megapixel-Kamera aktiviert, bei einer Drehung um 180 Grad erscheinen die Tasten für die Steuerung des Musik-Players. Das Nokia 7710

Weitere Geräte auf dem deutschen Markt, die bereits Visual Radio-Unterstützung leisten: Die mit zahlreichen Multimedia-Features bestückten UMTS-Smartphones N70 und N91, das Bluetooth-fähige 3230, das ausführlich von uns getestete Medien-Terminal 7710 sowie die Modelle 6111, 6230i, 6270, 6280 und das 7370.

Nokia will nach eigenen Angaben Visual Radio auch auf den Geräten anderer Hersteller verfügbar machen. In Zukunft soll es zudem möglich sein, dass sich die Nutzer von älteren und nicht VR-tauglichen Modellen ein Programm auf das Handy laden. Eine solche Java-Applikation könnten beispielsweise die Radiosender zum Download bereitstellen.

Wird die neue Technik erfolgreich sein?

Ob die neue Technik erfolgreich sein wird, hängt unter anderem von den Kosten ab. Denn der Nutzer zahlt zwar nichts für das herkömmliche Radioprogramm, das über das FM-Signal gesendet wird, und für den VR-Dienst an sich, wohl aber für die Datenübertragung zum Empfang von Visual Radio. Den Angaben von Nokia zufolge fallen dabei pro Stunde typischerweise ungefähr 200 kB Daten an, wobei es natürlich dem Radiosender freisteht, auch mehr zu übertragen. Der Nutzer zahlt so übrigens auch für erhaltene Werbung. Je nach Datenpaket kann so das Visual Radio ein recht teures Vergnügen werden. Andererseits kann es eine preiswertere Alternative zu den recht teuren Musik-Download-Angeboten sein.

Abwarten muss man auch, wie die Radiosender Visual Radio annehmen: Zunächst stehen für sie nämlich auch erhebliche Investitionskosten in die Technik und in entsprechende Dienste an. Für Hit Radio FFH stellt sich diese Frage jedoch nicht. Nach Ansicht von Geschäftsführer Hans-Dieter Hillmoth wird das Handy ein wichtiges Endgerät für Hörfunker werden. VR sei eine gute Möglichkeit, die Radio-Akzeptanz per Handy zu erproben.

Nokia führt zurzeit nach eigenen Angaben Gespräche auch mit anderen Radiosendern in Deutschland. "Wir sehen nach wie vor dad deutliche Potenzial von Visual radio. Schließlich gehört das Radio traditionell zu den meistgenutzten interaktiven Massenmedien", sagte Raoul Rotarius, Product Manager Multimedia bei Nokia, gegenüber der teltarif-Redaktion. Er geht davon aus, dass Visual Radio auf Nokia-Mobiltelefonen immer mehr die herkömmliche Radiofunktion ersetzen wird. "Bis Ende 2006 rechnen wir mit bis zu 100 Millionen Nutzern, die Visual Radio empfangen und nutzen werden."

Vielleicht erweist sich der kommende Dienst damit aber auch nur als Wegbereiter für Radioempfang über andere Technologien wie etwa DVB-T bzw. DVB-H oder DAB bzw. DMB. Mancher Branchenexperte hält Visual Radio bereits vor dem Start in Deutschland als Totgeburt, da der Bedarf an interaktiven Diensten bei den Nutzern nicht vorhanden sei - schon gar nicht, wenn sie dafür auch noch zur Kasse gebeten werden. Stattdessen hoffe nur die Industrie, mit Visual Radio neue Einnahmequellen zu erschließen. Mehr Potenzial sehen die Experten in der Integration von DVB-T in mobile Endgeräte.

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