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Knipsen mit dem Fotohandy ist "in"

Fotohandys bedrängen zunehmend digitale Einsteigerkameras
Von / AFP

Knipsen mit dem Handy ist in: Fotohandys graben Digitalkameras immer mehr Markanteile ab. Auch auf der diesjährigen Internationalen Funkausstellung (IFA), die morgen in Berlin beginnt, sind Telefone mit "Auge" Schwerpunkt. Derzeit können bereits 70 Prozent aller in Deutschland verkauften Mobiltelefone Schnappschüsse machen. Die noch meist leidliche Aufnahmequalität soll unter anderem durch bessere Mini-Objektive alltagstauglich werden. Experten rechnen damit, dass die Fotohandys den Markt digitaler Einsteigerkameras bald gründlich aufräumen dürften.

Die Entwicklung bei den Fotohandys ist deutlich schneller als bei den Digitalkameras verlaufen. Das Motiv der Hersteller ist leicht zu verstehen. Der Handymarkt wächst in diesem Jahr voraussichtlich nur um acht Prozent auf knapp 20 Millionen Geräte. Dagegen ist der geschätzte Absatz bei den acht Millionen Digitalkameras mit 14 Prozent fast doppelt so hoch. Klar, dass die Handyhersteller von dem Kuchen ein Stück abhaben wollen. Deshalb möbeln sie ihre Telefone mit einer Fotofunktion auf.

Tatsächlich reicht die Qualität von Handyfotos meist nur zur Darstellung auf kleinen Handydisplays. Selbst in der Ein-Megapixel-Klasse sind die teuersten Knips-Handys billigen Einsteigerkameras deutlich unterlegen. Schlechte Objektive sorgen für Bullaugeneffekte und abgedunkelte Randbereiche. Weil fast allen Handys ein Autofokus fehlt, versinkt der größte Bildbereich in bonbonfarbener Unschärfe.

Autofokus und optischer Zoom für Handy-Kameras

Einige dieser Macken dürften jedoch zumindest bei den besten Fotohandys bald der Vergangenheit angehören. Vodafone wird mit dem Modell 903 von Sharp in Kürze ein Drei-Megapixel-Handy anbieten. Sharp ist auch der erste Hersteller, der einen Autfokus in Handys einbaut, um auf den gewünschten Teil des Bildes scharfzustellen. Außerdem bietet Sharp schon seit dem V902 einen optischen Zoom im Handylager an. Sony Ericsson bietet ebenfalls ein edles Kamerafon auf: Damit lassen sich Serienbilder knipsen oder Panoramabilder aus Einzelshots zusammensetzen. Nokia wirbt mit Carl-Zeiss-Linsen und besserer Videoqualität. In den nächsten zwölf Monaten sind weitere deutliche Verbesserungen zu erwarten, denn noch nerven lange Auslöseverzögerungen oder langsame Handyprozessoren.

"Wir betrachten das als eine Belebung des Gesamtmarkts", gibt sich sich die Sprecherin des Digitalkameraproduzenten Canon, Bettina Steeger, zuversichtlich. Vor einigen Jahren galt es als angestaubt, Fotos zu machen. Wer heute keine Fotos macht, gehört unter Teens und Twens schon nicht mehr richtig dazu. "Das ist ein unglaublicher Wandel", sagt sie.

Fotohandys kosten Kamera-Hersteller Kunden

Doch die modischen Fotohandys werden nicht mehr nur belächelt, sondern kosten die Kamera-Hersteller Kunden. Schon reagieren die Firmen und statten ihre Digitalen im unteren Preisbereich besser aus, um sich gegen die aufstrebende Handy-Konkurrenz abzusetzen. "Natürlich werden die Fotohandys Marktanteile abbeißen", räumt Nikon-Sprecher Markus Hillebrand ein. "Im unteren Einsteigerbereich wird Verdrängung stattfinden, das ist richtig", fügt Canon-Sprecherin Steeger hinzu.

Die Digicam-Hersteller setzen den knipsenden Telefonen Qualität entgegen, die diese wohl nie erreichen werden. Bei allen Herstellern sickern technische Neuerungen aus den Spitzenmodellen in abgespeckter Form jetzt schneller in die Einsteigerklasse durch, um den Abstand zum Kamerahandys zu behaupten. Denn selbst der beste Drei-Megapixel-Chip macht nicht das Bild. Ganz entscheidend sind unter anderem das Objektiv und Mehrfeldmesssysteme für Schärfe und Belichtung. Deshalb liegen zwischen Kamerafon und Digitalkamera noch immer Welten. Canon fährt indes zweigleisig und verdient Geld dort, wo es liegt. Längst hat das Unternehmen einen Fotodrucker für Handys im Programm.