Streitfall

DSL-Discounter offline: Schnelle Lösung nicht in Sicht

Zulieferer LambdaNet hat Kunden abgeschaltet
Von Thorsten Neuhetzki

Kunden des Internetproviders DSL-Discounter haben zur Zeit keinen Zugang zum Internet. Der Zulieferer LambdaNet hat die Leitungen abgeschaltet. Die Fronten zwischen DSL-Discounter und LambdaNet sind derzeit derart verhärtet, dass eine schnelle Lösung für die Kunden nicht möglich scheint.

Nach Angaben von Peter Schulz von dsl-discounter hat LambdaNet dem Provider überhöhte Rechnungen gestellt. "LambdaNet hat offenbar Probleme mit dem eigenen Billing und Accounting", heißt es in einer Stellungnahme des Providers gegenüber teltarif. Die Trafficberechnung sei bei sämtlichen DSL-Discounter-Kunden "merkwürdig oder sogar rechnerisch unmöglich aufgeführt" heißt es. LambdaNet weißt diese Vorwüfe von sich. Als großer Carrier habe man diverse Möglichkeiten, Logfiles zu analysieren und habe dieses auch getan. Dennoch, so sagte Betriebsleiter Andreas Niehaus gegenüber teltarif, habe man die Rechnungen nach unten korrigiert.

Eine Reaktion auf diese neue Rechnung ist nach Niehaus Angaben nicht erfolgt. Das bedeutet, dass DSL-Discounter die neue Rechnung weder erneut bemängelt noch ausgeglichen habe. Auch Aussagen von Peter Schulz, wonach das von LambdaNet an DSL-Discounter gemachte Angebot für den großen Carrier unrentabel sei, wies Niehaus ab. "Unsere Kalkulation geht auf - wenn der Kunde bezahlt." Bei DSL-Discounter vermutetet man, dass LambdaNet sich verkalkuliert habe und daher die Leistungen zu den vereinbarten Konditionen nicht mehr erbringen wolle.

Streitpunkte: Offene Rechnungen und unerwartet viel Traffic

Bereits am Wochenende sei es zu Kapazitätsengpässen bei DSL-Discounter gekommen, berichten Kunden des Providers und der Anbieter selber übereinstimmend. Laut DSL-Discounter habe LambdaNet hier mit dem Einsatz eines Ersatzgerätes argumentiert. Niehaus argumentierte heute jedoch, dass DSL-Discounter das bestellte Übertragungsvolumen im Dezember um das vierzigfache überschritten habe und das Bild im Januar ähnlich sei. Dabei handele es sich um ein Volumen von 60 000 bis 70 000 Gigabyte. Man könne nicht unendlich Überkapazitäten bereit stellen.

"Wir haben die Abschaltung unseres Kunden juristisch prüfen lassen", sagte Niehaus weiter. Ein Lieferant müsse solche Maßnahmen umsetzen, wenn er keine Chance sehe, seine Leistungen bezahlt zu bekommen. Das sei im Fall von DSL-Discounter entsprechend gegeben gewesen. LambdaNet erklärte sich jedoch dazu bereit, DSL-Discounter wieder ans Netz zu nehmen, wenn die offenen Rechnungen beglichen werden.

Auf der Gegenseite sieht man dieses jedoch anders. Per Anwalt ließ DSL-Discounter dem Netzbetreiber gestern mitteilen, dass "bislang noch keine schlüssige Rechnung vorgelegt werden konnte". Hingegen würde "das Problem der Mehrfachbuchungen" weiter bestehen, genauso wie die "nicht nachvollziehbaren Abrechnungsmengen innerhalb weniger Sekunden". Danach wird LambdaNet verdächtigt, ihre Technik nicht im Griff zu haben, bzw. das Angebot an DSL-Discounter falsch kalkuliert zu haben, so dass sie draufzahlen müssten, und ihnen nun "jedes Mittel recht ist", um den Vertrag loszuwerden. Offenbar ist DSL-Discounter nicht bereit, die hohe Rechnung zu bezahlen. Stattdessen macht man LambdaNet den Vorschlag, den Vertrag außerordentlich aufzulösen - gegen eine Einmalzahlung von 100 000,- Euro.

Andererseits stellt sich die Frage, ob es nicht auch sein kann, dass sich DSL-Discounter verkalkuliert hat, wie viel Traffic Power-User tatsächlich verursachen. Bei 2 000 Kunden - der von DSL Discounter im Anwaltsschreiben angegebenen Kundenzahl - entsprächen die strittigen 60 bis 70 Terabyte durchschnittlich 30 bis 35 Gigabyte pro Kunde. Zum Vergleich: Ein File-Sharing-Nutzer, der Up- und Downstream einen Monat lang rund um die Uhr mit 128 kBit/s belegt, kommt im Monat auf über 80 Gigabyte Datentransfer. Bei schnelleren Downstreams - wie sie sich bei Nutzung kommerzieller Server erreichen lassen - sind auch mehrere hundert Gigabyte Transfer über einen einzelnen DSL-Anschluss möglich. Falls DSL-Discounter also etliche Power-User erwischt hat, scheinen die angegebenen Traffic-Zahlen gar nicht so unglaubwürdig. Ebenfalls verwundert, dass der Anbieter im letzten Monat gegenüber teltarif noch von 20 000 Kunden sprach.