mobiles Ticket

Das Handy als Fahrscheinautomat

Im Vogtland werden neue Lösungen für mobiles Ticketing erprobt
Von Marie-Anne Winter

Der mobile Fahrschein ist im Kommen: Nachdem Osnabrück als erste Stadt in Deutschland bereits den Fahrscheinverkauf per SMS eingeführt hat und in Berlin zumindest damit experimentiert wurde, können nun auch im schönen Vogtland Nutzer von Bus und Bahn ihren Fahrschein ab Februar 2004 per Handy kaufen.

Der Zweckverband Öffentlicher Personennahverkehr Vogtland mit Sitz in Auerbach hat Siemens Business Services jetzt mit dem Aufbau einer entsprechenden Pilotlösung beauftragt. Der Verkehrsverbund erwartet durch den "Ticketautomaten für die Hosentasche" sinkende Kosten, höhere Einnahmen und eine bessere Kundenbindung. Da im Vogtland und in der so genannten EgroNet-Region Fahrgäste grenzüberschreitend zwischen Deutschland und Tschechien befördert werden, wird das Projekt durch die EU mit knapp einer Million Euro unterstützt.

Im Rahmen des Pilotprojektes werden 350 ausgewählte Personen das Verfahren bis April 2004 testen. Ihnen stehen im Ländereck zwischen Tschechien und den drei deutschen Bundesländern Bayern, Thüringen und Sachsen neben dem Fahrschein aus Papier künftig nach einmaliger telefonischer Anmeldung zwei mobile Alternativen zur Verfügung.

Mobiles Ticket in zwei Varianten

Alternative 1: Wer ein Java-fähiges Mobiltelefon hat, kann eine spezielle Software auf sein Handy laden, mit der die Tickets per Tastendruck und Menüsteuerung über das Handy bestellt werden können. Im Menü wird die Anzahl der Fahrgäste, die gewünschte Fahrstrecke und die Art des Tele-Fahrscheins angegeben. Vom Einzelfahrschein bis zur Jahreskarte ist alles möglich. Nach der Bestellung erscheint die Bestätigung für den Ticketkauf auf dem Handy. Der virtuelle Fahrschein selbst liegt auf einem Server, auf den nur der Kontrolleur Zugriff hat.

Alternative 2: Der Fahrgast bestellt seinen Fahrschein per Anruf. Bei der eingesetzten automatischen Auftragsannahme kommt erstmals eine neue, gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut entwickelte Spracherkennungs-Software zum Einsatz. Sie ist in der Lage, aus kompletten gesprochenen Sätzen die für die Bestellung relevanten Elemente zu erkennen. Lange Führungen durch ein Sprachmenü entfallen.

In der Pilotlösung wird noch per Lastschrifteinzug bezahlt - später soll eine kundenbezogene Abrechnung per Telefonrechnung, Kredit- oder Prepaid-Karte möglich sein. Das Handyportal bietet darüber hinaus weitere Services - beispielsweise Fahrplanauskünfte.

Insgesamt sollen sich Kundenzufriedenheit und Service weiter verbessern, denn die Fahrscheinbestellungen geben anonymisiert Auskunft über gefahrene Strecken und Zeiten. Das hilft, das Angebot von Bus und Bahn zu optimieren. Der Zweckverband rechnet daher langfristig auch mit höheren Einnahmen. Und Warteschlangen vor den Ticket-Automaten oder mangelndes Kleingeld sind für den Handy-Besitzer künftig keine Hinderungsgründe mehr, um Bus oder Bahn zu nutzen.

Das Marktpotenzial für Lösungen dieser Art ist laut Siemens Business Services sehr hoch. Allein in Deutschland gebe es rund 400 Unternehmen im Öffentlichen Personennahverkehr, darunter 75 mittlere bis große Verkehrsverbünde. "Der Bedarf an innovativen Lösungen ist groß, denn der Wettbewerb um zufriedene Kunden wird dramatisch zunehmen. Damit steigt die Notwendigkeit, sich vom Mitbewerb zu differenzieren", prognostiziert Winfried Holz, Leiter des weltweiten Geschäfts mit IT-Lösungen bei Siemens Business Services.