Mobilfunkverhalten

EU-Vergleich: Deutsche Mobiltelefonierer reden wenig

Dafür sind sie EU-Meister in der Datenkommunikation
Von Marie-Anne Winter

Zwar hat die Mehrzahl der Deutschen ein Handy, aber im Vergleich telefonieren wir nicht viel: Die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Managementberatung DiamondCluster [Link entfernt] International über das Nutzungsverhalten im Mobilfunk zeigen, dass die deutschen Mobilfunkkunden mit 70 Minuten im Monat rund 40 Prozent weniger telefonieren als der EU-Durchschnitt. Der Durchschnitteuropäer telefoniert pro Monat nämlich 114 Minuten. Damit sind die Deutschen Schlusslicht im EU-Vergleich. Wesentliche Ursache hierfür dürfte das immer noch relativ hohe Preisniveau in Deutschland sein, welches laut DiamondCluster mit durchschnittlich 30 Cent pro Minute deutlich über dem EU-Durchschnitt von rund 26 Cent pro Minute liegt. Ein weiterer Grund sind auch die vergleichsweise günstigen Preise im Festnetz. Eine Mobilfunkminute ist in Deutschland rund 4 bis 5 mal so teuer wie eine Gesprächsminute im Festnetz.

Billige Festnetzgespräche Konkurrenz für Mobilfunk

Erfahrungen aus den anderen EU-Ländern (z.B. Irland, Finnland) zeigten, dass bei relativ niedrigem Preisniveau überdurchschnittliche Nutzung und hohe Pro-Kopf-Umsätze (ARPU) realisiert werden können. "Eine deutliche Senkung der Mobilfunkpreise in Deutschland kann deshalb", so Thomas Goette, Partner bei DiamondCluster International, "zu einer wesentlich höheren Nutzung führen, da die Konsumenten anstatt zum Festnetz zum Mobiltelefon greifen. Der Mobilfunkanteil von heute nur knapp über 40 Prozent am Telefonbudget zeigt, dass diesbezüglich noch erhebliches Wachstumspotenzial durch Festnetzsubstitution besteht", glaubt Thomas Goette.

Datenpreise vergleisweise günstig

Anders sieht es bei der mobilen Datenkommunikation aus. In diesem Bereich ist Deutschland mit 17 Prozent Daten-Anteil an den Mobilfunkumsätzen pro Kopf führend innerhalb der EU. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass dies im Wesentlichen Ausgaben für SMS sind. Durchschnittlich 37 SMS versendet ein Nutzer in Deutschland pro Monat sind. "Dies liegt daran, dass Deutschland relativ attraktive Preise bei der SMS-Nutzung vorweisen kann", so Thomas Goette. Der Anteil anderer Datendienste wie z.B. Klingeltöne ist nach wie vor gering und liegt bei ca. 10-15 Prozent des Datenumsatzes. Ein nachhaltiger Ausbau dieses Anteils hängt jedoch neben der Einführung neuer Datenübertragungstechnologien von der Verfügbarkeit attraktiver Dienste, erhöhter Benutzerfreundlichkeit sowie einer innovativen Preisgestaltung ab.

Im Rahmen dieser Studie hat die Managementberatung DiamondCluster International im September 2003 das Mobilfunk-Nutzungsverhalten in 14 EU-Ländern verglichen. Ziel dieser Studie war es, die "EU-Mobile Champions" sowie die Schlusslichter unter den EU-Ländern zu identifizieren und jeweils die Situation in Deutschland mit dem EU-Durchschnittswert zu vergleichen.

Interessante Kategorievergleiche

Die 14 EU-Länder (EU-Mitglieder ohne Luxemburg) wurden in dieser Studie in den Kategorien Mobilfunk-Penetration und Mobilfunk-Umsatzanteil, Vertragskunden-Anteil, Wechselquote/Kundentreue, Pro-Kopf-Mobilfunk-Erlös und Datenanteil sowie Nutzungsintensität, Preisniveau und erzielter Pro-Kopf-Umsatz für mobile Sprachtelefonie und Datendienste miteinander verglichen. Dabei kamen allerlei interessante Vergleiche zustande. Hier einige Beispiele:

  • Iren bringen ihrem Mobilfunk-Anbieter im Schnitt 46 Euro an Einnahmen pro Monat, Deutsche wie Portugiesen dagegen nur 25 Euro,
  • Finnen telefonieren im Schnitt fast 4 Stunden im Monat mobil, Deutsche - wie erwähnt - dagegen gerade etwas mehr als 1 Stunde (224 Minuten gegenüber 70 Minuten pro Monat),
  • Iren versenden im Schnitt etwa 2,5 SMS pro Tag, Deutsche - wie erwähnt - etwa 1,2 und Schweden dagegen nur jeden zweiten Tag eine (76 SMS bzw. 37 SMS bzw. 14 SMS pro Monat),
  • Österreicher geben im Schnitt 66 Prozent ihres Telefonbudgets für Mobilfunk aus, Deutsche - wie erwähnt - nur 40 Prozent und Dänen gar nur 35 Prozent,
  • Portugiesen telefonieren in etwa gleich viel mobil wie über Festnetz, während bei den Deutschen auf eine Telefonie-Minute mobil fast 6 Minuten und bei den Schweden gar fast 7 Minuten im Festnetz kommen
  • Schweden sind die treuesten und Briten die untreuesten Mobilfunk-Kunden - nur 11 Prozent der Schweden, aber 19 Prozent der Deutschen und gar 32 Prozent der Briten wechseln im Schnitt pro Jahr den Mobilfunk-Anbieter.