frei

teltarif gewinnt vor Gericht gegen teltex

Unterlassungsantrag wegen "geschäftsschädigender" Forenbeiträge abgewiesen
Von

Das Landgericht Köln hat einen Antrag des Mobilfunkhändlers teltex auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen teltarif per Urteil abgewiesen (Aktenzeichen 28 0 627/02). In dem Antrag ging es darum, dass sich teltex einer "Hetzjagd" durch teltarif-User ausgeliefert sah, die in unserem Forum über schlechte Erfahrungen mit teltex berichteten. Nach Ansicht von teltex verletzte das deren Rechte, und wir sollten es künftig unterlassen, solche Beiträge zu veröffentlichen, die "grob geschäftsschädigenden" Inhalt für teltex hätten.

Tatsächlich beklagten sich letztes Jahr im Forum viele unserer Leser darüber, dass ihre Handys nach Vertragsabschluss beim Online-Händler teltex nicht oder nicht rechtzeitig geliefert worden waren, oder dass Grundgebührerstattungen nicht wie vereinbart erfolgten. Einige der Leser forderten darauf hin in ihren Beiträgen andere Betroffene dazu auf, deswegen Strafanzeige zu erstatten. Andere Leser überlegten, ob man deswegen teltex verklagen sollte. Einige Leser wurden auch beleidigend, wobei wir beleidigende Beiträge nach Kenntnis jeweils entfernten.

LG Köln bestätigt Recht auf freie Meinungsäußerung

In dem Urteil bestätigte das Landgericht Köln zweierlei. Zum einen: Die freie Meinungsäußerung hat Bestand. Zu zwei Forumsbeiträgen, die dem Landgericht vorgelegt wurden, führt dieses in dem Urteil aus: "Sofern in den Beiträgen der Antragstellerin ein unredliches Geschäftsgebaren unterstellt wird, so ist auch diese Äußerung zulässig. Denn die grundsätzlich bestehende Meinungsäußerungsfreiheit findet erst dort ihre Grenze, wo die Schwelle zur sogenannten Schmähkritik überschritten ist. Dies ist dann gegeben, wenn mit einer bestimmten Äußerung allein die Schädigung des von der Äußerung Betroffenen bezweckt ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall." Auch Ausführungen, in denen sich Leser über rechtliche Konsequenzen austauschen, sind den Ausführungen des Gerichts zufolge zulässig, selbst dann, wenn die rechtliche Bewertung letztendlich falsch ist.

Zum anderen bestätigt das Urteil die Anwendbarkeit des Teledienstegesetzes in seiner aktuellen Fassung: "Soweit die Antragstellerin im Verlaufe des Verfahrens weitere Beiträge eingereicht hatte, die nach ihrer Auffassung rechtswidrige Inhalte enthalten, so scheitert eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin insoweit jedenfalls bereits daran, dass sie als Diensteanbieter im Sinne der §§ 9-11 des Teledienstgesetzes nicht verpflichtet ist, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen, § 8 Abs. 2 Satz 1 Teledienstegesetz."

Letzteres bedeutet: Wir können das Forum unverändert weiter betreiben. Denn teltex wollte uns ja unter Androhung von Ordnungsgeld verbieten lassen, Beiträge mit "grob geschäftsschädigendem" Inhalt zu veröffentlichen. Das hätte bedeutet, dass wir jeden neuen Beitrag umfangreich prüfen müssen, bevor wir ihn freischalten. Bei bis zu 500 neuen Beiträgen am Tag ein unmögliches Unterfangen.

Andersweitige Rechtssprechung

Obwohl das Teledienstegesetz eine solche Verantwortung des Betreibers ablehnt, gab es jüngst mehrere Urteile, die dem Betreiber von Webseiten diese dennoch auferlegten. Beispielsweise verlangte das LG Trier [Link entfernt] , dass der Betreiber eines Gästebuchs auf seiner Homepage dieses mindestens einmal wöchentlich auf unzulässige Beiträge hin durchsucht (Aktenzeichen 4 O 106/00). Ähnlich urteilte auch das LG Düsseldorf bei Beleidigungen gegen einen bekannten Münchner Anwalt (Aktenzeichen 2 a O 312/01). Auch das LG Köln ging in einem anderen Verfahren gegen einen Internet-Provider wegen der Veröffentlichung von gefakten Nacktbildern davon aus, dass der Diensteanbieter haftbar ist (Aktenzeichen 28 O 346/01, später bestätigt durch das OLG Köln). Allerdings wurde dem Provider vom LG Köln vorgehalten, dass er sich die Beiträge der Nutzer "zu eigen gemacht habe", beispielsweise, indem er sich in den AGB die Nutzungsrechte an den eingestellten Inhalten in einem Prominenten-Forum übertragen ließ. Eine solche Aneignung sah das LG Köln bei teltarif hingegen nicht: "Dafür, dass sich die Antragsgegnerin die Inhalte der in ihrem Forum veröffentlichen Beiträge selbst zu eigen gemacht hätte, bestehen keine Anhaltspunkte."

Insofern ist das Urteil des LG Köln ein erster Lichtblick für alle Betreiber von stark frequentierten Foren. Denn ein präventives Scannen ist dort zumeist nicht möglich. Anders hingegen bei Gästebüchern, die meist nur wenige neue Einträge pro Woche haben. Hier könnte sich die oben zitierte Rechtsprechung durchsetzen, die dem Homepagebetreiber auferlegen, ihre Gästebücher auch regelmäßig zu lesen, und offensichtlich rechtsverletzende Beiträge zu entfernen. Endgültige Rechtssicherheit werden wir aber erst erhalten, wenn einer dieser Fälle wegen der grundsätzlichen Bedeutung zur Revision beim BGH zugelassen wird, und dann die unterlegene Partei diesen Schritt auch tatsächlich geht.

Das Urteil in Sachen teltex ./. teltarif ist vor kurzem rechtskräftig geworden. Zwar hatte teltex zunächst Berufung beim OLG Köln eingelegt, doch dann die Begründung für die Berufung nicht rechtzeitig nachgereicht.