Privatisierung

Radikale Schlankheitskur für polnische Telekom

Massiver Stellenabbau im Festnetzbereich geplant
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die polnische Telekom setzt auf eine radikale Schlankheitskur, um gegen die harte Konkurrenz in einem geöffneten Markt zu bestehen. Bis zu 12 500 Mitarbeiter der Telekom-Gesellschaft TP SA, ein Fünftel der Belegschaft, soll im kommenden Jahr entlassen werden, hatte die Zeitung "Rzeczpospolita" berichtet. Insbesondere angesichts des zum Jahresende erwarteten Anstiegs der Arbeitslosigkeit auf 18 Prozent wird diese Nachricht den Mitarbeitern das Weihnachtsfest gründlich vermiesen.

Noch beschäftigt sich die Unternehmensführung hinter verschlossenen Türen mit den Plänen für eine Verschlankung der Telekom. Finanzchef George Storozynski hatte Ende November bereits "aggressive Maßnahmen" angekündigt. Auch Aufsichtsratsmitglied Bruno Duthoit bestätigte, es werde Entlassungen geben. Zudem sollen bis zum Jahr 2006 mehr als 20 Milliarden Zloty (10,8 Mrd. Mark/5,5 Mrd. Euro) in das Unternehmen investiert werden. Dass tatsächlich ein Fünftel der Beschäftigten die Telekom verlassen soll, wollte ein TP SA-Sprecher nicht bestätigen. Noch sei zudem unklar, wie viele der Mitarbeiter in Tochterunternehmen eine neue Arbeit finden werden, heißt es.

Besonders betroffen von Stellenabbau wird voraussichtlich der Festnetzbereich sein. Unternehmensberater halten hier eine Verringerung der Belegschaft für notwendig, wenn die Telekom effektiv arbeiten will. Denn laut Statistik entfallen auf einen TP SA- Mitarbeiter 172 Telefonanschlüsse. Damit gehört das Unternehmen im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern - bei der France Telecom, die als ausländischer Investor bei TP SA eingestiegen ist, kommen auf einen Mitarbeiter 252 Anschlüsse, bei der Deutschen Telekom 389 und bei der spanischen Telefonica sogar 493.

Die bisherige Monopolstellung der TP SA im Festnetz hatte den Polen Telefonkosten beschert, die zu den höchsten in Europa gehören. Seit dem Sommer können für Ferngespräche im Lande auch andere Anbieter angewählt werden - die TP SA reagierte prompt mit flexibleren Tarifen. Wie die neue Konkurrenz das diesjährige TP SA- Ergebnis beeinflussen wird, ist noch nicht bekannt.

Ursprünglich sollte die Privatisierung des einstigen Staatsbetriebes in diesem Jahr abgeschlossen werden. Nun aber hat die polnische Regierung die nächste Etappe auf das kommende Jahr verschoben, da jetzt im Zusammenhang mit der weltweiten Konjunkturlage die erwarteten Kursverluste ein schlechter Zeitpunkt für den Aktienverkauf ist.

France Telecom hatte Anfang September mit ihrem Partner, der polnischen Kulczyk-Holding, weitere 12,5 Prozent der TP SA-Aktien gekauft und den Anteil des Konsortiums an der TP SA damit auf 47,5 Prozent erhöht. Das für Privatisierung zuständige polnische Schatzamt verfügt noch über rund 23 Prozent der TP SA-Aktien, der Rest ist im Besitz der Belegschaft.

Den um ihren Arbeitsplatz bangenden TP-SA Angestellten bleibt beim Blick auf die Entwicklung in anderen privatisierten Telekom-Betrieben ein Trost: Bei der Deutschen Telekom wurden im Zug der Privatisierung zwar 60 000 von einst 230 000 Arbeitsplätzen gestrichen. Durch Zukäufe und das Wachstum in den Sparten Mobilfunk und Online liegt der Mitarbeiterstand inzwischen aber bei rund 238 000 Menschen.