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Kleine Botschaften mit bösen Folgen

Sudel-Botschaften per SMS lösen den "klassischen anonymen Anrufer ab"
Von dpa / Matthias Maetsch

Nichts ahnend blickt Werner M. auf sein Handy und wird plötzlich bleich: "Wenn ich dich finde, bringe ich dich um, du Bastard", steht dort als deutliche Warnung auf dem Display. SMS - die kurzen Textnachrichten (Short Message Service) - sind ungeheuer beliebt - inzwischen auch bei Kriminellen.

Sexuelle Nötigung, Morddrohungen, Drogenhandel - seit die Botschaften anonym vom Computer per Internet an die Handys verschickt werden können, nutzen immer mehr schwarze Schafe die neue Kommunikationstechnik. Unerbetene Reklame ist da noch das kleinste Übel.

Rund 1,5 Millionen SMS pro Woche verschickt die Düsseldorfer Firma Netzquadrat per Internet. Mit dem immensen Erfolg des Angebots meldet sich auch immer öfter die Polizei: Mehr als 1 000 Anfragen von Ermittlern aus dem ganzen Bundesgebiet hat Geschäftsführer Tim Mois bereits gezählt. Weil sich die Absender der Internet-SMS anonym glauben, lassen manche alle Hemmungen fallen.

Immer öfter erstatten die Empfänger solcher Sudel-Botschaften Strafanzeige. "Das hat eine neue Qualität bekommen", bestätigt auch ein Sprecher der Düsseldorfer Polizei. "In letzter Zeit ist das richtig massiv geworden. Ich habe den Eindruck, das löst den klassischen anonymen Anrufer ab", berichtet auch Oberkommissarin Kirsten Sprey, die in Düsseldorf auf Sexualstraftaten spezialisiert ist.

Bundesweite Zahlen über den kriminellen Missbrauch gibt es nicht, aber: "Ein Mitarbeiter beschäftigt sich inzwischen halbtags nur mit Polizeianfragen, und es nimmt rapide zu", sagt Internet-Unternehmer Mois. "Anfangs verdächtigten die Beamten uns als Absender. Plötzlich standen die hier im Büro. Es hat etwas gedauert, bis sie begriffen, dass wir mit den Inhalten nichts zu tun haben", grinst Mois. "Wir mussten dann erst klären, ob wir der Polizei die Daten überhaupt herausgeben dürfen."

Meist geht es bei den Anfragen um Beleidigungen und Drohungen. "Verrecke du Schlampe", "Ich schneid' dir die Kehle durch", sind da fast noch harmlose Varianten. Hin und wieder erreicht der SMS-Terror erschreckendes Ausmaß: "Ein Schüler hat sich nicht mehr in die Schule getraut. In einem anderen Fall hat ein junges Mädchen Dutzende sexuelle Beschimpfungen per SMS bekommen und war danach selbstmordgefährdet. So etwas nimmt einen auch hier im Büro ganz schön mit", berichtet Mois. "Einmal meldete sich sogar ein Entführer per SMS, die Polizei rief hektisch hier an."

Auch Drogenhändler nutzten schon die neue Kommunikationstechnik, weil sie sich anonym glauben. "Aber das stimmt nicht, wir können die Absender fast immer ermitteln", sagt Mois. Die Prozedur dauert allerdings in der Regel einige Wochen, denn neben dem SMS-Serviceanbieter muss auch der Internet-Provider des Absenders und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTp) in Bonn eingeschaltet werden. Den Rest erledigt dann die Polizei. Was die meisten Internet-SMS-Versender nicht wissen: Auch im Internet wird den Botschaften eine individuelle Nummer zugewiesen, die IP (Internet Protocol)-Nummer. Mit Datum, Uhrzeit und Adressat kann dann der Anschluss ermittelt werden, an dem der Computer des Bösewichts hängt.