Normenstreit

Kommt UMTS wirklich weltweit?

Konkurrenzsysteme und unterschiedliche Frequenzbereiche könnten neuem Mobilfunkstandard das Leben schwer machen
Von Volker Schäfer

In Deutschland und zahlreichen weiteren Ländern wird in den nächsten Jahren der neue Mobilfunkstandard UMTS eingeführt. Ursprünglich hat man sich von der Einführung dieses neuen Systems unter anderem einen weltweit einheitlichen Standard für die Handynetze versprochen. Ob dies wirklich so kommt, ist allerdings fraglich. Zum einen gibt es inzwischen auch andere in Frage kommende Systeme, die schnelle mobile Datenübertragungen und Multimedia-Anwendungen erlauben, sogar auf Basis der bestehenden GSM-Netze. Ferner häufen sich die Proteste gegen die immer größere Anzahl von Mobilfunksendern vor allem in Ballungsgebieten.

Die Telefongesellschaften werden es schwer haben, sechs zusätzliche Netze - allein in Deutschland - aufzubauen. Derzeit bereits genutzte Senderstandorte können vielfach aus statischen Gründen oder aus Gründen der elektromagnetischen Verträglichkeit nicht mehr erweitert werden. Neue Standorte zu bekommen wird immer schwieriger.

Es ist daher gar nicht unwahrscheinlich, dass UMTS auch in Großstädten zumindest in den ersten Jahren nach der Einführung eher einem Flickenteppich gleicht. Und wer heute, in den bestehenden Netzen, nahezu flächendeckend telefonieren kann, möchte wohl kaum beim Umstieg auf ein neues System auf diese Möglichkeit verzichten. Folglich werden viele Handyfans zunächst bei GSM bleiben.

Die Netzbetreiber, die UMTS-Lizenzen erhielten und bereits im GSM-Bereich aktiv sind (das sind in Deutschland T-Mobil, D2 Vodafone, E-Plus und VIAG Interkom), sprechen denn auch inzwischen von einem zusätzlichen Feature und nicht mehr von einem neuen Netz. Das bedeutet, die GSM-Kunden können - gegen eine entsprechende Zusatzgebühr - neben GSM auch UMTS nutzen und auf den neuen Frequenzen telefonieren, Daten übertragen, im Internet surfen oder neue Multimediadienste nutzen.

Ob das allerdings für Otto Normalverbraucher von Interesse ist, bleibt fraglich. Dies dürfte in erster Linie von der Vermarktung und den Preisen abhängig sein. Wie diese - zumindest anfangs - aussehen könnten, zeigen die Tarife der vor kurzem eingeführten GPRS-Dienste. Große mobile Downloads können richtig teuer werden.

Als großer Vorteil von UMTS wurde immer die Einführung als erster weltweiter Mobilfunkstandard propagiert. Auch das wird ein wohl unerfüllt bleibender Wunschtraum werden. In Japan und den USA denkt man beispielsweise über die Verwendung anderer Frequenzbereiche als in Europa nach. Somit müssten die Gerätehersteller wieder - wie heute bei GSM - Multiband-Handys produzieren, die in ihren Sende- und Empfangseigenschaften naturgemäß immer nur ein Kompromiss gegenüber einem Singleband-Gerät sind.

Vor allem in Ländern, in denen nicht alle GSM-Netzbetreiber auch für UMTS den Zuschlag erhielten, wird zusätzlich die Etablierung des sogenannten EDGE-Systems erwogen. EDGE steht für "Enhanced Datarates for GSM Evolution" und ermöglicht mit UMTS vergleichbare Datenübertragungsraten in den bestehenden Handynetzen. Zwar wären auch hier - wie bei HSCSD, GPRS und UMTS - neue Endgeräte erforderlich. Man könnte aber auf der bestehenden Netzinfrastruktur aufbauen, was sicherlich von Vorteil ist, da dadurch sofort eine flächendeckende Versorgung möglich wäre. Basisstationen umzurüsten ist immer noch einfacher, als komplett neue zu installieren. Telefongesellschaften, die mit UMTS-Lizenzen ausgestattet sind, werden hingegen kaum Interesse an EDGE zeigen. Denn das hieße, gleich zweimal hintereinander in neue Netztechnik zu investieren.