Papiertiger

Regulierungsbehörde will mehr Wettbewerb im Ortsnetz

Neuer Präsident sieht in der Marktstellung der Telekom einen "Flaschenhals"
Von Matthias Maetsch / dpa

Der mangelnde Wettbewerb im Telefon-Ortsnetz ist das größte Sorgenkind der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post. In diesem Bereich sei auf die Konkurrenten der Deutschen Telekom im vergangenen Jahr erst ein Marktanteil von rund 1,5% entfallen, sagte der neue Präsident der Behörde, Matthias Kurth, am Dienstag bei der Vorlage des Jahresberichtes. Dieser Sektor bleibe der eigentliche "Flaschenhals" in der Telekommunikation. "Wir müssen uns diesem Thema intensiver widmen", meinte Kurth. Im internationalen Vergleich erweise sich die deutsche Situation aber keineswegs ungünstiger als in anderen Ländern.

Eine positive Bilanz zog er bei der Entwicklung aller anderen Bereiche der Telekommunikation. Ferngespräche seien seit 1997 um bis zu 92% billiger geworden. Die Wettbewerberanteile an Verbindungsminuten betragen inzwischen bei Ferngesprächen 40%, bei Auslandsgesprächen 54% und für Internetverbindungen 26%. Bei Ferngesprächen, Mobilfunk und Internet hat Deutschland inzwischen europäische Spitzenplätze bei der Nutzungsintensität eingenommen. Der gesamte Telekommunikationsmarkt boome und allein im letzten Jahr wurden in diesem Wirtschaftszweig 14 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.

Nicht teilen wollte Kurth die Auffassung einiger Onlinedienste (AOL?), wonach nur eine Flatrate für die Verbreitung des Internets in Deutschland sorgen könne. "Die Flatrate ist kein Allheilmittel", sagte Kurth. Für viele Nutzer könnten bei normalem Nutzungsverhalten Call by call-Angebote ohnehin günstiger sein, als eine Flatrate.

Kommentar: Es ist erfreulich, dass die Regulierungsbehörde den Missstand im Ortsnetz erkannt hat. Leider hat die Behörde in den vergangenen Jahren wenig dafür getan, dass sich an dieser Situation etwas ändert. Wenn der neue Präsident einen echten Wettbewerb im Ortsnetz will, wird er der halbstaatlichen Telekom schmerzhafte Entscheidungen zumuten müssen. Der Telekom-Aktienkurs dürfte dies mit negativen Rekorden quittieren. Allein zu hoffen, dass Wettbewerber in eine eigene "letzte Meile" investieren, wäre naiv. Kein deutscher Telekom-Konkurrent hat auch nur einen Bruchteil an notwendiger Finanzkraft, um mit eigener Technik der Telekom auf breiter Front im Ortsnetz Konkurrenz machen zu können. Ganz davon abgesehen, dass sich dies wirtschaftlich wohl auch gar nicht rechnet. Die anstehende Entscheidung der RegTP, wie hoch die zukünftige Telekom-Leitungsmiete für die "letzte Meile" sein darf, wird die entscheidenden Weichen für einen Wettbewerb im Ortsnetz stellen.