Nachlese

Internet-World: Und was kommt nun?

Größer, bunter, lauter, schneller, aber der Knüller kam am Tag danach
Von Steffen Pospischil

Diese Woche in Berlin: Die Fachmesse Internet World Berlin 2000 brachte in drei Tagen 45.000 Fachbesucher auf die Beine. Der Besucherzuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug über 100 Prozent. Ebenfalls wuchs die Zahl der Aussteller von 300 auf über 550. Damit ist die Internet World Berlin die größte Messe der "New Economy" außerhalb der USA. Mehr als 1.500 Teilnehmer besuchten den gleichzeitig veranstalteten Kongress.

Einige persönliche Eindrücke, die wir in der Redaktion gesammelt haben, wollen wir unseren Lesern nicht vorenthalten. Zuerst einmal: Es war laut. Selten haben wir Marketing-Gedröhne mit derartigen Dezibel-Attacken auf unsere Ohren ertragen müssen. Gut. Internet ist hype, aber warum müssen Techno-Klänge wie bei der Loveparade auf den Besucher abgeschossen werden? Vielleicht liegt es an den fehlenden Inhalten. Denn was ist wirklich neu im Internet? Auf der Internet World wurde viel an Technik geboten, ISDN, DSL, Funk, Bilder, Töne und vieles mehr; aber was wurde wirklich Neues gebracht? Sie dürfen diskutieren.

Etwas handfester waren die Tretroller für große Kinder der Internetgemeinde. Ich meine diese Dinger, auf denen sich der dynamische Jungmanager wie im Vorschulalter durch die Hallen bewegt, meistens ohne Rücksicht auf Verluste. Auch haben wir selten eine so agressive Werbung um Fachkräfte erlebt. Zwei Slogans seien genannt: "Sind Sie Inder?" und: "Heute schon gekündigt?". Denn letzteres löst die Probleme überhaupt nicht, wenn die Start-Ups sich das Personal nur gegenseitig abwerben.

Ein weiteres Zeichen für fehlende Inhalte - neudeutsch Content - sehe ich im übertriebenen Herumwerfen mit Informationsmaterial, meistens überreicht durch eine Schar auffällig, teilweise sogar aufreizend gekleideter Hostessen. Doch stellt sich dem Empfänger die Frage: Was soll ich damit? Die Redaktion freut sich aber dennoch über das Quietsche-Entchen und den Gummiball. Damit kann man gar lustig seine Kollegen bewerfen. Wie war das noch mit Loriot und der Badewanne?

Richtig dünn wird es beim ach so modernen Bereich "Fernsehen im Internet". Was ist daran spekakulär? Selbst über den DSL-Anschluss der Redaktion reicht es auf dem Monitor nur für briefmarkengroße Fenster, in denen die Videos im Tempo einer Dia-Show ablaufen. Stimmen dann wenigstens die Inhalte? Nun, das normale Fernsehen braucht sich nicht zu fürchten. Spezielle Inhalte, für das Web produziert, sind rar. Pressekonferenzen, Hauptversammlungen, spezielle Sportberichte (die Extra-Kamera im rechten Vorderreifen von Schumachers Ferrari!) lassen auf sich warten. Klar gibt es Spielfilm-Download, aber den gibt es im Prinzip auch in der Videothek. Das Internet, genutzt lediglich als Mobilmachung der Konserven.

Daher zum guten Schluss: Wir möchten Sie auffordern, in unserem Forum zu diskutieren! Wo sind die neuen Inhalte des Internets, welche Entwicklungen erwarten Sie? Wo sind Ihre Interessen?

Der eigentliche Knüller kam denn auch nach der Messe. Jetzt haben wir sie, die Flatrate für alle, doch was machen wir damit?