Medienbericht

Bund wird selbst Netzbetreiber

Schon Ende kommenden Jahres soll der Netzumbau abgeschlossen sein
Von Thorsten Neuhetzki

Der Bund will den Betrieb der Telekommunikationsnetze von Bundesministerien und Bundesbehörden künftig nicht mehr ausschreiben, sondern selbst übernehmen. Angesiedelt wird die neue Leitstelle im Bundesverwaltungsamt in Köln. "Wir nehmen die zentrale Steuerung und den Betrieb des Netzes selbst in die Hand, damit wir besser, billiger und sicherer werden", kündigt der IT-Direktor des Bundes, Martin Schallbruch, in der WirtschaftsWoche (WiWo) an. Bereits heute ist das Bundesverwaltungsamt für alle Abhöraktionen zuständig, die von Polizeibehörden angeordnet werden.

Den Netzumbau will der Bund schrittweise vorantreiben und bis Ende 2010 abschließen. Dabei möchte Schallbruch auch ein einheitliches Hochsicherheitsnetz schaffen, das Bundesregierung, Bundesverwaltung und die Bundesländer miteinander verbindet. Es soll die diversen staatlichen Netze ersetzen, die nebeneinander existieren und unterschiedlich hohe Sicherheitsstandards aufweisen. Im Zuge dieser Reform verliert die Deutsche Telekom nach Angaben der WiWo ihre Position als bevorzugter Dienstleister des Bundes beim Betrieb und Einrichten solcher Netze. "Beim Bau der Infrastruktur arbeiten wir künftig mit vielen verschiedenen Anbietern zusammen", sagt Schallbruch. Nach Bedarf werde man einzelne Module wie die dafür benötigten Leitungen und Netzkapazitäten so einkaufen, dass man die Anbieter jederzeit wechseln könne. Dadurch könnten in Zukunft auch Telekom-Konkurrenten wie der amerikanische Anbieter Verizon oder die britische BT in Deutschland häufiger an Regierungsaufträge kommen.

T-Systems könnte aus Sicht des Bund verkauft werden

Das Bundesinnenministerium trifft mit dem Netzumbau Vorkehrungen für den Tag, an dem die Deutsche Telekom oder zumindest die wenig profitable IT-Sparte T-Systems an einen ausländischen Konkurrenten fällt. Als Telekom-Chef René Obermann nach seinem Amtsantritt vor drei Jahren einen Verkauf der Großkundens parte T-Systems prüfte, reagierte die Bundesregierung darauf mit einem Veto. Sie wollte verhindern, dass ein ausländischer Anbieter, der die Kontrolle über T-Systems erhält, auch den Betrieb der Regierungsnetze übernimmt.

Ende der Neunzigerjahre hatte der Ex-Monopolist den Dauerauftrag bekommen, die streng vertraulichen Telefonate und E-Mails zwischen den einzelnen Regierungsstellen auf dem speziell abgeschirmten Informationsverbund Berlin-Bonn (IVBB) so sicher zu transportieren, dass kein ausländischer Geheimdienst die Gespräche und Verschlusssachen abfangen kann. Wird der Bund in Kürze selbst zum Netzbetreiber steht zumindest von dieser Seite einem Verkauf von T-Systems nichts mehr im Wege.