Benutzer aero schrieb:
Benutzer MartyK schrieb:
Wenn ein Boykott infolge eines Boykottaufrufes eine vorsätzliche Schädigung eines Unternehmens sein soll, dann kann man auch genauso damit argumentieren, dass man einem Unternehmen schadet, indem man seine Produkte nicht kauft.
Bitte präzise bleiben! Nicht der Boykott, sondern der öffentliche Boykottaufruf ist die schaddesersatzpflichtige Handlung. Natürlich darf jeder boykottieren, wie er will.
Mir ist sehr wohl bewusst, dass es sich bei unserer Diskussion um einen BoykottAUFRUF handelt. Dennoch handelt es sich aber auch bei einem BoykottAUFRUF um keine vorsätzliche Schädigung eines Unternehmens, da ja gar nicht vorhersehbar ist, ob ein solcher Aufruf überhaupt einen nennenswerten Schaden hervorruft. Anders wäre dies bei einem Rufmord, bei dem unwahre Behauptungen verbreitet werden - hier kann man eindeutig von einer *vorsätzlichen* Schädigung sprechen.
Die Frage der Verwerflichkeit wird von objektiver Warte beurteilt. Da kommt es vor Allem im Zivilrecht nicht auf Motive und Wertungen des Einzelnen an. Anzuwenden sind die vorgegebenen Maßstäbe des BGB - wie ich schon schrieb. Zu den einschlägigen Vorschriften (§ 138 BGB Siteenwidrigkeit, Wucher und § 242 BGB Treu und Glaube) gibt es eine dezidierte Rechtsprechung. Die von dir als überhöht angesehenen Mobilfunktarife fallen mit Sicherheit nicht darunter. Niemand zwingt dich, mobil zu telefonieren. Außerdem gibt es auch keinerlei Recht auf niedrige Handytarife.
Es wäre ja noch schöner, dass jemand zu etwas gezwungen würde. Nur vergisst man hierbei allzu oft, dass ein Unternehmen von seinen Kunden lebt. Bleiben diese aus, dann muss das Unternehmen seine Pforten schließen. Es besteht also eine gegenseitige Abhängigkeit: Der Kunde will ein Produkt - der Anbieter will dieses Produkt verkaufen.
Im rechtlichen Sinn ist "Verwerflichkeit" eine Handlung, die sozial unerträglich und wegen ihres grob anstößigen Charakters sozialethisch in besonders hohem Maße zu missbilligen ist. Und da ein Boykottaufruf nicht rechtswidrig ist, kann er auch nicht verwerflich sein - was du ja auch nicht bestritten hast.
Die Frage ist denn, wie du unterscheiden willst zwischen "zu hohen Preisen" und "subjektiv als zu hoch empfundenen Preisen"?
Wie oben beschrieben ist der Maßsatb den von der Rechtsprechung zu § 138 BGB entwickelten Grundsätzen zu entnehmen. Und danach lägen wir selbst bei 1,00 EUR/Min. noch weit weg. Ein Mobiltelefon ist ein großer Luxus, auf dessen Benutzung keinerlei Anspruch besteht.
Auch s. o. Ein Unternehmen hat ebenso wenig Anspruch auf das Geld seiner Kunden. Und wenn dann noch ein Monopol bzw. ein Oligopol besteht, ist es nur rechtens, dass ein Boykottaufrufe gestartet wird, der lediglich eine Form der Meinungsäußerung ist.
Der von dir beschriebene Paragraph besagt lediglich, dass ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig ist - wie du auch selber schriebst. Nur verstößt das Mobilfunkgeschäft nicht gegen die guten Sitten, so dass ich mich frage, auf welcher Grundlage du diesen Paragraphen angeführt hast.
Ich würde mich nicht unbedingt von irgendwelchen Unternehmen einschüchtern lassen. Schau doch mal auf die Umweltorganisation Greenpeace: Die haben 2002 einen Boykottaufruf gegen ESSO gestartet, der besonders in Großbritannien Wirkung zeigte. Ein Privatmann, der einen Boykottaufruf startet, hat sicherlich schlechte Karten, wenn er einem finanzkräftigen Gegner gegenüber steht - das allein macht die Handlung aber natürlich nicht verwerflich. Was anderes wäre es, wenn von Anfang an Rufmord betrieben würde.
Boykottaufrufe sind wichtig und legitim, um den Boykottierenden zu einer Umkehr seiner Politik zu bewegen. Solange dies friedlich geschieht, ist dagegen auch nichts einzuwenden.
Du lebst in einer recht eigenartigen Welt (Handymanie?), wenn du die altruistischen Bemühungen von Greenpeace im Kampf gegen Umweltzerstörung mit deinen privaten Wünschen nach niedrigen Tarifen vergleichst, oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Das hast du in der Tat: Du vergleichst Äpfel mit Birnen... Mir ging es um die Legitimität eines Boykottaufrufs und nicht um einen direkten Vergleich zwischen eigenen Interessen und übergeordneten Interessen einer Organisation zum Allgemeinwohl.
Ohne dir zu nahe treten zu wollen halte ich diesen Vergleich für völlig abwegig, irgendwie sind da die Maßstäbe völlig verrückt.
Nein, du hast lediglich den Zusammenhang nicht verstanden.
Um es klarzustellen: Ich finde die Mobilfunkpreise definitiv zu hoch in Deutschland. Ich meine auch, dass eine sinkende Nutzung zu sinkenden Preisen führen würde. Ich halte Letzteres aber in Deutschland für unrealistisch, weil es den meisten Deutschen egal ist. Sie telefonieren ihr persönliches Budget ab und sind stolz, dass sie bei dem besten Anbieter Kunde sind (Mein Netz ist viel besser als deins.) und das neueste BuntiClickiHandy haben, obwohl sie nicht einmal 10 Prozent der Funktionen beherrschen oder nutzen (wollen).
Wenn es dir auch zu teuer ist, dann dürftest du auch nichts gegen einen Boykottaufruf haben, den es damals übrigens auch hin und wieder gab, als die Telekom (jetzt ja T-Com) noch das Zepter fest in der Hand hielt. Genützt haben die Aufrufe mangels Solidarisierung nichts - und selbst, wenn alle mitgemacht hätten, hätte das dem schwerfälligen Rosa Riesen allenfalls ein müdes Lächeln abgerungen. Gehandelt wird meistens halt nur unter Druck - und der ist da, wenn Konkurrenz besteht.
Den Leuten ist es zum Teil wahrscheinlich wirklich egal, weil sie entweder nicht so viel telefonieren oder aber gut genug verdienen, um sich nicht über die Preise zu beschweren. Der andere Teil verlässt sich dann einfach darauf, dass etwas passiert.
Boykottaufrufe, wie von italienischen Verbraucherverbänden, wird es von deutschen Verbraucherschützern wegen des deutschen Rechts, wie von mir dargestellt, nicht geben können, das weiß man dort auch. Private Boykottufrufe würden bei entsprechendem Widerhall in der Öffentlichkeit von den Konzernjuristen mit allen Mitteln verfolgt. Darauf wollte ich hinweisen.
Es gibt kein deutsches Recht, das einen Boykottaufruf verbietet. Private Boykottaufrufe *können* sicherlich verfolgt werden - das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass sie nicht legitim wären. Dass du darauf hinweisen wolltest, ist mir schon klar.
Ich habe übrigens damals selber mit jemandem zum Boykott der T-Com auf einer Homepage aufgerufen - berichtet wurde darüber auch in einem Online-Magazin. Natürlich war der Aufruf erfolglos, weil die breite Masse hierzulande für solche Aktionen offensichtlich kein genügend großes Interesse hat.