Hintergrund

Unified Communication: Segen und Fluch zugleich

Lösung für effizienteres Arbeiten oder Schnüffelinstrument
Von David Dangel

Dem Chaos ein Ende bereiten und immer wissen, wie ein gesuchter Ansprechpartner am besten zu erreichen ist. Die Lösung dafür soll die Unified Communication-Technologie stellen, die ihren Nutzern mit möglichst vielen Informationen zur reibungslosen Kommunikation helfen möchte. In Unternehmen sollen daraus alle Vorteile ziehen: Arbeitnehmer sollen durch bessere Kommunikation Nerven schonen, Unternehmen sollen Kosten durch bessere Effizienz sparen. Wird bei Unified Communications aber übers Ziel hinausgeschossen, freut sich auch Big Brother über eine nie da gewesene Datenflut.

Obwohl einzelne Funktionen der Unified-Communication-Technologie (UC) gewiss schon seit Jahrzehnten eingesetzt werden und mit Sicherheit auch älter als das Schlagwort "Unified Communication" sind, ist die Technologie ihrem Selbstverständnis nach noch sehr jung. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass die kommerzielle Entwicklung von Unified-Communications-Lösungen nur im IT-Zeitalter richtig lohnenswert ist und erst in jüngster Zeit gezielt vorangetrieben wird.

Deutlich wird dies an einem Kernstück von Unified Communication – die Bereitstellungen von Präsenzinformationen über Kommunikationspartner. Diese Präsenzinformationen zeigen anderen, wo sich jemand gerade befindet und was er gerade macht. Dies war auch schon vor der Unified-Communication-Technologie rudimentär möglich. Beispielsweise in Form der Abwesenheitsnotizen von Groupware-Servern. Dort können Anwender schon seit Jahrzehnten vorgeben, dass E-Mail-Sendern eine kurze Antwort gesandt wird, wenn sie krank, verreist oder im Urlaub sind. Umgekehrt können E-Mail-Sender dieser Logik auch entnehmen, dass bei Nichterhalt einer Abwesenheitsnotiz der Empfänger anwesend ist.

Informationen sammeln für den besten Kommunikationsweg

Foto: Monkey Business - Fotolia.com Neu an der Unified-Communication-Technologie ist nun, dass die Präsenzinformationen automatisiert aktualisiert werden und anschließend systemweit in allen Anwendungen verarbeitet werden können. Also nicht nur per E-Mail, sondern auch übers Telefon-Display, im Instant Messenger, in Dokumenteninformationen und in Kalendern ist sofort erkennbar, wo ein gesuchter Kontakt sich zu der jeweiligen Zeit gerade aufhält. Zusätzlich werden diese Präsenzinformationen noch um weitere Details angereichert, beispielsweise mit Informationen über die Tätigkeit und die Dauer bei eventueller Abwesenheit bzw. anderweitiger Beschäftigung. Auch diese Informationen werden in Unified-Communication-Systemen automatisiert gesammelt und ohne weiteres Zutun verarbeitet.

Zu guter Letzt können viele Unified-Communication-Systeme noch soweit konfiguriert werden, so dass diese auch den Kommunikationsweg selbst wählen oder Kontaktsuchende darin unterstützen können. Weiß beispielsweise das Unified-Communication-System, dass jemand in einem Ruheraum ist, aber eine Kontaktaufnahme prinzipiell möglich ist, werden diesem nur Textnachrichten, aber keine Anrufe übermittelt.

Der Vorteil für die Nutzer dabei: Sofort können sie erkennen, wo sich ein Gesuchter befindet und aus der Tätigkeit des Betreffenden schließen, ob es Sinn hat, diesen für eine Kontaktaufnahme zu stören. In der Praxis ist dies beispielsweise bei Erhalt eines Dokuments per E-Mail der Fall. Nach Öffnen des Dokuments fällt dem Anwender ein inhaltlicher und ein technischer Fehler auf. Der Versionshistorie kann er entnehmen, wer für den inhaltlichen und wer für technischen Fehler verantwortlich ist, und sieht dort auch sofort, wo die beiden sind und was sie gerade machen. Das Unified-Communication-System unterstützt den Anwender dann bei der Wahl des besten Kommunikationsmittels. Der Verantwortliche für Inhalt befindet sich beispielsweise in einem sehr lauten oder sehr leisen Raum und sollte nur per E-Mail kontaktiert werden – das berücksichtigt das Unified-Communication-System automatisch. Die Hilfe für den technischen Fehler befindet sich gerade außer Haus, in einer wichtigen Besprechung und kann erst in drei Stunden per Handy erreicht werden. Das Unified-Communication-System teilt dies mit und schlägt in drei Stunden per Wiedervorlage den Anruf vor.

Unübersichtlicher Markt und heterogene Techniken

Obwohl fast alle größeren Hersteller von Kommunikationslösungen und auch wenige Telekommunikationsanbieter einige Unified-Communication-Funktionen in ihren Angeboten integriert haben, ist der Markt noch sehr unübersichtlich und besteht aus vielen heterogenen Techniken. Dies liegt daran, dass sich noch keine einheitlichen Standards etabliert haben und mehr oder weniger jedes Produkt, das Präsenzinformationen verarbeiten kann, als Unified-Communication-Technologie angepriesen wird. Als bekannte Hardware-Anbieter seien daher Cisco, Alcatel-Lucent, Ericsson, IBM und die Deutsche Telekom genannt, deren Produkte sich in ein Unified-Communication-System integrieren lassen. Als Software-Hersteller sind Microsoft mit seinem Office Communications Server, der Software-Anbieter ESTOS und die datac Kommunikationssysteme stellvertretend für die rund 30 Anbieter im deutschsprachigen Raum genannt.

Auf Seite 2 unseres Artikels zu Unified Communication geht es um den Open-Source-Gedanken und die Frage des Datenschutzes.