Bundeskartellamt

Spediteursverband reicht Beschwerde gegen Toll Collect ein

Mautbetreiber-Konsortium Toll Collect soll AGB plötzlich geändert haben
Von dpa / Björn Brodersen

Nur wenige Tage nach dem Mautstart haben sich die Auseinandersetzungen zwischen den Fuhrunternehmen und dem Betreiber Toll Collect zu einem Rechtsstreit beim Bundeskartellamt ausgeweitet. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) reichte beim obersten Wettbewerbshüter Beschwerde über Haftungs-Beschränkungen von Toll Collect auf 12 500 Euro und - für alle Mautteilnehmer - von zehn Millionen Euro ein. Stein des Anstoßes seien plötzliche Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die "nur wegen der marktbeherrschenden Stellung von Toll Collect" durchsetzbar seien, sagte BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt heute der dpa. Zugleich sprach er von neuen Komplikationen bei Einbuchungen über die automatischen Erfassungssysteme (OBUs) und das Internet.

Toll-Collect-Sprecher Harald Lindlar nannte die Haftung für den Bereich der Telekommunikation "üblich". Sie sei im übrigen vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) mit der allgemeinen Betriebserlaubnis mitgenehmigt worden. Zugleich bestätigte Lindlar die Absicht, erst nach einer Eingewöhnungsphase für stornierte Buchungen über Terminals und Internet Gebühren zu erheben.

Schmid: "Eingeschränkte Haftung ist unangemessen"

Schmidt nannte die eingeschränkte Haftung "völlig unangemessen. Da hat jede Kfz-Versicherung eine höhere Deckung." Fielen wichtige Lieferungen wegen Programm- und sonstiger System-Fehler von Toll Collect aus, müssten die Spediteure Schadenersatzforderungen ihrer Auftraggeber an den Verursacher weiter geben können, sagte Schmidt. Im Einzelfall gehe es schnell um Millionen Euro. Toll Collect aber wolle sich aber "mit nur 12 500 Euro aus der Verantwortung stehlen".

"Ich halte das schon für hammerhart, den Fuhrunternehmen erst am 28. Dezember kurz vor dem Mautstart zu schreiben, seit dem 21. Dezember stünden neue Geschäftsbedingungen im Internet", sagte Schmidt. Die neuen AGB gälten als genehmigt, heißt es in dem dpa vorliegenden Brief ans Transportgewerbe, "wenn Sie nicht innerhalb von sechs Wochen nach Zugang des Schreibens schriftlich Widerspruch erheben. (...) Sollten Sie Widerspruch erheben, werten wir dies nicht als Abmeldung (Kündigung). Die Geschäftsverbindung besteht zu den alten Bedingungen weiter. Allerdings behalten wir uns im Fall Ihres Widerspruchs die fristgemäße Kündigung der Geschäftsbeziehung vor."

Spediteursverband wirft Toll Collect Verletzung von Kardinalspflichten vor

Der Spediteursverband halte eine Haftungsbeschränkung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch für unzulässig, vor allem, "wenn es sich um die Verletzung von Kardinalspflichten handelt", heißt es in dem BGL-Brief an die Kartellbehörde. "Bei einem Totalausfall aller On Board Units und dem daraus folgenden Zwang zur manuellen Einbuchung, können die Schäden in der Transportwirtschaft ohne weiteres in den dreistelligen Millionenbereich gehen." Gäbe es beim Autobahnmautinkasso Wettbewerb, wären derart niedrige Gesamthaftungssummen nicht durchsetzbar. Der Verband beklagt zudem Fristenverkürzungen bei Einwendungen gegen Buchungsbelege sowie bei Kündigungen.

Schmidt widersprach zugleich den positiven Bilanzen von Toll Collect und Bundesregierung zum Mautstart. Inzwischen zeigten sich nicht nur erste Staus an den Grenzen, sondern es häuften sich wieder die Rückmeldungen von Fuhrunternehmen über Einbuchungspannen bei den im Lkw installierten On Board Units (OBUs) sowie bei der Einbuchung über das Internet. Toll Collect bestreite das oder weise die Fehler den Transporteuren zu. "Das aber widerspricht der Hotline, die auf Software-Überlastungen hinweist." Lindlar bestätigte Probleme im Einzelfall. "Große Auffälligkeiten gibt es aber nicht."