Nokia

Musikbranche ist modernisierungsbedürftig

Telefonkonzern Nokia beteiligt Universal an seinen Handy-Erlösen
Von dpa / Anja Zimmermann

Popstar Robbie Williams bestreikt sein eigenes Label - aus Protest gegen Kürzungen bei Stellen und Werbemitteln. Auch die Rocker von Coldplay drohen mit Kündigung. Ex-Beatle Paul McCartney hat sich längst von EMI verabschiedet. Um den Niedergang des Musikkonzerns aufzuhalten, setzt der neue Boss Guy Hands, Besitzer des Finanzinvestors Terra Firma, auf eine Radikalkur: Bis zu 2 000 Arbeitsplätze - ein Drittel aller EMI-Jobs - fallen weg. Jährlich 200 Millionen Pfund - 264 Millionen Euro - sind künftig einzusparen.

Das traditionsreiche britische Unternehmen - noch die Nummer vier im weltweiten Geschäft mit Musikkonserven - hat es besonders hart getroffen. Nach Auswegen aus der immer schärfer werdenden Krise der Musikindustrie suchen jedoch auch die anderen Global Player - Warner Music und wie die beiden Branchenführer Universal und Sony BMG.

"Im Jahr 2007 wurde klar, dass die Musikindustrie in heftigen Kontraktionen liegt", sagt Mark Mulligan von der Analysefirma Jupiter Research. "Daraus muss sie als ein völlig anderes Wesen hervorgehen, als sie das im 20. Jahrhundert war." Kaum etwas symbolisiert besser, wie modernisierungsbedürftig die Branche ist, als das 110 Jahre alte Markenzeichen des EMI-Labels "His Masters Voice" - ein Hund mit Schlappohren vor dem Schalltrichter eines Edison-Phonographen.

So irrelevant wie das alte Grammophon erscheint immer mehr, was bislang noch das Kerngeschäft der Branche ist - der Verkauf von CDs. 2006 sorgten die Silberlinge als Nachfolger der Vinylplatte noch für 80 Prozent der Umsätze der vier Branchenriesen. Doch es geht bergab. Nach Angaben des britischen Magazins The Economist sank in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres der Absatz von Musik-CDs in den USA um 19 Prozent, in Kanada um 21 Prozent, in Australien um 14 Prozent und in Europa zwischen sechs und zwölf Prozent.

Vermarktungsstrategien der Plattenfirmen sind nicht mehr zeitgemäß

Große Handelsketten planen deutliche Reduzierungen der Verkaufsflächen für CDs, in den USA um bis zu einem Drittel. Freilich setzen EMI und die anderen Player inzwischen verstärkt auf das Geschäft mit digitalen Downloads im Internet. Doch sie sind spät auf diesen Zug gesprungen, und die nur noch langsam wachsenden Einnahmen aus Downloads machen die Verluste bei CDs nicht wett.

Zudem bietet nicht nur das Internet Musikern individuelle Möglichkeiten, sich von den Fesseln zu befreien, als die sie oft die Marketingstrategien der Konzerne empfinden. Superstar Madonna kehrte Warner Music den Rücken und wandte sich dem flexibel agierenden Konzert-Promoter Live Nation zu. Paul McCartney ließ sein jüngstes Album von der Kaffee-Kette Starbucks vertreiben. Die Altrocker The Eagles erreichten in den USA jetzt Rekordumsätze ganz ohne ein Label.

Allerdings sind die weitaus meisten der jungen Künstler, die kaum Spielraum für finanzielle Risiken haben, weiter auf die Musikindustrie angewiesen. Die wagt sich unter dem Zwang zur Veränderung nun mehr und mehr auf unbekanntes Terrain. Comes with Music lautet eines der neuen Schlagworte. "Mit Musik" werden künftig zum Beispiel immer mehr Mobiltelefone kommen. Der Handy-Vertrag soll Zugang zu einer bestimmten - teils sogar unbeschränkten - Menge an kostenlosen Songdownloads gewähren.

Vorreiter sind Nokia und Universal. Der Telefon-Riese beteiligt den Musikkonzern als Gegenleistung für dessen Tonkonserven am Erlös seiner Handys. Dass mit solchen Marketing-Strategien so viel zu verdienen sein wird wie einst mit Platte und CD, wird jedoch bezweifelt. Sicher sei nur, dass der Kampf um Marktanteile immer härter wird, schrieb der Economist und fügte hinzu: "Der eine oder andere wird ihn nicht überleben."