1&1 statt o2: Baut ZTE ein Mobilfunk-Netz für United Internet?
Der chinesische Netzausrüster ZTE ist in ständigem Wettbewerb mit Huawei. In Deutschland verliert er seinen Auftrag bei o2 (ehemals E-Plus). Aktuell ist ZTE im Festnetz von NetCologne aktiv und künftig bei 1&1 ?
Foto: Picture-Alliance / dpa
Der chinesische Netzwerkausrüster ZTE (ursprünglich ZhongXing Telecommunications Equipment) hat einen wichtigen Auftrag in Deutschland verloren. Telefónica o2 hat die Wartung und den Betrieb seines Mobilfunk-Netzes zum Jahresende von ZTE an ein anderes Unternehmen übergeben. Der Vertrag war 2013 durch E-Plus geschlossen worden, kurz bevor die Fusion zwischen o2 und E-Plus genehmigt wurde. Um in den deutschen Markt zu kommen, hatte ZTE der damaligen E-Plus seine Technik zu sehr attraktiven Konditionen zur Verfügung gestellt und das damalige E-Plus-Netz war an einigen Stellen relativ schnell und gut mit LTE ausgestattet worden.
Parallel dazu hatte o2 sein Netz mit Technik von Huawei und Nokia (früher Nokia Siemens) aufgebaut.
ZTE oder Huawei?
Der chinesische Netzausrüster ZTE ist in ständigem Wettbewerb mit Huawei. In Deutschland verliert er seinen Auftrag bei o2 (ehemals E-Plus). Aktuell ist ZTE im Festnetz von NetCologne aktiv und künftig bei 1&1 ?
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Nach der Fusion von E-Plus und o2 stand die neue Telefónica o2 vor der Frage, ob sie die Technik von ZTE (bei E-Plus) und Huawei (bei o2) parallel weiterfahren oder nur auf einen Hersteller aus China setzen sollte. Telefónica entschied sich für Huawei. Wie Insider berichten, habe die Qualität der ZTE-Produkte am Ende den Ausschlag gegeben. Bald wurde bei o2 sämtliche ZTE-Technik abgebaut und bisherige E-Plus-Kunden klagten über Netzverlust und schlechte Verbindungen.
Vertrag hatte Schlüsselfunktion
Der bereits abgeschlossene Vertrag mit ZTE zur Netzwartung lief davon ungeachtet bis Ende 2018 weiter und wurde nicht verlängert.
Der E-Plus-Deal hatte einst eine "Schlüsselfunktion" für ZTE. Das Unternehmen feiert den Vertrag bis heute als „eine der größten Auslandsinvestitionen des chinesischen Konzerns“. Dabei war schon länger klar, dass der Vertrag nicht verlängert werden würde.
Telefónica wählt GfTD
Telefónica hat sich für das nur in Branchenkreisen bekannte Unternehmen GfTD aus Bochum entschieden, das schon länger für Telefónica tätig ist. GfTD betreut den Netzbetrieb, schickt Techniker zu ausgefallenen Stationen und gibt der Planungs-Abteilung von Telefónica Unterstützung in allen Technik-Fragen. In dem Unternehmen GfTD arbeiten viele ehemalige E-Plus oder ehemalige o2-Techniker mit. Sie "kennen" also "ihr" Netz recht genau. Und für Telefónica ist dieses Vorgehen vor allen Dingen kostenmäßig interessant.
Bittere Pille für ZTE
Für ZTE hingegen ist die Entwicklung bitter, denn auf E-Plus und später o2 hatte ZTE große Hoffnungen gesetzt. „Wenn ZTE seinen wichtigsten Großauftrag verliert, könnte das das Ende für das Geschäft in Deutschland bedeuten“, sagte Bernstein-Analyst Dhananjay Mirchandani der Wirtschaftszeitung Handelsblatt. In der Tat hat ZTE in Deutschland noch einen weiteren Kunden, die Netcologne in Köln. Durch die Boykott-Maßnahmen des amerikanischen Präsidenten Trump gegenüber ZTE gab es zeitweise einen Lieferengpass, was die Schweißperlen in Köln hervortreten ließ.
Steigende Diskussion um Sicherheit bei chinesischer Technik
Die weltweite Diskussion zum Thema Internet-Sicherheit und denkbare Einflussmöglichkeiten aus China auf mit chinesischen Lieferanten aufgebaute Netze, hat auch in Deutschland bei verschiedenen Netzbetreibern zu einem vorsichtigen Umdenken geführt. Von teltarif.de befragte Anbieter fahren eine sogenannte "Dual-Vendor" oder "Multi-Vendor"-Strategie, d.h. man kauft seine Technik bei zwei oder mehr verschiedenen Anbietern ein, um im Bedarfsfall schneller ausweichen zu können.
Chance für ZTE und United Internet?
Aus der für ZTE kritischen Situation könnte ein neuer Spieler Vorteile schöpfen. Nach Informationen der Wirtschaftszeitung Handelsblatt soll ZTE mit United-Internet-Gründer Ralph Dommermuth über einen möglichen Großauftrag verhandeln. In einem Geheimtreffen wurde ein Plan diskutiert, nachdem ZTE den Netzaufbau für das geplante künftige Mobilfunknetz von United Internet (1&1) übernehmen würde. United Internet würde diese Infrastruktur anschließend von ZTE leasen (also eine Art von Miete zahlen).
Dommermuth hatte vorher schon öffentlich überlegt, sich an der Auktion der Frequenzen für den 5G-Mobilfunk im kommenden Jahr zu beteiligen und damit ein eigenes Mobilfunknetz aufzubauen. Bislang war das eher ein schwieriges, kostenintensives und zeitraubendes Planspiel, weil ein kompletter Netzneubau teuer käme und wenigstens in der Anfangsphase nationales Roaming notwendig wäre.
Sollte es zum Abschluss mit ZTE kommen, könnte Dommermuth sein "eigenes" Netz nutzen, ohne selbst die Risiken eines Netzausbaus tragen zu müssen.
Plan B für Dommermuth
Dommermuth hat aber noch einen Plan B: Er darf seit der Fusion von E-Plus und Telefónica-o2 das bestehende Netz von Telefónica-o2 nutzen und kann dafür eine "eigene" Vorwahl verwenden. Somit könnte er sein "eigenes Netz" mehr in den Vordergrund stellen, die Kunden würden aber weiter über Sendemasten von o2 telefonieren. Ankommende Gespräche über die "eigene" Vorwahl kämen via Interconnect auch Dommermuth zugute. Im Gegensatz müsste er sich nur darum kümmern, dass seine "eigenen" Rufnummern aus allen Netzen zuverlässig erreichbar sind.
Denkbar wäre auch, das Dommermuth beides tut: Bundesweit auf das Roaming mit o2 setzen und in Regionen, wo er schon selbst ausgebaut hat, sein eigenes Netz (4G/5G) verwenden.