Hotspots

WLAN-Störer­haftung: Abschaffung ohne Hinter­türen gefordert

Der Bundestag will am Donnerstag über die Abschaffung der Störer­haftung abschließend beraten. Der Verein Digitale Gesellschaft warnt vor "Hinter­türen für die Abmahn­industrie".
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

WLAN-Störer­haftung: Abschaffung ohne Hinter­türen gefordert WLAN-Störer­haftung: Abschaffung ohne Hinter­türen gefordert
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Der Verein Digitale Gesellschaft hat bei der Streichung der sogenannten Störerhaftung vor "Hintertüren für die Abmahn­industrie" gewarnt [Link entfernt] . Am Donnerstag will der Bundestag über die Novelle des Tele­medien­gesetzes abschließend beraten, in der die Störerhaftung wegfällt. Damit will sie für private Betreiber von öffentlichen Hotspots Rechts­sicherheit gewährleisten. Betreiber müssten dafür jedoch auch von der Haftung auf Unterlassung befreit werden, sagte Volker Tripp, Geschäftsführer des Vereins. "Nur unter dieser Voraussetzung entfällt das Abmahnrisiko, welches bis heute das größte Hemmnis für offene Hotspots in Deutschland darstellt."

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Von Rechts­sicherheit könne nur dann die Rede sein, "wenn WLAN-Betreiber nicht mehr damit rechnen müssen, für Rechtsverstöße Dritter kosten­pflichtig abgemahnt zu werden", sagte Tripp. Obwohl SPD und Union schon vor knapp drei Wochen angekündigt hatten, die WLAN-Störerhaftung zu abzuschaffen, liege bis heute kein konkreter Text dazu vor.

Abschaffung der Störerhaftung erfordert gesetzliche Eingriffe

Entfallen sollen demnach Auflagen, die der Betreiber bei der Gewährung der Zugänge einhalten muss, die zuvor als praxisfern eingeschätzt wurden. Dafür sollen auch private Anbieter als Diensteanbieter gelten und Providern rechtlich gleichgestellt werden. Allerdings sollen Hotspot-Betreiber bei einem systematischen Missbrauch dennoch Abmahnungen erhalten können.

Vor dieser "Hintertür" hatte zuletzt auch Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin und Experte für Netzpolitik im Deutschlandfunk gewarnt. Man wolle WLAN-Anbieter zwar klassischen Providern gleichstellen, aber bislang sei der Unterlassungsanspruch nicht gesetzlich ausgeschlossen. Das hieße, sie könnten weiter abgemahnt werden. Die Abschaffung der Störerhaftung erfordere zwei gesetzliche Eingriffe. "Bislang ist, soweit die Koalitions­vertreter sich geäußert haben, aber nur einer dieser beiden gesetzlichen Schritte geplant." Zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde er deshalb noch nicht empfehlen, seinem Nachbarn das eigene WLAN zu öffnen.

Bereits im Dezember seien sich alle Experten einig gewesen, dass es beide Elemente braucht, um die Störerhaftung tatsächlich abzuschaffen, sagt Buermeyer. Auch für den Schutz von Rechte­inhabern gegen den Missbrauch urheber­rechtlich geschützte Inhalte sei ein Unter­lassungs­anspruch nicht nötig. Für extreme Fälle, in denen Dritte geschützte Inhalte über ein offenes WLAN verbreiten, reiche zum Beispiel eine Sperrverfügung vor Gericht. "Das heißt, man kann gesetzlich den Unter­lassungs­anspruch abschaffen. Dann wären die Abmahnungen vom Tisch."

Offene WLAN-Hotspots: Deutschland hinkt hinterher

Mitte Mai hatten sich Vertreter von Union und SPD auf den Wegfall der Störerhaftung geeinigt. Diese gilt als eine der größten Bremsen für das offene WLAN in Deutschland. Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland anderen Ländern deutlich hinterher. Nutzer, die ihr WLAN-Netz für Dritte öffnen, sollen nach den neuen Plänen nicht mehr pauschal für deren Surfverhalten haften. Daher sollen auch private und neben­gewerbliche Anbieter wie Café-Betreiber, Ladenbesitzer und Restaurant-Inhaber das sogenannte Provider­privileg der gewerblichen Anbieter genießen. Die entsprechenden Weichen dazu sollen nun gestellt werden, sodass das Gesetz ab Herbst in Kraft treten könnte.

Stimmen zur Entscheidung der Bundes­regierung lesen Sie in der Meldung Störerhaftung-Abschaffung: Stimmen & Bedeutung.

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