WRC 2012

Weltfunkkonferenz WRC 2012: Kompromiss im Frequenzstreit

Co-Nutzung des 700-MHz-Bands von Fernsehen und Mobilfunk möglich
Von / Susanne Kirchhoff

Streit um Frequenzen Streit um Frequenzen
Foto: teltarif.de
Heute geht die Weltfunkkonferenz (WRC) der internationalen Fernmeldeunion (ITU) in Genf zu Ende. Wie berichtet rangen Regierungs- und Interessensvertreter auf der Konferenz um die Zuteilung weiterer Frequenzen im in Europa bislang exklusiv vom Fernsehen genutzten UHF-Band an Mobilfunk und terrestrisches Breitbandinternet.

Am Ende könnte ein Kompromiss stehen: Vor allem arabische und afrikanische Staaten bemühten sich um eine zukünftige Freigabe des 700-MHz-Bandes (694 bis 790 MHz) für den Mobilfunk. Die Interessen dieser Länder weichen stark von den europäischen ab, dennoch müssen sie gemeinsame Vereinbarungen finden, da Europa, Afrika, der Nahe Osten und die Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion in der ITU in der Region 2 zusammengefasst sind. Frequenzzuweisungen werden in der ITU jeweils innerhalb einer Region einheitlich beschlossen. Die Region 1 besteht aus Nord- und Südamerika, die Region 3 aus dem asiatisch-pazifischen Raum.

Streit um Frequenzen Streit um Frequenzen
Foto: teltarif.de
Während die Kommunikation per Mobilfunk in Afrika und im arabischen Raum eine weit höhere Bedeutung hat als in Europa, ist der terrestrische Fernseh-Empfang dort eher vom geringerem Interesse. In Regionen, in denen keine oder nur sehr schwach ausgebaute kabelgebundene Netze für Telefonie und Internet vorhanden sind, ist das Handy meistens das einzige Kommunikationsmittel. Die Versorgungsraten der Bevölkerung mit Handys sind daher besonders in einigen afrikanischen Ländern in den letzten Jahren rasant gewachsen.

Auf der Weltfunkkonferenz wurde daher eine Co-Frequenzzuweisung diskutiert: Neben dem Rundfunk soll künftig auch der Mobilfunk Frequenzen im 700-MHz-Band mitnutzen. Nachdem das Fernsehen in Europa bereits das 800 MHz-Band (UHF-Kanäle 61 bis 69) im Rahmen der Digitalen Dividende an den Mobilfunk abtreten musste, verlieren Rundfunksender das 700 MHz-Band (Kanäle 49 bis 60) zwar nicht, müssten aber mit einer Co-Nutzung von mobilen Diensten leben.

Genaue Details soll nun die kommenden Weltfunkkonferenz WRC 2015 regeln, nach deren Abschluss zusätzlichen Frequenzen für den Mobilfunk frühestens zur Verfügung stehen. Offene technische und regulatorische Fragen wollen die einzelnen Staaten in der Zwischenzeit klären. Hierzu zählt vor allem, wie sich Rundfunk und Mobilfunk in den betroffenen Funkbändern vertragen und inwieweit es zu gegenseitigen Störungen kommt.

Der Rundfunk sieht diese Entwicklung mit großer Besorgnis, wie das Institut für Rundfunktechnik (IRT [Link entfernt] ) bereits in dieser Woche mitteilte. Ausreichendes Funkspektrum sei eine der Grundvoraussetzungen für den digital-terrestrischen Rundfunk (DVB-T). Eine weitere Einschränkung des Spektrums im sich abzeichnenden Umfang würde dagegen diese Basis in Europa gefährden und Störungen und Folgekosten verursachen, die um Faktoren über denen der Digitalen Dividende der Kanäle 61 bis 69 liegen wird. Derzeit seien noch nicht einmal die konkreten Auswirkungen der Digitalen Dividende 1 abschätzbar, so das IRT. Mobilfunkanbieter haben sich bisher noch nicht zu den Ergebnissen geäußert.

EU regelt Nutzungsbedingungen für Frequenzen für Mobilfunk und Fernsehen

Die Europäische Union hat unterdessen in einem Frequenzrahmenprogramm die Nutzungsbedingungen für die UHF-Frequenzen in den kommenden Jahren - bis zum Jahr 2015 - geregelt. Anbieter von mobilen Internetdiensten benötigen für ihre Angebote zunehmend Frequenzen. Für den Mobilfunk sollen daher bis 2015 mindestens 1200 MHz zur Verfügung stehen. Diese Ausweitung erfolgt aber zunächst nicht zu Lasten des Rundfunks. Vielmehr schafft das Rahmenprogramm der EU einen Ausgleich zwischen dem steigenden Frequenzbedarf mobiler Internetanbieter und Anbietern von terrestrischem Rundfunk.

ZDF-Intendant Markus Schächter hat die Annahme des ersten mehrjährigen Frequenzrahmenprogramms der Europäischen Union begrüßt. Schächter: "Das ist eine wichtige und gute Entscheidung auch für die Zuschauer in Deutschland, die damit weiter frei entscheiden können, wie sie ihre TV-Programme empfangen möchten. Der digitale terrestrische Rundfunk hat auch in Zukunft eine große Bedeutung, denn er allein bietet einen diskriminierungsfreien Zugang ohne zusätzliche Kosten." Schächter appelliert an Brüssel, auch bei der zukünftigen Frequenzpolitik "kulturelle, wirtschaftliche und soziale Interessen in Einklang zu bringen".

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