Stellungnahme

Verbot von Strafgebühr bei Nicht­nutzung - für wen gilt das Urteil noch?

Eine Klausel in einem Handy-Vertrag von mobilcom-debitel über eine Nicht­nutzungs­ge­bühr ist für un­wirk­sam erklärt worden. Wir wollten vom vzbv wissen, ob das Urteil auf Tarife von anderen Providern über­trag­bar ist oder nicht.
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0,00 Euro: Nur in den ersten drei Monaten 0,00 Euro: Nur in den ersten drei Monaten
Bild: freenetmobile
In dieser Woche hat der vzbv ein Urteil veröffentlicht, demzufolge mobilcom-debitel Gewinne, die aufgrund einer unrechtmäßigen Klausel erwirtschaftet wurden, an den Staat abgeben muss. Dieses aktuelle Urteil zur Gewinn­ab­schöpfung ist laut Golem wegen eines Einspruchs von mobilcom-debitel zwar noch nicht rechts­kräftig, das dem jetzigen Urteil zugrunde liegende Urteil von 2012 allerdings schon. Im damaligen Rechtsstreit hatte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden, dass eine Klausel über eine Strafgebühr bei Nichtnutzung des Vertrags rechtswidrig ist.

In den AGB beziehungsweise Preislisten der beanstandeten Tarife stand, dass Kunden, die den Tarif in drei aufeinanderfolgenden Monaten nicht aktiv nutzten, eine zusätzliche Gebühr von 4,95 Euro monatlich zu zahlen hatten. Derartige Klauseln gibt es heutzutage nicht mehr oft in Mobilfunk-Tarifen. Wir bei teltarif.de kennen aber Vertrags-Tarife, die grundgebührenfrei sind, bei denen eine vergleichbare Grundgebühr verlangt wird, sollte der Kunde ab dem 4. Vertragsmonat nicht einen gewissen Rechnungsbetrag erreichen.

Wir wollten daher von den Rechts-Experten des vzbv wissen, ob das Urteil gegen mobilcom-debitel auch auf diese Tarife anderer Provider anwendbar ist oder nicht.

Grundgebühren ab dem 4. Monat bei freenetmobile und klarmobil

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Bild: freenetmobile
Bei zwei grundgebührenfreien Tarifen von klarmobil und freenetmobile, die eine Kündigungsfrist von einem Monat haben, findet sich im Kleingedruckten ein Passus, demzufolge ab dem 4. Vertragsmonat eine Grundgebühr anfällt. Als Voraussetzung dafür wird genannt, dass der monatliche Rechnungsbetrag eine gewisse Grenze unterschreitet. Salopp formuliert könnte man sagen: Die Grundgebühr wird dann erhoben, wenn der Kunde den Vertrag ungenutzt in der Schublade liegen lässt oder nur wenig damit telefoniert und SMS verschickt.

Konkret handelt es sich um die Tarife freenetmobile 8-Cent (Tarif-PDF [Link entfernt] ) und klarmobil Handy-Spar-Tarif (Tarif-PDF). In beiden Tarif-PDFs findet sich dieser Passus:

Es fällt eine monatliche Grundgebühr von 1 Euro ab dem 4. Vertragsmonat an. Diese Gebühr entfällt, wenn der monatliche Rechnungsbetrag über 3 Euro liegt.

Allerdings wird der Kunde über diese Klauseln auf den Einzelseiten der beiden Tarife und in der Tarifübersicht des Providers auf der Homepage nicht informiert. Insbesondere konnten wir auf den Tarifseiten keinen Hinweis im Sternchentext finden. Bei freenetmobile steht "0,00 Euro pro Monat" auf der Homepage, ein Produktinformationsblatt ist auf der Seite nicht verlinkt. Beim klarmobil Handy-Spar-Tarif ist auf der Homepage keine Grundgebühr genannt, zudem steht im Produktinformationsblatt "Entgelt für das Komplettprodukt (Listenpreis) ohne Hardware 1-24 Monate: 0,00 Euro, danach pro Monat: 0,00 Euro.

Wie bereits erwähnt sind die Tarife monatlich kündbar, hat also der Kunde die Tarife fristgerecht zum Ende des dritten Vertragsmonats gekündigt, fällt keine Grundgebühr von 1 Euro an, danach aber schon, wenn der Rechnungsbetrag 3 Euro oder weniger beträgt.

vzbv: Urteil ist nicht auf diese Fälle anwendbar

Als wir dem vzbv diese beiden Tarife zur Prüfung zusandten, erwiderte uns ein Referent des Verbandes:

Ein solches Urteil bezieht sich zunächst immer auf den zugrundeliegenden Fall, so dass sich Verallgemeinerungen grundsätzlich verbieten. Unserem aktuellen Gewinnabschöpfungsverfahren lag ein rechtskräftiges Unterlassungsurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zugrunde, mit dem mobilcom-debitel die Verwendung einer bestimmten Klausel untersagt wurde. Die Einnahmen aus dieser Klausel haben wir in einem langwierigen zweiten Schritt (Gewinn­ab­schöpfung) zurückgefordert. Die entsprechende Verurteilung betrifft nur mobilcom-debitel und die untersagte Klausel. Im Übrigen ist zu erwarten, dass das Unternehmen in Berufung geht.
Ob die von Ihnen zitierte Klausel eines anderen Unternehmens ebenfalls unwirksam ist und eine Gewinnabschöpfung in Frage kommt, müsste in einem eigenständigen Verfahren eingeklagt werden.

Werbung für die Tarife von klarmobil und freenetmobile könnte anfechtbar sein

Wie bereits ausgeführt wurde mobilcom-debitel die Verwendung einer Klausel rechtskräftig untersagt, nach der der Kunde monatlich 4,95 Euro zusätzlich bei Nichtnutzung des Tarifs zu zahlen hat. Bei den in diesem Artikel genannten Tarifen von klarmobil und freenetmobile ist fraglich, ob ein Gericht diese Klauseln, dass ab dem 4. Vertragsmonat eine Grundgebühr von 1 Euro anfällt, beanstanden würde, sollte ein gewisser Rechnungsbetrag unterschritten sein, beziehungsweise ob die Klauseln an sich abmahnfähig wären.

Insbesondere sprechen folgenden Gründe gegen eine Übertragbarkeit des Urteils gegen mobilcom-debitel auf die Tarife von klarmobil und freenetmobile: Bei mobilcom-debitel sollte der Kunde zusätzlich 4,95 Euro zur vertraglichen Grundgebühr von 14,95 Euro zahlen, bei den von uns erwähnten Tarifen von klarmobil und freenetmobile wird ab dem 4. Monat nur 1 Euro statt 0 Euro berechnet. mobilcom-debitel sprach seinerzeit in der für unwirksam erklärten Klausel von einer Nichtnutzungsgebühr, klarmobil und freenetmobile bezeichnen den 1 Euro ab dem 4. Monat in den Tarif-PDFs hingegen als Grundgebühr.

Allerdings dürfte nach unserer Einschätzung die Werbung für die Tarife auf den Tarif-Homepages zu beanstanden sein, da weder in der dortigen Tarifbeschreibung noch in den Sternchentexten auf die ab dem 4. Monat gegebenenfalls anfallende Grundgebühr hingewiesen wird. Zu erwarten wäre also eher, dass ein Gericht im Falle einer Unterlassungsklage nicht die Klausel über 1 Euro an sich, sondern vielmehr die Bewerbung der Tarife beanstandet, in der die mögliche Grundgebühr ab dem 4. Monat nicht erwähnt ist.

Von daher gilt, was der vzbv sagt: Die Rechtmäßigkeit der beiden Klauseln von freenetmobile und klarmobil muss in einem eigenständigen Verfahren geklärt werden. Wir vermuten, dass freenetmobile und klarmobil in einem derartigen Verfahren eher dazu verurteilt werden, die Werbung und die Sternchentexte korrekt zu formulieren und dort alle Kosten für den Kunden aufzuführen, die gegebenenfalls erst nach einigen Monaten der Nichtnutzung anfallen können.

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