Software-Autokonzern

VW: "Digitales Einkaufszentrum" wie Appstore im Auto

Elek­troni­sches Bezahlen fürs Tanken und Parken, Strea­ming, draht­lose Updates: Vernet­zung ist ein zentrales Thema in der Auto­branche. VW wandelt sich vom reinen "Hard­ware"-Anbieter zum Soft­ware-Entwickler - ein Zukauf soll bald auch für Verbrau­cher spürbar werden.
Von dpa /

Jürgen Stackmann, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen Pkw, Geschäftsbereiche Vertrieb, Marketing und After Sales Jürgen Stackmann, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen Pkw, Geschäftsbereiche Vertrieb, Marketing und After Sales
Bild: Volkswagen AG
Das Auto als rollender App-Store: Kunden des VW-Konzerns sollen ihren Wagen in Zukunft mit einem "digi­talen Einkaufs­zentrum" vernetzen und wich­tige Funk­tionen wie Updates der Fahr­zeug-Soft­ware von überall aus erle­digen können. Dazu wollen die Wolfs­burger das Stutt­garter Unter­nehmen Dico­nium jetzt voll­ständig unter ihr Dach holen. Der Schritt hat auch für den internen Wandel des Auto­herstel­lers eine hohe Bedeu­tung: Die VW-Gruppe sucht immer mehr IT-Experten und will Anwen­dungen zuneh­mend selbst entwi­ckeln.

"Es gibt künftig nur noch eine Kern-App, mit der der Kunde auf alle Services zugreifen kann", erklärt Kern­marken-Vertriebs­chef Jürgen Stack­mann. Über die Nutzer-ID würden Auto, Händler und Hersteller zusam­menge­bracht. Geplant sind auch Dienste zum Bezahlen beim Parken, Tanken und Aufladen oder für Multi­media-Strea­ming. In den Aufbau der nötigen Online-Infra­struktur und die Inte­gration von Dico­nium steckt VW nach dpa-Infor­mationen eine drei­stel­lige Millio­nensumme. Dazu wird der bisher 49-prozen­tige Anteil an der Firma aus Baden-Würt­temberg auf 100 Prozent aufge­stockt. Kartell­behörden müssen noch zustimmen. Jürgen Stackmann, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen Pkw, Geschäftsbereiche Vertrieb, Marketing und After Sales Jürgen Stackmann, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen Pkw, Geschäftsbereiche Vertrieb, Marketing und After Sales
Bild: Volkswagen AG

Schnitt­stellen zwischen Soft­ware und Handel

Dienste wie Carsha­ring (WeShare) oder der Volks­wagen-Shuttle-Service Moia bleiben zunächst zwar eigen­stän­dige Ange­bote. "Aber das "Einkaufs­zentrum" ist ein modu­lares System, wir schalten es Schritt für Schritt frei", sagte Stack­mann - erst einmal in Europa.

Dico­nium hat derzeit knapp 1100 Beschäf­tigte. Laut Mitgründer Andreas Schwend bleibt die eigene Marke bestehen: "Die Akti­vitäten werden inner­halb der Car-Soft­ware-Orga­nisa­tion von VW weiter­betrieben." Auch mit anderen Kunden liefen Projekte, der ange­strebte Umsatz­anteil aus den Akti­vitäten bei Volks­wagen liege bei 50 bis 60 Prozent.

Der welt­größte Auto­bauer hatte zum Jahres­beginn eine Soft­ware-Einheit gestartet, die die Kompe­tenzen in der Fahr­zeug-IT bündeln soll. Bis 2025 will VW über externe Über­nahmen, Neuein­stel­lungen und Fach­leute aus den eigenen Marken mehr als 10 000 Experten in dem Bereich haben. Digi­talvor­stand Chris­tian Senger sieht Dico­nium dabei als "nächsten konse­quenten Schritt. Der Schwer­punkt liegt hier auf Schnitt­stellen zwischen Soft­ware und Handel." Auch das Stutt­garter Gründer-Team bleibe im Unter­nehmen, so solle die Firmen­kultur erhalten werden.

Die nieder­gelas­senen Händler habe man früh­zeitig einge­bunden. Klar sei, dass neben digi­taler Kommu­nika­tion persön­liche Kontakte in den Auto­häusern wichtig sind. "Wir stellen fest, dass Auto­mobil­unter­nehmen ohne festen Vertrieb im Volu­menge­schäft in Schwie­rigkeiten kommen können", sagte Senger. Doch parallel seien Digi­talplatt­formen für das Auto als "eine der letzten uner­schlos­senen Daten­domänen" nötig. Zu einem E-Auto-Proto­typen des japa­nischen Elek­tronik­riesen Sony auf der Tech­nikmesse CES in Las Vegas meinte der Manager: "Es werden sicher noch mehr Player auftreten." Beim Ausbau seiner Cloud-Dienste arbeitet VW auch mit Micro­soft zusammen.

Steffen Hahn, Geschäfts­führer einer großen Händ­lergruppe für die VW-Konzern­marken, erklärte: "Wir begrüßen es grund­sätz­lich, dass der Hersteller in Rich­tung Digi­tali­sierung denkt. Denn viele Prozesse, die online darstellbar sind, bieten Vorteile für uns und unsere Kunden." Es gehe um eine Kombi­nation online/offline. Ersetzen lasse sich der klas­sische Handel aber nicht - vor allem in der Bera­tung.

Experten rech­neten schon lange damit, dass ein Tech-Konzern ein eigenes Auto vorstellt. Meist wurde Apple als Kandidat gehan­delt - doch nun gibt es statt­dessen ein Elek­troauto von Sony. Wie ernst meinen es die Japaner?

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