Rückzug

Vorratsdatenspeicherung: EU zieht Klage gegen Deutschland zurück

Die EU-Kommission hat ihre Klage gegen Deutschland wegen der nicht umgesetzten Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Daten zurückgezogen. Der EuGH hatte die Richtlinie zuvor verworfen.
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

Vorratsdatenspeicherung: Die EU-Kommission zieht die Klage gegen Deutschland zurück. Vorratsdatenspeicherung: Die EU-Kommission zieht die Klage gegen Deutschland zurück.
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Im Streit mit der EU-Kommission um die Vorratsdatenspeicherung hat Deutschland einen juristischen Erfolg errungen. Die EU-Kommission zog ihre Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zurück (Rechtssache C-329/12). Das teilte der EuGH am Dienstag auf Anfrage mit. Damit entgeht Deutschland einer drohenden millionenschweren Geldstrafe. Nach wie vor sammelt Deutschland keine Telefon- und Internetdaten der Bürger auf Vorrat - das dürfte wohl auch so bleiben.

Vorratsdatenspeicherung: Die EU-Kommission zieht die Klage gegen Deutschland zurück. Vorratsdatenspeicherung: Die EU-Kommission zieht die Klage gegen Deutschland zurück.
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Die EU-Behörde hatte geklagt, weil die Bundesregierung die europäische Richtlinie von 2006 nicht umgesetzt hatte. Damals hatten die EU-Staaten die Speicherung von Telekommunikationsdaten der Bürger auf Vorrat beschlossen. Anlass waren unter anderem die schweren Terroranschläge in Madrid 2004 und in London 2005, das Ziel war eine bessere Verbrechensbekämpfung. Die massenhafte Speicherung von Telefon- und Internet-Daten sollte bei der Aufklärung von Attentaten und anderen schweren Verbrechen sowie im Kampf gegen die organisierte Kriminalität helfen. Fahnder sollten auf die gesammelten Daten zugreifen können, um etwa zu wissen, wer wann mit wem telefoniert hat. Der Inhalt von Gesprächen sollte nicht erfasst werden. Allerdings war dieses Vorhaben von Anfang an in den Mitgliedsstaaten umstritten.

Anfang April hatten die Luxemburger Richter das EU-Gesetz von 2006 aber wie berichtet verworfen. Es verstoße gegen Grundrechte und sei deshalb ungültig, urteilte der Gerichtshof. Die systematische Datenspeicherung ist in der EU seit Jahren umstritten. Eine irische Bürgerrechtsorganisation, die Kärntner Landesregierung und mehrere Tausend Österreicher hatten in Luxemburg dagegen geklagt.

Umsetzung in Deutschland verfassungswidrig

Die EU-Kommission zog ihre Klage nun zurück und beantragte bei Gericht, dass Deutschland die Kosten des Rechtsstreits tragen soll. Deutschland hatte aufgrund der Richtlinie die Vorratsdatenspeicherung im Januar 2008 eingeführt und zwar mit der laut Richtlinie geringstmöglichen Speicherdauer von sechs Monaten. Der Zugriff der Ermittlungsbehörden sollte unter anderem "zur Verfolgung von Straftaten", zur "Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit" oder zur Erfüllung der Aufgaben der Geheimdienste dienen. Die Behörden brauchten jeweils eine richterliche Genehmigung für den Zugriff auf die Daten.

Dieses Gesetz führte zu heftigen Protesten der Bürger, es gab große Demonstrationen dagegen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes organisierte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, der sich über 30 000 Bürger anschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Datensammeln ohne konkreten Anlass bisher immer ziemlich kritisch gesehen.

Am 2. März 2010 erklärte das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für nichtig, weil es gegen Artikel 10 Grundgesetz (Fernmeldegeheimnis) verstoße. Alle bisher gesammelten Daten mussten gelöscht werden. Allerdings urteilte das Gericht nicht, dass die Vorratsdatenspeicherung per se unmöglich sei. Ein deutsches Gesetz müsse allerdgins viel mehr Datensicherheit bieten und höhere Hürden für den staatlichen Zugriff auf die Daten aufstellen.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in Hintergrundmeldung zum Urteil des EuGH, in der die wichtigsten Kritikpunkte der Richter an der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung erläutert werden.

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