5G von Vodafone im Test: Das leistet das neue Netz
Vodafone bietet als erster deutscher Mobilfunk-Netzbetreiber seinen Kunden die Nutzung des neuen 5G-Netzes an. Anders als die Telekom, die den neuen Netzstandard für die Nutzer noch nicht freigeschaltet hat, kreierte Vodafone dazu keine neuen Tarife. Stattdessen können Interessenten für 5 Euro zusätzliche monatliche Grundgebühr zu allen Red- und Young-Tarifen eine 5G-Option hinzubuchen. In den beiden Verträgen mit echter Daten-Flatrate wird der neue Netzstandard ohne Aufpreis freigeschaltet.
Die Auswahl an 5G-Handys ist derzeit noch stark eingeschränkt. Als einziges Smartphone, das offiziell auf dem deutschen Markt verkauft wird, beherrscht das Huawei Mate 20 X 5G den neuen Netzstandard. Das Samsung Galaxy Note 10+ 5G ist noch nicht verfügbar, das Samsung Galaxy S10 5G unterstützt das 5G-Netz noch gar nicht. Erst im vierten Quartal soll ein Software-Update die Freischaltung für das Handynetz der Zukunft mit sich bringen.
Von diesem Kölner Standort funkt das 5G-Netz von Vodafone
Foto: teltarif.de
5G gibt es derzeit nur an wenigen Standorten
Selbst wenn ein Vodafone-Vertrag mit passender Option und das Huawei Mate 20 X 5G vorhanden sind, ist die 5G-Nutzung noch lange nicht Standard. In den wenigen Städten, in denen die neue Technik bereits funkt, ist die tatsächlich versorgte Fläche noch recht "übersichtlich". Das hängt damit zusammen, dass in der Regel nur einzelne Basisstationen mit 5G aufgerüstet wurden. Diese decken naturgemäß nur eine kleine Fläche ab.
Wir wollten wissen, was das erste kommerziell vermarktete 5G-Netz Deutschlands zu leisten vermag und haben uns mit dem Huawei Mate 20 X 5G und einer Vodafone-SIM mit freigeschalteter 5G-Option auf den Weg ins Rheinland gemacht, wo - anders als im Rhein-Main-Gebiet - schon mehrere 5G-Stationen in Betrieb sind. Zwei Standorte haben wir uns für den Test ausgesucht: Köln, um 5G in einer städtischen Umgebung auszuprobieren, und Lohmar, um den Test in einem ländlichen Umfeld zu wiederholen.
5G-Anzeige auf dem Handy-Display
Foto: SmartPhoneFan.de
Auf die richtigen Einstellungen kommt es an
In Köln wurde ein Mobilfunkmast im Stadtteil Kalk mit 5G aufgerüstet. Wir sind mit dem Auto zum Standort gefahren und waren mit dem Huawei Mate 20 X 5G zunächst im LTE-Netz von Vodafone eingebucht. Wenige hundert Meter vor Erreichen des weithin sichtbaren Mobilfunksenders mit 5G-Erweiterung buchte sich das Smartphone automatisch um. Das funktioniert, wenn im Menü Einstellungen - Drahtlos & Netzwerke - Mobilfunknetz - Bevorzugter Netzwerkmodus als Betriebsart 5G/4G/3G/2G ausgewählt wird, sodass das Handy automatisch den höchsten am Aufenthaltsort verfügbaren Standard nutzt.
In unmittelbarer Nähe zum Sender haben wir erste Speedtests durchgeführt. Diese fielen nicht ganz so imposant wie erwartet aus. Oft lagen die Werte zwischen 300 und 400 MBit/s im Downstream und zwischen 20 und 30 MBit/s im Upstream. Das sind Ergebnisse, die auch in performanten LTE-Netzen möglich sind. Immerhin haben wir aber auch Spitzenwerte um 480 MBit/s im Downstream und 32 MBit/s im Upstream erzielt.
Pingzeiten nicht besser als im LTE-Netz
Enttäuschend waren indes die Ansprechzeiten, die zwischen 26 und 30 Millisekunden lagen. Von den niedrigen Latenzzeiten, die 5G mit sich bringen soll, war im Test demnach nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Werte waren auf dem Niveau, das wir bei unserem diesjährigen Netztest auch im LTE-Netz erzielt haben. Warum es zu diesen vergleichsweise schlechten Werten kam, ist unklar. Bei einem früheren 5G-Test im Swisscom-Netz in der Schweiz waren die Pingzeiten mit rund 15 Millisekunden deutlich niedriger. Dafür waren die Downloadraten bei Swisscom mit rund 300 MBit/s noch etwas langsamer als im Vodafone-Netz.
Während 5G für Gamer demnach noch nicht die erhofften niedrigen Latenzzeiten mit sich bringt, spielt das Netz seine Vorteile aus, wenn es um schnelle Down- und Uploads geht. Das mag für die reine Smartphone-Nutzung weniger relevant sein. Anders sieht es jedoch aus, wenn das Handy als mobiler Hotspot dient, um beispielsweise ein Tablet oder Notebook mit einem schnellen mobilen Internet-Zugang zu versorgen.
Knapp 480 MBit/s im Downstream
Foto: teltarif.de
Hoher Akkuverbrauch bei 5G-Nutzung
Die intensive 5G-Nutzung hat allerdings auch ihren "Preis", wie sich im Test recht schnell gezeigt hat. Man konnte quasi dabei zusehen, wie der Akku des Huawei Mate 20 X 5G an Kapazität verliert. Hier bleibt zu hoffen, dass künftige Handys für den 5G-Standard entsprechend dimensionierte Akkus bekommen oder künftige Chipsätze stromsparender sind. Positiv ist anzumerken, dass das Smartphone nicht heiß bzw. nicht einmal lauwarm wird, wenn intensiv Daten übertragen werden.
In weiteren Tests haben wir uns vom Standort der Basisstation entfernt und weitere Speedtests durchgeführt. Wenn noch Sichtkontakt zum Sender bestand, waren oft noch mehr als 300 MBit/s im Downstream und 25 MBit/s im Upstream möglich. Befanden sich Hindernisse wie Häuser oder Bäume im Weg, so brach die Performance des mobilen Internet-Zugangs ein. Selbst dann haben wir in der Regel noch Downstream-Werte von mehr als 100 MBit/s gemessen.
Streaming über 5G
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Automatisches Umbuchen ins LTE-Netz
Bei schwächer werdendem Signal buchte sich das Huawei Mate 20 X 5G recht schnell ins LTE-Netz um. Das erfolgte nahtlos und war oft nur dadurch zu erkennen, dass neben dem S-Meter auf dem Smartphone anstelle des Schriftzugs 5G plötzlich 4G oder 4G+ angezeigt wurde. Dieser Fallback ins LTE-Netz erfolgte teilweise schon in einer Entfernung von weniger als 100 Metern vom Senderstandort. Genauso schnell wechselte der Handheld ins 5G-Netz zurück, wenn dieses - möglicherweise in noch größerer Entfernung, aber bei freier Sicht zur Basisstation - wieder empfangen werden konnte.
Die Erfahrungen zeigen aber: Der Frequenzbereich um 3,6 GHz ist sehr anspruchsvoll, wenn es darum geht, auch nur eine Innenstadt flächendeckend zu versorgen. Die Wellen breiten sich in diesem Bereich schon sehr lichtähnlich aus. Jedes Hindernis wirkt sich negativ aus, sodass das Signal nur noch über Reflexionen empfangen wird. Weiter als 300 bis 400 Meter von der Basisstation entfernt haben wir das 5G-Signal in Köln nicht empfangen.Weitere 5G-Zellen in der direkten Umgebung des Senders, den wir in Köln angesteuert hatten, gibt es nicht, sodass wir es eher mit einem Hotspot anstelle eines Netzes im klassischen Sinn zu tun haben. Es dürfte spannend werden, zu beobachten, wie schnell es den Netzbetreibern gelingen wird, zumindest Innenstädte halbwegs flächendeckend mit 5G zu versorgen.
5G-Sender Lohmar steht in ländlich geprägtem Stadtteil
Die zweite Basisstation, die wir im Rahmen des 5G-Tests aufgesucht haben, steht in Lohmar, genauer gesagt im ländlich geprägten Stadtteil Honrath. Der Sender steht recht expondiert auf einer Anhöhe. Der Empfang war im Test in einem etwas größeren Radius als in Köln möglich. Bis zu 600 Meter Entfernung von der Basisstation waren drin, um das 5G-Netz noch zu empfangen. In noch größerer Entfernung machte die Topografie einen Strich durch die Rechnung. Das Gelände fällt hier recht steil ab, sodass der 5G-Sender nicht mehr zu empfangen ist.
In Lohmar waren die Datenübertragungsraten nicht ganz so hoch wie in Köln. So lagen die Werte im Downstream zwischen 254 und 397 MBit/s. Bei Uploads haben wir zwischen 7 und 32,5 MBit/s gemessen und die Pingzeiten lagen zum Teil sogar knapp oberhalb von 30 Millisekunden. Diese Werte liegen unterhalb dessen, was 5G eigentlich möglich macht. Für eine mobile Daten-Lösung ist das dennoch ziemlich beeindruckend. Immerhin sind Downloads schneller als über einen Festnetzanschluss mit VDSL Super Vectoring.
Mobilfunkmast mit 5G-Antenne in Lohmar-Honrath
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Bei Telefonaten automatische Umschaltung ins UMTS-Netz
Im Rahmen des Tests haben wir mit dem Huawei Mate 20 X 5G auch telefoniert, während das Gerät im 5G-Netz eingebucht war. Telefonate über 5G sind noch nicht möglich, also rechneten wir damit, dass eine automatische Umschaltung ins LTE-Netz erfolgt, um über VoLTE zu telefonieren. Sowohl in Köln, als auch in Lohmar schaltete das Smartphone aber ins UMTS-Netz zurück und die Telefonverbindung wurde über 3G hergestellt. Nach dem Anruf dauerte es nur wenige Sekunden, bis automatisch wieder ins 5G-Netz zurückgeschaltet wurde.
Audio- und Videostreams waren in Köln und Lohmar problemlos möglich. Getestet haben wir mit den Apps von Zattoo und ARD-Mediathek sowie mit TuneIn Radio und dem Radioplayer.de. Die Qualität war stets sehr gut. Das "schafft" aber in der Regel auch eine LTE-Verbindung. Interessant war zu beobachten, was bei Erreichen der Grenze des 5G-Versorgungsbereichs passiert. Sowohl Fernsehen als auch Radio liefen unterbrechungsfrei über LTE weiter - mit der Einschränkung in Lohmar, dass wenige hundert Meter weiter auch der 4G-Empfang nicht mehr möglich war.
Bei Anrufen automatischer Wechsel ins UMTS-Netz
Foto: teltarif.de
Fazit: Der Anfang ist gemacht
Der erste Test des 5G-Netzes von Vodafone war durchaus interessant. Die Technik funktioniert, die Datenraten sind hoch, wenn auch nicht so hoch, wie eigentlich erwartet. Vor allem die Ansprechzeiten waren enttäuschend. Allerdings hat das Netz immer noch Testcharakter, wir kennen die Art der Anbindung nicht und auch das einzige aktuell für 5G in Deutschland verfügbare Smartphone könnte noch eine ungewollte "Bremse" an Bord haben, die sich durch Bugfix-Updates beseitigen lässt.
Für den schnellen Datenaustausch ist 5G interessant. Up- und Downloads sind spürbar schneller als im LTE-Netz. Allerdings muss man als Kunde bei den in Deutschland üblichen Mobilfunktarifen auch den Datenverbrauch im Blick behalten, sofern keine echte Flatrate zum Einsatz kommt. So haben wir in rund zwei Stunden Test mehr als 10 GB Daten übertragen. Streaming klappt im 5G-Netz sehr gut. Allerdings klappt das auch über LTE tadellos, sofern das Netz nicht überlastet ist. Der praktische Nutzen von 5G für den Kunden hält sich demnach in engen Grenzen - auch wegen der sehr geringen Netzabdeckung. Für die Netzbetreiber bietet 5G hingegen die Möglichkeit, sukzessive das LTE-Netz zu entlasten und mehr Kunden parallel am gleichen Ort einen schnellen Internet-Zugang zur Verfügung zu stellen.