WLAN-Sharing

Editorial: Was der Festnetzanbieter so nebenher macht

Die Kundenrouter des Kabelnetzbetreibers Unitymedia versorgen nicht nur die Haushalte der Kunden. Das ist im konkreten Fall aber sogar sinnvoll, eine Klage der Verbraucherzentrale NRW dagegen überzogen.
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WLAN-Roaming mit WiFiSpots WLAN-Roaming mit WiFiSpots
Bild: unitymedia.de
Die Verbraucher­zentrale Nordrhein-Westfalen und der Kabelnetzbetreiber Unitymedia streiten sich vor Gericht darüber, ob der Kabelnetzbetreiber die bei den Kunden installierten Router verwenden darf, um Zusatzdienste anzubieten. Denn in der Standard-Konfiguration bieten die Unitymedia-Router zwei WLAN-Zugänge an: Einen privaten für den jeweiligen Haushalt des Unitymedia-Kunden und einen öffentlichen für beliebige andere Nutzer. Auf diesem Weg ist ein vielerorts quasi flächendeckendes öffentliches WLAN-Netz entstanden.

Unitymedia-Kunden können die WiFiSpot genannten Zugangspunkte kostenlos, zeitlich und volumenmäßig unlimitiert und mit bis zu 150 MBit/s nutzen. Sie können auch WiFiSpots in vielen Nachbarländern und den USA kostenlos benutzen. Andere Nutzer erhalten von Unitymedia ebenfalls kostenlos Zugang zu den WiFiSpots, surfen aber mit maximal 10 MBit/s und werden zudem auf täglich zwei Stunden und 100 MB Datenvolumen limitiert. Das reicht, um ein paar Websites anzuschauen oder auch einen kurzen Youtube-Clip. Das Streaming abendfüllender Spielfilme, womöglich noch in HD, ist damit natürlich nicht möglich.

Vor- und Nachteile für die Kunden

WLAN-Roaming mit WiFiSpots WLAN-Roaming mit WiFiSpots
Bild: unitymedia.de
Die Kunden haben durch WiFiSpot also sowohl Vorteile wie Nachteile. Für viele mag der Vorteil, kostenlos und mit überschaubarem Aufwand fremde WLAN-Netze mitnutzen zu können, überwiegen. Andere stört hingegen, dass der eigene Router entsprechend etwas mehr Strom braucht, weil er die zusätzlichen Daten senden und verarbeiten muss. Auch dürfte insgesamt die Netzauslastung im Kabelnetz steigen, so dass entsprechend häufiger wegen allgemeiner Netzüberlastung die Datenraten beim privaten Internetzugang einbrechen.

Zwar dürfte das Abmahnrisiko wegen illegaler Downloads vom WifiSpot für den jeweiligen Unitymedia-Kunden gering sein, da Unitymedia hierfür andere IP-Adressen als für die privaten Kundenzugänge verwendet. Jedoch wird Unitymedia sicher Metadaten wie "welche MAC-Adresse war wann und mit welcher Signalstärke an welchem WiFiSpot angemeldet" speichern und diese bei schweren Straftaten auch den Ermittlungsbehörden zur Verfügung stellen. Ergibt sich dabei, dass ein mutmaßlicher Täter mit starkem Signal am WiFiSpot eines bestimmten Unitymedia-Kunden "gesehen" wurde, droht diesem eine möglicherweise sehr unangenehme Zeugenbefragung - auch dann, wenn er mit der Tat nichts zu tun hatte und der Täter nur bei ihm an der Erdgeschoss-Wohnung außen vorbeigelaufen ist.

Abschaltung möglich

Dennoch scheiterte die Verbraucherzentrale nun in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Köln, nachdem ihr zuvor das Landgericht Köln noch Recht gegeben hatte. Während das Landgericht verlangt hatte, dass der Kunde der zusätzlichen Nutzung seines Routers aktiv einwilligen müsse, reichte es dem Oberlandesgericht, dass der Kunde über das Kundenportal jederzeit die Möglichkeit hat, WiFiSpot an seinem Router zu deaktivieren.

Hier ist dem Oberlandesgericht beizupflichten. Der zusätzliche Stromverbrauch für WiFiSpot dürfte im Bereich weniger Euro pro Jahr liegen, der Nutzen in Form von erspartem Mobilfunk-Datenvolumen dürfte für die Mehrheit der Unitymedia-Kunden durch das kostenlose Roaming an anderen WiFiSpots deutlich höher liegen. Hier wird eine Infrastruktur sinnvoll und zum (überwiegenden) Vorteil aller geteilt. Eine Opt-Out-Lösung für diejenigen, für die das aufgrund der konkreten Nutzungssituation nachteilig ist, oder die das aus persönlichen Gründen nicht wollen, reicht aus.

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