Kabelnetze

Chancen und Risiken: Die Folgen des Unitymedia-Verkaufs

Liberty Global will das Tochterunternehmen Unitymedia an Vodafone verkaufen. Damit gäbe es wieder einen bundesweit tätigen Kabelnetzbetreiber. Für kleine Kabelgesellschaften riecht das nach Monopol. Doch sie könnten von dem Deal auch profitieren.
Von Marc Hankmann

Unitymedia, Verkauf an Vodafone Aus blau wird rot, wenn Vodafone Unitymedia kaufen darf. Je nachdem, welche Auflagen die Kartellbehörden bestimmen, könnten sich für kleine Kabelnetzbetreiber Chancen auftun.
Unitymedia
Zurück auf Start heißt die Devise, wenn die Kartellbehörden dem Verkauf von Unityme­dia an Vodafone Deutschland zustimmen sollten, denn dann gibt es wieder einen bundesweit tätigen Kabelnetzbetreiber – wie einst die Deutsche Telekom, die sich vom Kabelnetz trennte, das daraufhin in mehrere Regionen aufgeteilt wurde. Naturgemäß fürchten kleine und mittelständische Kabelnetzbetreiber die Rückkehr eines Monopolisten, der schlimmstenfalls Preise und Bedingungen für die Versorgung mit Fernsehen, Telefonie und Breitband diktieren kann.

Doch Experten wie Dietmar Schickel von DSC Consulting bleiben gelassen. Auf dem Breitbandkongress des Fachverbands Rundfunk und BreitbandKommunikation (FRK) erläuterte Schickel, warum er der Kartellprüfung des Unitymedia-Verkaufs gelassen entgegensieht. Natürlich sieht auch der Kabelexperte die potenziellen Nachteile für kleine Netzbetreiber und TV-Sender auf dem Einspeisemarkt. „Liberty Global, Mutterkonzern von Unitymedia, handelt mit Sendern europaweit geltende Einspeiseverträge mit hohen Preisen aus“, erklärte Schickel auf dem FRK-Kongress.

Diese Strategie könnte Vodafone übernehmen – schlecht für kleine Sender, die sich solche Verträge nicht leisten können und schlecht für Kabelnetzbetreiber, die keine Einspeiseentgelte erhalten und damit gegenüber Vodafone im Nachteil sind. „Der neue bundesweite Kabelnetzbetreiber könnte mit aggressiven Sonderange­boten, finanziert durch Einspeiseentgelte, den kleinen Netzbetreibern Kunden ab­spenstig machen“, erläutert Schickel.

Sonderkündigungsrecht als Chance

Unitymedia, Verkauf an Vodafone Aus blau wird rot, wenn Vodafone Unitymedia kaufen darf. Je nachdem, welche Auflagen die Kartellbehörden bestimmen, könnten sich für kleine Kabelnetzbetreiber Chancen auftun.
Unitymedia
Auf der anderen Seite könnte der Verkauf aber auch Chancen für Kabelnetzbetreiber eröffnen. Zwar rechnet Schickel nicht damit, dass die Kartellbehörden Vodafone auferlegen, Kunden aus der Wohnungswirtschaft abzustoßen, um Unitymedia kaufen zu können, aber ein Sonderkündigungsrecht für Vodafone-Kunden hält der Kabelex­perte durchaus für realistisch. „Ein solches Sonderkündigungsrecht wurde Liberty Global schon einmal auferlegt: als der Konzern Kabel BW kaufte“, sagt Schickel.

Kleine und mittelständische Kabelnetzbetreiber erhielten durch das Sonderkündi­gungsrecht die Möglichkeit, Wohnungsunternehmen von ihren Leistungen zu über­zeugen. Das muss laut Schickel nicht immer das berühmte Triple Play aus Fernsehen, Telefonie und Internet sein. Auch ungebündelte Angebote, insbesondere ein Glasfa­ser-Internetanschluss, könnte Wohnungsunternehmen dazu bringen, den Netzbe­treiber zu wechseln.

Verpflichtung zu Open Access

Darüber hinaus könnte auf Vodafone auch eine Regulierung zukommen, die das Unternehmen zu Open Access zwingt. Eine Verpflichtung zum Glasfaserausbau hält Schickel allerdings für abwegig, da sie wirtschaftlich nicht abbildbar sei. Dagegen wären seiner Meinung nach aber regulierte Preise durchaus möglich, wie es sie zum Beispiel für die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) bereits gibt.

Dietmar Schickel FRK-Kongress Auf dem Breitbandkongress des FRK riet Kabelexperte Dietmar Schickel zur Gelassenheit
FRK
„Selbst wenn der Deal durchgeht, können sie gelassen bleiben“, riet Schickel den Teil­nehmern des FRK-Kongresses. Auch der miserable Service der großen Kabelgesell­schaften werde seiner Ansicht nach dafür sorgen, dass kleine und mittelständische Ka­belnetzbetreiber auch in Zukunft wettbe­werbsfähig bleiben. Der FRK hat jedenfalls die Beiladung zum Kartellverfahren in Brüssel und vorsorglich auch in Bonn beim Bundes­kartellamt beantragt, falls die EU-Kommission das Verfahren an Deutschland übergibt. Wer letztendlich die Prüfung vornimmt und welche Maßstäbe damit angelegt werden, steht derzeit jedoch noch nicht fest.

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