Klage

Telekom klagt gegen Unitymedia-Übernahme durch Vodafone

Die EU-Kommis­sion hatte im Juli 2019 unter Auflagen die Voda­fone-Über­nahme des Kabel­geschäfts von Unity­media geneh­migt. Dagegen klagt nun die Telekom - aber nicht alleine.
Von dpa /

Wie bereits im vergan­genen Jahr ange­deutet will die Deut­sche Telekom die Über­nahme des Kölner Kabel­netz­betrei­bers Unity­media durch Voda­fone juris­tisch anfechten. Anfang Februar gingen drei Klagen gegen die Fusi­onsge­nehmi­gung durch die EU-Kommis­sion beim EU-Gericht ein, wie ein Spre­cher heute bestä­tigte. Neben Telekom Deutsch­land klagten demnach die Unter­nehmen NetCologne und Tele Columbus auf Nich­tigerklä­rung.

Die EU-Kommis­sion hatte im Juli 2019 unter Auflagen die Voda­fone-Über­nahme des Kabel­geschäfts von Liberty Global - in Deutsch­land unter dem Namen Unity­media tätig - in Deutsch­land, Tsche­chien, Ungarn und Rumä­nien geneh­migt. Voda­fone verfügt mit dieser Entschei­dung über ein bundes­weites Kabel­netz.


Unitymedia

Vodafone-Unitymedia-Fusion: Branche lehnt Bedingungen ab

Brüssel hat den Zusam­menschluss von Unity­media und Voda­fone unter Auflagen geneh­migt. In einer ersten Stel­lung­nahme zeigt sich die Branche jedoch kritisch.
Von Wolfgang Korne

Die Fusion von Unitymedia mit Vodafone bleibt ein Knackpunkt für die Branche. Die Fusion von Unitymedia mit Vodafone bleibt ein Knackpunkt für die Branche.
Bild: dpa
Die EU-Kommis­sion hat heute der 18,4 Milli­arden Euro schweren Über­nahme der Liberty Global Kabel­netze in Deutsch­land, Tsche­chien, Ungarn und Rumä­nien durch Voda­fone zuge­stimmt. Die Entschei­dung löste unter­schied­liche Reak­tionen aus. Voda­fone Deutsch­land Chef Hannes Amets­reiter zeigte sich – wenig über­raschend – sehr erfreut: „Ab jetzt können wir unser Verspre­chen einlösen – und in den nächsten drei Jahren insge­samt 25 Millionen Haus­halte mit Gigabit-Geschwin­digkeit versorgen. Damit machen wir Gigabit massen­taug­lich“, verspricht er in einer Stel­lung­nahme.

Fusion nur mit Auflagen

Die Fusion von Unitymedia mit Vodafone bleibt ein Knackpunkt für die Branche. Die Fusion von Unitymedia mit Vodafone bleibt ein Knackpunkt für die Branche.
Bild: dpa
Die Kommis­sion macht Voda­fone jedoch einige Auflagen: So muss der Konzern hier­zulande unter anderem nach erfolgter Über­nahme sein Kabel­netz für Telefónica Deutsch­land öffnen. Das ist Teil eines Maßnah­menpa­ketes, das Voda­fone selbst vorge­schlagen hatte, um die EU-Kommis­sion positiv zu stimmen. Für Amets­reiter waren diese Vorschläge ein Schritt in Rich­tung mehr Wett­bewerb. „Unser Maßnah­menpaket hebt den Wett­bewerb in Deutsch­land auf eine ganz neue Stufe. Es ist gut für den Verbrau­cher. Gut für den Wett­bewerb. Und gut für die Fern­sehsender“.

Telekom: Gegen die Entschei­dung vor Gericht?

Das sehen die Mitbe­werber nicht unbe­dingt so. So sagt Andreas Middel, Spre­cher der Deut­schen Telekom: „Wir sind über­zeugt, dass die Auflagen nicht ausrei­chen, nega­tive Auswir­kungen im Bereich der Medien- und Programm­viel­falt abzu­wenden. Fast die gesamte Branche hat gegen­über die EU-Kommis­sion deut­lich gemacht, dass die Fusion den ohnehin schon schwie­rigen Glas­faser­ausbau in Deutsch­land nicht voran­bringt, sondern im Gegen­teil noch erschwert. In den Kabel­gebieten werden - unter­stützt durch das Neben­kosten­privileg - weitere Kabel­mono­pole entstehen. Nicht nur der Telekom, sondern der gesamten Branche bleibt damit ein wich­tiger Markt verschlossen.“ Mögli­cher­weise wird die Telekom wegen den Fusi­onsbe­dingungen sogar vor Gericht ziehen: „Wir werden die Entschei­dung der Wett­bewerbs­behörde intensiv analy­sieren und dann entscheiden, ob eine gericht­liche Über­prüfung zum Schutz des Wett­bewerbs geboten ist“, so Middel.

BREKO: Fusion erzeugt "Glas­faser-Diaspora"

Auch der Bundes­verband Breit­band­kommu­nika­tion (BREKO) bleibt bei seiner Warnung vor dem Zusam­menschluss zwischen Voda­fone und Unity­media: Dieser wird nach Auffas­sung des Glas­faser­verbands zu einer erheb­lichen Einschrän­kung des Wett­bewerbs führen. Auf dem „klas­sischen“ Kabel­markt könne der Zusam­menschluss nach Auffas­sung des BREKO insbe­sondere nega­tive Auswir­kungen auf dem Gestat­tungs­markt, also dem Markt für Verträge mit der Wohnungs­wirt­schaft haben. Hier liege der Markt­anteil von Voda­fone künftig bei rund 75 Prozent. Dies werde – unge­achtet des Netz­zugangs für Telefónica – in den meisten Fällen auch ein Monopol in puncto Kabel-Internet bedeuten: Da in den Gestat­tungs­verträgen meist entspre­chende Exklu­sivi­täts­verein­barungen zugunsten der Kabel­anbieter vorhanden sind, könne die Wohnungs­wirt­schaft keine weiteren Verträge – etwa mit regio­nalen TK-Anbie­tern für Glas­faser­anschlüsse bis in den Keller des Gebäudes (FTTB) oder bis direkt in die Wohnungen (FTTH) – mehr verein­baren.

Klei­nere Glas­faser­anbieter benach­teiligt

Mindes­tens ebenso erheb­lich seien die nega­tiven Effekte auf den Tele­kommu­nika­tions­markt – und hier insbe­sondere auf den Ausbau von reinen Glas­faser­anschlüssen, also FTTB/FTTH-Netzen, in Deutsch­land. Bei einer gemein­samen TK-Markt­beherr­schung des künf­tigen Voda­fone-Kabel­netzes (inklu­sive Netz­zugang für Telefónica) und Deut­scher Telekom verbleibe kaum mehr Poten­zial für einen Glas­faser-Ausbau in diesen Gebieten, wieder­holte der BREKO seine bereits öfter darge­legte Argu­menta­tion. Dies würde vor allem lokal und regional tätige Unter­nehmen gefährden, die den Glas­faser­ausbau voran­treiben. Für einen renta­blen Glas­faser­ausbau bliebe somit prak­tisch kein Raum mehr. Die für Breit­band-Internet ausge­bauten Kabel­gebiete würden so auf Jahre zur „Glas­faser-Diaspora“.

„Ähnlich wie die Deut­sche Telekom mit (Super-)Vecto­ring setzen auch die großen Kabel­netz­betreiber mit ihren Koax-Kabeln auf Kupfer auf der letzten Meile und vermeiden so Inves­titionen in zukunfts­sichere, reine Glas­faser“, sagt BREKO-Geschäfts­führer Dr. Stephan Albers. Der Inhaber des Lehr­stuhls für Bürger­liches Recht, Kartell- und Regu­lierungs­recht an der Univer­sität Köln, Torsten Körber, warnte daher bereits im vergan­genen Jahr: „Nach dem Zusam­menschluss besteht die Gefahr, dass jeden­falls Voda­fone nicht mehr in den Glas­faser­ausbau inves­tieren wird.“

Der BREKO bedauert zudem, dass die EU-Kommis­sion Voda­fone nicht zur Auflage gemacht hat, dass lang­fristig mit der Wohnungs­wirt­schaft laufende Verträge ein Sonder­kündi­gungs­recht erhalten. Nur so kann nach Auffas­sung des BREKO Wett­bewerb ermög­licht werden, indem es auch Dritten möglich wird, Ange­bote auf Basis reiner Glas­faser (FTTB/FTTH) zu machen.

Über die Entschei­dung der EU-Kommis­sion haben wir in einem weiteren Beitrag berichtet.

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