Über­wachungs­programme

Greenwald: Verschlüsselung bringt Sicherheit, macht aber verdächtig

Seine Enthüllungen über die Spähprogramme des US-Geheimdienstes NSA lösten weltweit eine Welle der Entrüstung aus: Investigativ-Journalist Greenwald erzählt Erlebnisse wie aus einem Spionage-Thriller.
Von dpa / Jennifer Buchholz

Greenwald und Snowden haben sich vor wenigen Tagen in Moskau getroffen Greenwald und Snowden haben sich vor wenigen Tagen in Moskau getroffen
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NSA-Enthüller Glenn Greenwald hat zu mehr Vorsicht im Netz auf­gerufen, aber gleich­zeitig auf ungewollte Folgen von Ver­schlüsselungs­pro­grammen auf­merksam gemacht. Wenn Internet­nutzer standard­mäßig ihre Daten verschlüsseln, bauten sie "eine große Mauer" zwischen sich und den US-Geheimdienst NSA, sagte der Journalist und Vertraute des Ex-Geheim­dienst­mit­arbeiters Edward Snowden, als er sein neues Buch "Die globale Überwachung" in Hamburg vorstellte. Wer solche Tools benutze, mache sich aber wiederum verdächtig - und könne so erst recht ins Fadenkreuz des Geheim­dienstes geraten.

Sein Buch, das in englischer Sprache den Titel "No Place to Hide" trägt, präsentiert Greenwald bei weiteren Terminen in Deutschland in München (heute) und in Berlin (Sonntag). Er hatte zusammen mit Snowden in den vergangenen Monaten die weltumspannenden Über­wachungs­programme des US-Geheim­dienstes öffentlich gemacht.

Snowden lebt weiterhin in Moskau

Greenwald und Snowden haben sich vor wenigen Tagen in Moskau getroffen Greenwald und Snowden haben sich vor wenigen Tagen in Moskau getroffen
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Vor wenigen Tagen war Greenwald mit Snowden in Moskau zusammen­getroffen - zum ersten Mal seit seinem Geheim­treffen mit dem Ex-NSA-Mit­arbeiter in Hongkong, was die späteren Ent­hüllungen ein­ge­läutet hatte. "Ihm geht es be­merkens­wert gut", sagte Greenwald. Snowden sei vor allem deshalb wohlauf, weil er frei an der von ihm weltweit ange­stoßenen Debatte teilhaben könne.

Glenn Greenwald stellt in Deutschland sein neues Buch vor Glenn Greenwald stellt in Deutschland sein neues Buch vor
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Der Whistle­blower werde zwar in der Öffentlich­keit gelegentlich erkannt, könne aber in Moskau spazieren gehen. "Er sieht kaum anders aus als ein Aus­tausch­schüler aus Iowa", scherzte Greenwald. Aus Solidarität mit dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter hoben während der Veranstaltung die etwa 200 Zuhörer ein illustriertes Bild Snowdens in die Höhe - und forderten für ihn Asyl in Deutschland.

Dass Deutschland dem Informanten, der den NSA-Skandal ins Rollen brachte, kein Asyl gewähren wolle, sei "Ausdruck extremer Feigheit", betonte Greenwald. "Edward Snowden ist ein riesiges Risiko eingegangen, um für die Rechte deutscher Bürger und auch deutscher Politiker einzutreten. Deutschland müsste viel weniger opfern als er, um für Snowdens Rechte einzutreten. Das ist eine Schande."

Die Ver­öffent­lichung der NSA-Methoden hätten zwar weltweit zu einem Umdenken im all­gemeinen Bewusst­sein geführt, sagte Greenwald. Nun wüssten die Menschen instinktiv, dass ihre Privatsphäre ein "moralisches Bedürfnis" sei. Teilweise seien auch politische Reformen eingeläutet worden. Jedoch gebe es in Bezug auf Veränderungen teilweise un­realistische Vor­stellungen, sagte Greenwald. Die NSA sei die vielleicht mächtigste Ein­richtung der Welt und würde wegen der unlieb­samen Ver­öffentlichung von Dokumenten nicht einfach so zusammen­brechen.

Aber nicht nur die NSA und anderen Geheim­diensten überwachen das Internet und Telefonate. Auch die Tele­kommunikations­anbieter hören Telefonate ab.

Wie Sie Ihre Daten sicher verschlüsseln können, haben wir Ihnen in einer eigenen Meldung zusammengefasst.

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