Funkloch: Kein Netz in der Londoner U-Bahn
Wenn über Mobilfunk im Vergleich die Rede ist, hört man oft laute Wehklagen über das ach so „schlechte Netz“ in Deutschland. Funklöcher, Abbrüche, Überlast - jeder kann darüber berichten. Fährt man ins Ausland, fällt sofort die „bessere“ Netzversorgung auf. Netz fast überall (wo man sich aufhält). Wirklich überall? Nein, eben nicht.
Wer mit der U-Bahn durch deutsche Großstädte fährt, geht davon aus, Netz zu haben und im Großen und Ganzen ist das ja auch in Deutschland der Fall, wenn auch mit deutlichen Unterschieden - je nach Netzbetreiber oder besuchter Stadt. Sei es in Berlin, wo man wenigstens mit 2G unterirdisch telefonieren können sollte und - je nach Anbieter und Standort - auch LTE mit halbwegs brauchbaren Datenraten erwarten kann.
Europäisch gesehen, wäre Barcelona zu nennen, wo es auch „unter Tage“ überall beste Netzversorgung gibt, vielleicht auch, wegen des alljährlichen Mobile World Congress.
Wie sieht es in London in der "Tube" („Underground“) aus?
Der Eingang zur Londoner U-Bahn: Mobiles Bezahlen ist möglich, mobiles Telefonieren oder Surfen aber nicht
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Um es vorweg zunehmen, dort unten gibt es bis heute kein oder kaum Netz. Wer sich die U-Bahn-Strecken und deren Tunnelröhren anschaut, wundert sich nicht. In eine Tunnelröhre passt gerade so ein U-Bahn-Zug hinein, zwischen Zug und Tunnelwand reicht es wohl nicht einmal eine aktuelle Ausgabe der „Times“ zu quetschen. Einzige Möglichkeit dürften wohl unter den Zügen zwischen den Gleisen verlegte „Schlitzkabel“ sein.
Dabei ist das Versorgungsproblem in London schon länger bekannt und es gab wohl auch schon Anläufe, das zu verbessern. Der Netzausrüster Huawei hatte schon ein Angebot abgegeben, wie Londons Untergrund versorgt werden könnte. Das Angebot kam nicht zum Zuge. Nicht wegen der politischen Diskussion um die Zuverlässigkeit des Anbieters.
Mit der Rolltreppe geht es tief in den Londoner Untergrund. Vor einigen Jahren waren diese Rolltreppen noch weitestgehend aus Holz
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Nein, die Gemengelage ist diese: Hausherr ist der Londoner U-Bahn-Betreiber London Underground/TfL (Transport for London). Und der hätte bei einem Netzausbau unter Tage die absolute Hoheit. Tfl stellt sich - so war zu hören - maximal einen Netzbetreiber vor, der die U-Bahn ausbauen könnte und dürfte. Und daran soll es wohl haken. Die Netzbetreiber o2-UK, EE (früher T-Mobile und Orange), Vodafone UK und Three UK müssten sich erst einmal auf einen gemeinsamen Netzausbau einigen und das sei bislang nicht gelungen.
Zum Vergleich: In Deutschland gibt es Konsortien, unter wechselnder Regie, in Berlin ist da z.B. o2.
Wir sind in London ein paar Linien gefahren. Sobald es in den teilweise richtig tiefen Untergrund hinunter geht, ist das Netz komplett weg. „Versorgt“ sind höchstens oberirdische Linien wie die „DLR“, welche unter anderem hinaus in die Docklands (Hafengebiet) zum Flughafen London-City-Airport und darüber hinaus fährt.
Vorbildliches Bezahlsystem
Kontaktloses Bezahlen mit Karte, NFC-Handy oder Uhr (z.B. Apple-Watch) in der U-Bahn (und in den Bussen) ist Standard: Ticket nicht mehr notwendig
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
In Sachen mobiles Bezahlen sind die Londoner U-Bahnen und Busse ihren europäischen Kollegen teilweise weit voraus. Man hält sein NFC-Handy oder eine NFC-Kreditkarte einfach an der Zugangssperre vor den gut sichtbaren Leser: Die Sperre öffnet sich und man fährt los. Wenn die Fahrt beendet ist, verlässt man die U-Bahn über eine weitere Sperre, wo man seine Karte, Uhr oder Handy erneut dagegen hält und damit werden die Fahrtkosten ermittelt und der Karte belastet.
Wer ein iPhone und eine Apple-Watch sein eigen nennt, drückt zweimal auf den Taster der Uhr (oder die Hometaste beim iPhone) und hält das Gerät auf die Lesefläche. Das wars.
Immer mit der gleichen Karte zahlen
Die U-Bahn-Züge sind niedrig und passen "gerade so" in die Tunnelröhre ("Tube"). Für Antennen wäre kein Platz
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Man darf allerdings nicht den Fehler begehen, mit dem Handy ein- und der Uhr auszuchecken (weil das zwei verschiedene Karten sind) - und mit verschiedenen Kreditkarten schon gar nicht.
Bei der Zufahrt zum London City Airport gibt es ebenfalls eine Falltüre. Beim Verlassen der U-Bahn kommt man durch keine Durchgangssperre, nur an einem leicht zu übersehenden Ticket-Leser vorbei, wo man seine Karte, Handy oder Uhr dagegen halten muss. Bis der Fahrtpreis von der Karte komplett und korrekt abgebucht ist, können bei deutschen Kreditkarten schon einmal zwei bis drei Tage vergehen. Zu Beginn der Fahrt werden zunächst nur 1 GBP (= 1,20 Euro) belastet (hängt vom eigenen Kartenanbieter ab, teilweise kurzfristig auch höher). Sollte man das Auschecken „vergessen“, würde am Ende des Tages ein komplettes 24-Stunden-Ticket berechnet.
Update: 4G-Netz bis "Mitte der 2020iger Jahre" geplant
Aufmerksame Leser haben uns auf einen Artikel der BBC vom Sommer letzten Jahres aufmerksam gemacht.
So ist geplant, den kompletten Londoner Untergrund bis "Mitte der 2020iger Jahre" komplett mit 4G/LTE auszubauen. Die "Jubilee Line" soll als erstes davon profitieren, die Osthälfte der Strecke soll auf beiden Gleisen und in den Tunnels ab März versorgt werden.
So ist in einem Versuchabschnitt geplant, die "Jubilee Line" von Westminster bis Canning Town, außer den Stationen "London Bridge" und "Waterloo Station" mit 4G auszubauen, auch die Gänge und Hallen des weit verzweigten Systems sollen ausgeleuchtet werden. Die Bahnhöfe "London Bridge" und "Waterloo" sollen später dann auch mit LTE ausgestattet werden, wenn die Tests erfolgreich verlaufen sind. Das gesamte Projekt wird 2.000 km neu zu verlegende Kabel umfassen. Die können nur nachts unter der Woche verlegt werden, um die Beeinträchtigungen der Passagiere zu minimieren.
Alternative WiFi?
Es gibt in der U-Bahn wohl auch WLAN, nur bekommen Touristen dafür kaum oder nur sehr umständlich die notwendigen Zugangsdaten, weswegen das für uns keine sinnvoll nutzbare Alternative darstellt.