Themenspecial Breitband-Internet Marktstudie

Internet: Telekom-Alternativ-Anbieter verlieren Kunden

Kabelnetzbetreiber weiter im Aufwind, Festnetzmarkt geht zurück
Von Thorsten Neuhetzki

Die Telekom-Wettbewerber verlieren einen Teil Ihrer Kunden. Vor allem das Kabel legt zu. Die Telekom-Wettbewerber verlieren einen Teil Ihrer Kunden. Vor allem das Kabel legt zu.
Foto: dpa
Die Entwicklung des Festnetz- und Breitbandmarktes lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Der Gesamtmarkt geht zurück, die Kabelnetzbetreiber legen zu und Wettbewerber und Deutsche Telekom investieren nahe gleich viel in ihre Netze. Im Detail ging Prof. Torsten J. Gerpott von Dialog Consult bei der zusammen mit dem VATM vorgestellten Marktstudie auf diese Punkte ein.

Der Gesamt-TK-Markt sinkt seit 2005. Damals wurden noch 68,8 Milliarden Euro Umsatz im Festnetz-, Mobilfunk- und dem jungen Breitband-Markt generiert. Heute sind es noch 60,1 Milliarden Euro. Den Löwenanteil macht immer noch der Festnetz-Markt aus, der 30,9 Milliarden Euro generiert. Der Kabel-Breitband-Markt hat einen Anteil von nur 4,4 Milliarden Euro, wächst aber am stärksten. Auch der Mobilfunkmarkt (Analyse hierzu in einer bereits veröffentlichen Meldung) legt leicht zu und generiert einen Gesamtumsatz von 24,8 Milliarden. Auffällig ist, dass der Umsatz der Festnetz-Wettbewerber und der Umsatz der Telekom im Festnetz mit 15,4 bzw. 15,5 Milliarden Euro nahezu gleich ist.

Fast identisch ist auch die Höhe der Investitionen von Telekom und Wettbewerbern. Von den insgesamt 6 Milliarden Euro, die in diesem Jahr in das Festnetz investiert werden, entfallen laut Gerpott-Studie 3,1 Milliarden Euro auf die Wettbewerber. Dabei sind die Investitionen der Kabelnetzbetreiber noch nicht berücksichtigt.

Telekom-Wettbewerber verlieren Breitbandkunden

Die Telekom-Wettbewerber verlieren einen Teil Ihrer Kunden. Vor allem das Kabel legt zu. Die Telekom-Wettbewerber verlieren einen Teil Ihrer Kunden. Vor allem das Kabel legt zu.
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Das Wachstum bei den Breitbandanschlüssen ist weiterhin positiv, legt aber weniger zu als im Vorjahr. Die Zahl der direkt geschalteten Breitbandanschlüsse (2 MBit/s oder mehr) steigt bis zum Jahresende um 800 000 Anschlüsse und damit um 2,9 Prozent auf 28,1 Millionen. Die Telekom gewinnt 300 000 hinzu, die Kabelanbieter 600 000. Die Wettbewerber im klassischen Festnetz hingegen verlieren: Zum Jahresende werden sie wohl 100 000 Anschlüsse weniger haben als ein Jahr zuvor. Gerpott vermutet hier Wanderungen der Kunden von den klassischen Alternativanbietern zum Kabel, aber auch zur Telekom zurück.

Der Anteil der Kunden im Breitbandmarkt, die bei der Telekom ihren Anschluss gebucht haben, liegt bei 45 Prozent. Die größten Wettbewerber waren Stand Ende Juni Vodafone und United Internet (1&1) mit je 11,9 Prozent, gefolgt von Telefónica (o2, Alice, 9 Prozent). Diese Mitbewerber nutzen zumindest auf der letzten Meile auch Infrastruktur der Telekom, da diese das Quasi-Monopol auf die letzte Meile (TAL), also die Leitung zum Kunden besitzt. Dass sie auf das Netz der Telekom angewiesen sind, ist laut Gerpott auch finanziell ein Problem für sie. Pro Euro Umsatz würden 65 Cent an die Telekom fließen. Dieser Betrag setzt sich aus 50 Cent für die TAL, 6 Cent für die Einrichtung der TAL und 9 Cent Interconnection-Kosten zusammen. Weitere 8 Cent gehen an andere Wettbewerber für Interconnection, so dass dem Wettbewerber 27 Prozent bleiben, um die eigenen Kosten zu decken und weiter auszubauen. Grundlage für diese Daten ist ein Anschluss für 19,99 Euro monatlich, mit 10 Stunden Telefonie ins Festnetz und 20 Minuten zum Handy.

Nur wenig Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen

Doch die Netzbetreiber bauen auch eigene Netze. Vor allem Glasfasernetze, die bis in die Keller der Kunden gehen, werden aktuell gebaut. Laut Studie sind bis Ende 2012 etwa 800 000 Haushalte an diese Highspeednetze angeschlossen. Doch nur 43 Prozent dieser erreichbaren Haushalte nutzen auch tatsächlich diese Hochgeschwindigkeitsanschlüsse und können von Carriern als zahlende Kunden auf einen Glasfaseranschluss überführt werden. Überhaupt scheinen hohe Datenraten für die Kunden nicht so wichtig zu sein, wie angenommen wird. Fast 50 Prozent der gebuchten Breitbandanschlüsse sind mit 2 bis 6 MBit/s im Downstream geschaltet. Der Anteil sehr schneller Anschlüsse mit mehr als 50 MBit/s bewegt sich bei noch nicht einmal einem Prozent (200 000 Anschlüsse). Anschlüsse mit bis zu 2 MBits/ gibt es in Deutschland 4,5 Millionen - 19,1 Prozent.

Vergleichen mit den Mobilfunknetzen, in denen in diesem Jahr 131 Millionen GB Daten übertragen werden, ist der Datentraffic im Festnetz gigantisch. Das pro Breitbandanschluss und Monat verbrauchte Datenvolumen nimmt dieses Jahr um 10,6 Prozent auf 12,5 GB zu. Das Gesamtvolumen wird sich auf voraussichtlich 4,4 Milliarden GB belaufen.

Call by Call bleibt auf niedrigem Niveau stabil

Totgesagte leben länger: Call by Call hat weiterhin eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung im Markt. 12,8 Prozent aller Gesprächsminuten der Telekom-Wettbewerber werden weiterhin über Call by Call oder Pre-Selection geführt. Das sind pro Tag 48 Millionen Minuten. Weitere 372 Millionen Minuten werden von den Alternativ-Anbietern per VoIP oder Kabel geneneriert. Damit haben die Verbindungsnetzbetreiber zwar weitere 8 Millionen Gesprächsminuten pro Tag eingebußt, verlieren jedoch nicht mehr so stark wie in den Vorjahren, wo ihnen in den vergangenen Jahren 23 oder in der Spritze sogar 35 Millionen Minuten pro Tag auf Jahresmittel verloren gingen. Gerpott rechnet damit, dass sich diese Form der Sprachtelefonie langfristig bei einem Anteil von zehn Prozent einpegeln wird.

Insgesamt hat der Festnetz(sprach)markt im vergangenen Jahr etwa 300 000 Anschlüsse verloren. Diese Kunden sind offenbar zu Mobilfunkanschlüssen gewechselt und beziehen höchstens noch Internet über klassische Festnetz- oder Kabel-Leitungen. Die Kabel-Anbieter haben 600 000 Kunden gewonnen, die Telekom-Wettbewerber 200 000. Und während die Telekom Breitbandkunden gewinnen konnte, hat sie Telefonkunden abgegeben: Mit 22,3 Millionen Sprachanschlüssen hat sie 1,1 Millionen eingebüßt.

Meldungen von und über Torsten J. Gerpott

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