Schlaue Software

Telekom: Mit schlauer Software Funkverbindungen optimieren

Die Telekom öffnete für ausge­suchte Jour­nalisten ihr norma­lerweise herme­tisch abge­riegeltes Versuchs­labor irgendwo in Bonn. Dort wurden Dinge gezeigt, die an Voodoo erin­nern.
Aus den geheimen Telekom-Labors berichtet

Die Deut­sche Telekom und der Soft­ware-Hersteller VMware haben gemeinsam mit Intel eine virtu­elle RAN-Platt­form (vRAN) entwi­ckelt. RAN ist die Abkür­zung für „Radio Access Network“ und bezeichnet im Mobil­funk die Kompo­nenten rund um die Antenne, wie Sender-Endstufen, Empfänger und die notwen­dige Signal­aufbe­reitungs- und Steue­rungs­logik.

Die neue Platt­form basiert erst­mals auf den Grund­lagen des "open RAN"-Stan­dards. Die Platt­form ermög­licht die Flexi­bilität des RAN (Radio-Access-Network), also des Funk­netzes, für LTE- und 5G-Netze zu erhöhen. Gleich­zeitig wird damit die tech­nische Infra­struktur (wie schon berichtet) unab­hängig von einer bestimmten Hard­ware oder einem Hersteller verfügbar gemacht. Derzeit wird diese Lösung in aufwen­digen Labor­tests umfang­reich geprüft und vali­diert, spricht fest­gestellt, ob sie genau das tun, was sie soll.

Statt fester Kompo­nenten eines bestimmten Herstel­lers in einem festen Gehäuse basiert die neue virtu­elle Funk­netz-Archi­tektur auf Soft­ware- und Cloud-Lösungen mit offenen Stan­dards und klar defi­nierten Schnitt­stellen. Dadurch besteht zum ersten Mal die Möglich­keit, Opti­mierungs­soft­ware für das Funk­netz einzu­setzen.

Klingt wie Voodoo: Soft­ware opti­mierte Funk­über­tragung

"Open RAN" basiert auf dem funktionierenden Zusammenspiel mehrerer Technik-Lieferanten im Netz "Open RAN" basiert auf dem funktionierenden Zusammenspiel mehrerer Technik-Lieferanten im Netz
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Dabei setzt die Telekom auf die Soft­ware der ameri­kani­schen Firma Cohere-Tech­nolo­gies. Das engli­sche Wort "Cohere" bedeutet "zusam­menhängen" und beschreibt die Wirkungs­weise der von diesem Unter­nehmen entwi­ckelten Soft­ware recht deut­lich.

Die ersten Tests zeigen: Mithilfe dieser Soft­ware kann die Effi­zienz eines LTE-Funk­netzes verdop­pelt werden, theo­retisch sogar vervier­facht. Das bedeutet aber nicht, dass die Daten­geschwin­digkeit des einzelnen Users steigt, sondern die Durch­satz­rate der Zelle.

Klas­sische Funk­technik verwendet Frequenz (FDMA) oder zeit­basierte (TDMA) Methoden. "Wir gehen in die räum­liche (spatial) Dimen­sion." Das Geheimnis liegt im MU-Mimo (Multi-User Multi Input Multi Output). Der Trick, so erklärt es Raymond P. Doland, der CEO von Cohere ist die Kenntnis des "Pfades", zwischen Antenne und Nutzer. Man muss den Funk­kanal genau kennen. Wie sauber kommen die Signale durch oder werden sie verfälscht und wenn ja, wie? Mit mathe­mati­schen Korrek­turen in Echt­zeit können so beispiels­weise Störungen heraus­gerechnet werden.

Durch die Auftren­nung kann die eNodeB (die Sende­station) über Antenne 1 mit dem Nutzer des Endge­rätes 1 und mit der zweiten Antenne mit dem Endgerät des Nutzers 2 zugleich "reden". Ein weiterer Punkt: Upload und Down­load lassen sich soft­ware­mäßig auftrennen und getrennt behan­deln.

Es kommt noch besser: Diese Soft­ware-basierte Platt­form ist skalierbar. Das heißt: Wird die Anzahl der realen Antennen, z.B. von zwei auf vier, erhöht, verdop­pelt sich auch die Effi­zienz des virtu­ellen Radio-Netzes.

Und dabei ist diese Technik nicht einmal so brandneu, sondern wurde bereits im Jahre 2010 im "Release 8" der 3GPP (Stan­dard­orga­nisa­tion für 3G, 4G, 5G und danach) spezi­fiziert.

Soft­ware vom 4G-Erfinder

Raymond P. Doland, CEO von Cohere Technologies, leitete vorher die Firma Flarion und gilt als Quasi-Miterfinder des 4G-Standards auf Basis von OFDMA Raymond P. Doland, CEO von Cohere Technologies, leitete vorher die Firma Flarion und gilt als Quasi-Miterfinder des 4G-Standards auf Basis von OFDMA
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Cohere-Chef Dolan muss es wissen, er gehört zu "Mit-Erfin­dern" des OFDMA-Prin­zips bei 4G. Damals war er Chef der Firma Flarion, die seiner­zeit die Technik zur Funk­versor­gung von ICE-Zügen auf dem ehema­ligen Frequenz­band des ehema­ligen C-Netzes (450 MHz) bereit­stellte. Zuvor hatte sich das Flarion-Prinzip schon bei T-Mobile in Tsche­chien bewährt.

Der open RAN-Stan­dard setzt auf ein umfang­reiches Ökosystem von Part­nern. Neben der Soft­ware von Cohere werden Kompo­nenten des Anbie­ters Mavenir einge­setzt. Mavenir war schon 2012 an der Einfüh­rung von VoLTE bei Telekom und Voda­fone betei­ligt.

Die Zusam­menar­beit wird die kommer­zielle Verfüg­barkeit beschleu­nigen, ist sich die Telekom sicher.

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