Von My Taxi zu Free Now: Gute Idee mutwillig zerstört
Das alte Logo war klar und logisch. Ein Mensch, der sich ein Taxi heranwinkt.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Fahren Sie Taxi? Vermutlich nicht so oft, weil es seinen Preis kostet. Wenn Sie aber auf Reisen in einer fremden Stadt sind, ist so ein Taxi eine praktische Sache. Sie kommen sicher von A nach B ohne Umsteigen und auch ohne Ortskenntnis oder Fernstudium des Linienplans.
Heranwinken mit dem Handy
Das alte Logo war klar und logisch. Ein Mensch, der sich ein Taxi heranwinkt.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Nun ist es nicht jedermanns Sache, wild gestikulierend auf der Straße nach einem Taxi zu winken, dann dem Fahrer zu erklären, wo man hin will (möglicherweise sprechen Sie die Landessprache nicht) und am Ende haben Sie vielleicht nicht genügend Bargeld zur Hand.
Oder Sie sehen kein Taxi und möchten eins anrufen.
Welche Rufnummer gilt?
Die Antwort: In jeder Stadt eine andere. Es gibt auch Handykurzwahlen, z.B. 0179-TAXI (= 0179-8294), aber nur im Netz von o2 zum Preis von 69 Cent die Minute oder es gibt fünfstellige Sonderrufnummern wie z.B. 22456. Sie könnten solche Nummern im SIM-Karten-Telefonbuch des Handys finden, abhängig vom Kartenanbieter. Die Kosten zu diesen Nummern sind ein weiteres Mysterium. Ein Anruf zur 22456 soll beispielsweise laut Homepage des Anbieters 69 Cent pro Minute (Taktung 60/60) kosten, in den Tariflisten der Telekom beispielsweise ist diese Nummer im Dokument "Sonderrufnummern" [Link entfernt] gar nicht zu finden. Auch bei Vodafone suchten wir ergebnislos.
App statt Anruf
Die App ist denkbar einfach und wirkungsvoll: Sie weiß, wo ich bin und wo ich hinwill. Das nächste Taxi ist in 1 Minute da.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Da sind Sie - wie auch immer - auf die Webseite oder Handy-App "MyTaxi" gestoßen. Dort melden Sie sich an, hinterlegen eine Bezahlungsmethode und das wars schon. Wenn Sie ein Taxi brauchen, starten Sie die App, lassen sich über die Navigation Ihres Handys "anpeilen", geben die Zieladresse ein und schicken die Bestellung ab. Sie erfahren, ob ein Wagen verfügbar ist, lesen den Namen des Fahrers oder oder Fahrerin, Autokennzeichen, ungefähre Dauer bis er/sie da ist, die Reisezeit und den ungefähren Preis.
Der/die Fahrer/in hat eine spezielle Fahrer-App auf seinem Handy, wo gleich die Zielführung zu sehen ist. Falls aber der Fahrer sein Zielgebiet nicht so genau kennen würde (ja das gibts mitunter, trotz Prüfung): Die App sollte es wissen. Zum Schluss kann man über die App noch ein Trinkgeld vergeben, den Fahrer bewerten und schlussendlich auch (bargeldlos) bezahlen. Die Abrechnung kann beispielsweise über Kreditkarte, Apple Pay oder PayPal erfolgen.
Anfangs Skepsis, dann Begeisterung
Anfangs war das Taxigewerbe skeptisch, denn die klassischen Taxizentralen waren auf einmal "außen vor". Viele Taxiunternehmer hatten sich darin zusammengeschlossen, um die Aufträge, die per Telefon reinkamen, gleichmäßig und fair unter den Taxis z.B. per Betriebsfunk (Taxifunk, 2m-Band) zu verteilen. Später kamen Datentelegramme dazu. Nun also die App, die auch noch vom größten Fahrzeuglieferanten der Daimer AG mit unterstützt wurde.
MyTaxi haben wir mehrfach ausprobiert, es funktionierte in 99 Prozent der Fälle absolut problemlos. Einmal gab es eine ungewollte "Rundfahrt" durch Berlin, weil die gesuchte Straße dort "mehrfach" vorhanden ist.
Also wäre eigentlich alles prima gewesen, aber wenn dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis. In den USA geistern schon einige Zeit Fahrdienste wie Uber und andere durch die Szene, die für den Kunden unglaublich günstige Tarife anbieten. Was der Fahrer am Ende verdient und ob er oder sie davon leben kann, interessiert die Macher erst einmal nicht. In Europa versuchte Uber Fuß zu fassen, geriet aber schnell mit dem Gesetz in Konflikt.
Taxis strikt geregelt
Wer in der Stadt X in ein offizielles Taxi steigt, kann vorher wissen, was es kostet, egal ob das Taxi von Unternehmen A, B oder C stammt, die Fahrpreise werden nämlich von der jeweiligen Stadt im Voraus festgelegt. Davon muss das Taxiunternehmen seine Fahrzeuge unterhalten, Energie (Benzin, Diesel, Gas oder Strom) kaufen, die Fahrer entlohnen und Steuern zahlen. Die Bedingungen im Taxigewerbe sind hart, aber bislang kamen die Fahrer irgendwie über die Runden. In Deutschland müssen Taxifahrer eine Ortskenntnisprüfung ablegen und vor Erteilung des "Scheins" ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.
Bei den neuen Preisbrechern wird gespart, wo es geht oder nicht geht. Beispielsweise bei Uber sollen die Fahrer mit eigenen Autos gefahren sein, Ausbildung, Qualifikation oder Versicherung? Man weiß es nicht genau. Deswegen ging es in Deutschland vor Gericht.
Der Mietwagen
Neben den offiziellen Taxis gibt es in Deutschland schon länger das Konstrukt "Mietwagen". Das ist nicht das, was es scheint, sondern ein Wagen mit Fahrer, den man "mieten" kann. Der hat kein Taxi-Schild und darf strenggenommen nur zum Besteller fahren, ihn ans gewünschte Ziel bringen und müsste dann wieder zu einem "Ausgangsort" zurückkehren, bevor die nächste Fahrt startet. Theoretisch. Dafür sind Mietwagen spürbar günstiger.
Offenbar gibt es (zuviele?) Kunden, die davon träumen, die Vorteile eines Taxis zu den Preises eines Linienbusses oder der U-Bahn nutzen zu können.
Die Macher bei MyTaxi hatten diesen Markt wohl auch im Blick und beschlossen, ihr einleuchtend verständliches Konzept dafür zu "opfern". Der neue Name "Free Now" ist so aussagekräftig wie "Guten Morgen". Die neue Idee: Mobilität vermitteln zu möglichst günstigen Preisen, egal wie. Das könnte ein Mietwagen sein, vielleicht auch als Sammelfahrzeug: Wenn mehrere (gegenseitig unbekannte Leute) das gleiche Ziel haben, wird es günstiger. Dass die lizenzierte Taxi-Szene nicht glücklich ist, versteht man schnell. Einige Taxiunternehmen planen bereits aus dem neuen Free Now wieder auszusteigen.
Automatisches Update auf Free Now
Mit welcher App würden Sie ein Taxi bestellen? Mit der roten in der zweiten Reihe rechts außen?
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Wer die MyTaxi-App auf seinem Handy hat, wird im Rahmen eines Updates zu Free Now migriert. Im Moment funktioniert noch alles wie gewohnt. Künftig sollen erst einmal "günstigere" Alternativen angeboten werden, bevor das Taxi herausgesucht wird.
Wir haben es in in Berlin ausprobiert: Das Konkurrenz-Angebot "Clever Shuttle" beispielsweise transportiert Leute mit Elektrofahrzeugen von A nach B. Clever Shuttle war auf den getesteten Routen gut die Hälfte billiger als Free Now (MyTaxi). Ging es aber um einen schnellen Transport (vormittags um 11 Uhr), hätten wir auf das Clever Shuttle 23 Minuten warten müssen, das "MyTaxi/FreeNow" war bereits nach einer Minute da.
Wer etwas Zeit hat und auf jeden Cent achten muss, wird weiterhin mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein, in Großstädten ist das Netz in der Regel recht gut ausgebaut. Dank der zahlreichen Apps der Nahverkehrsanbieter oder mit Google Maps findet man auch heraus, wo man ein-, aus oder umsteigen muss.
Wer schnell und komfortabel zum Ziel muss, wo die Kosten vom Arbeitgeber oder Auftraggeber erstattet werden, wird weiterhin Taxi fahren. Noch komfortabler wäre vielleicht ein reservierter Mietwagen der Edelklasse mit persönlichem Chauffeur, das ist dann sicher die teuerste Alternative und dürfte für die meisten Leser kaum in Frage kommen.
Der Name ist belanglos, der Zweck bleibt unklar.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Ich bleibe dabei: Die gute App-Idee von "MyTaxi" wurde erst einmal mutwillig zerstört.
Gibt es Alternativen?
Bei der Suche in den AppStores haben wir noch weitere Taxi-Apps entdeckt, beispielsweise von www.taxi.eu oder www.taxi-deutschland.net. Wie einfach sie im Vergleich zu MyTaxi/FreeNow nutzbar sind, wie komfortabel die Bedienung ist, werden wir in einem späteren Artikel einmal untersuchen.