US-Gewerkschaft gegen Fusion von T-Mobile US und Sprint
Die geplante Fusion der Telekom-Tochter T-Mobile US mit dem US-Mobilfunkanbieter Sprint in den USA ist für die amerikanische Gewerkschaft Communications Workers of America (CWA) "eine schlechte Nachricht für Arbeitnehmer und Verbraucher".
Die Deutsche Telekom habe es versäumt, ihren Einfluss auf T-Mobile US zum Schutz der Arbeitnehmerrechte zu nutzen und habe auf die Bedenken der CWA und anderer Interessengruppen nicht reagiert. Die CWA sei "eine der ersten Organisationen" gewesen, die zur Fusion Bedenken geäußert habe.
CWA-Präsident Chris Shelton hatte vor zwei Kongressausschüssen über die Auswirkungen der Fusion auf die Arbeitnehmer ausgesagt. Wer vor den Ausschüssen des amerikanischen Kongresses geladen wird, muss sich - ähnlich wie bei Gericht - einem umfangreichen "Verhör" stellen. Das Engagement der Gewerkschaft erlaubte es den Arbeitnehmern bei T-Mobile US gegenüber Kongressmitgliedern und der Aufsichtsbehörden der Federal Communications Commission (FCC) ihre Bedenken zu erläutern.
Marktkonzentration für Arbeitnehmer von Nachteil
Jody Calemine, oberster Rechtsberater (engl. "General Counsel") der Gewerkschaft erklärt das so: „Die CWA sieht im geplanten Zusammenschluss der Konkurrenten T-Mobile US und Sprint in den USA nach wie vor eine gefährliche Marktkonzentration, die sowohl für die Arbeitnehmer als auch die Kunden von Nachteil sein wird. Der Mutterkonzern Deutsche Telekom hält sich bislang auffallend zurück und macht seinen Einfluss in einem der wichtigsten Märkte für den Konzern nicht geltend. Ein großer Fehler."
Nachdem zunächst die Klage von zehn Bundesstaaten vorlag, haben inzwischen 13 Staaten und der District of Columbia eine Kartellbeschwerde unterzeichnet, worin sie "Schäden für Arbeitnehmer, Verbraucher und Communities in ganz Amerika befürchten, die durch den Zusammenschluss von T-Mobile/Sprint entstehen könnten". Diese Beschwerde solle die geplante Fusion von T-Mobile US und Sprint "blockieren". Generalstaatsanwälte aus Hawaii, Massachusetts, Minnesota und Nevada hätten sich der geänderten Staatsklage angeschlossen, die am vergangenen Freitag Gegenstand einer ersten Anhörung vor dem Bundesgericht war.
Scheinen keine Freunde zu sein: T-Mobile US CEO John J. Legere (links) und Gewerkschaftsboss Christopher M. Shelton (Mitte)
Foto: CWA USA / Agentur Sputnik
Debbie Goldman, Research and Telecommunications Policy Director bei der Gewerkschaft CWA, erklärte dazu: “Die Dynamik gegen die geplante Fusion von T-Mobile/Sprint wächst, nachdem vier weitere Staaten erkannt haben, dass der Zusammenschluss dieser beiden Unternehmen wettbewerbswidrig und schädlich für Arbeitnehmer, Verbraucher und Communities in ganz Amerika wäre. Diese 13 Staaten und der District of Columbia senden ein wichtiges Signal an die Gutachter des US-Justizministeriums sowie an die California Public Utilities Commission (CPUC), dass es ernsthafte Wettbewerbs- und Arbeitsmarktbedenken gibt, die mit dieser Fusion verbunden sind."
Bei einer ersten Anhörung im Daniel Patrick Moynihan Federal Courthouse in New York stellte U.S.-District-Richter Victor Marrero am Freitag fest, dass der Fall "traditionelle kartellrechtliche Fragen zur Marktkonzentration" aufwirft. Beide Seiten empfahlen einen Verhandlungstermin am 7. Oktober 2019, das Verhandlungsverfahren könnte zwei bis drei Wochen dauern, während alle Beteiligten ihre Argumente austauschen und dann eine Entscheidung gefällt wird.
Gewerkschaft wirft T-Mobile-US Verstöße gegen Gesetze vor
Die amerikanische Gewerkschaft CWA wirft "T-Mobile USA unter der Leitung des CEOs John J. Legere seit Jahren Verstöße gegen US-Arbeitsgesetze vor". Insbesondere verhindere T-Mobile USA, dass sich amerikanische Angestellte in der CWA organisieren und so für ihre Arbeitnehmerrechte eintreten könnten. Dabei werden sogar die harten Worte "Schikane" und "Einflussnahme" gebraucht, wie die "Befragung" von Mitarbeitern über ihre Gewerkschaftsaktivitäten, die Überwachung von Mitarbeitern, die sich organisieren sowie die Isolierung von Mitarbeitern aufgrund ihrer Gewerkschaftsnähe. Gewerkschaftsvertreter beklagen, dass Unternehmen wie T-Mobile US-Gewerkschaftsmitglieder entlassen hätten. Diese Einschüchterungsversuche und Drohungen müssten sofort gestoppt werden.
CWA: Deutsche Telekom soll eingreifen
Die amerikanische Gewerkschaft, die sich nun in Pressemitteilungen in deutscher Sprache an die deutschen Medien wendet, fordern die Deutsche Telekom und namentlich ihren Vorstandsvorsitzender Timotheus Höttges auf, "aus seiner Deckung zu kommen und auf John J. Legere einwirken, dass die Gewerkschaftsforderungen ernst genommen würden."
Denn anders als laut CWA von Höttges behauptet, sei die CWA nicht bloß „eine Stimme in einem Konzert“, sondern sieht sich als "entscheidender Player", wenn es zur Fusion mit Sprint kommen solle. Um nicht 30000 Arbeitsplätze in den USA zu gefährden, fordert die Gewerkschaft von T-Mobile US eine Arbeitsplatzgarantie auszusprechen. Zudem müsse die Deutsche Telekom das Jahrzehnt der illegalen Aktivitäten von T-Mobile in den USA beenden und sich verpflichten, "sich nicht einzumischen und die Rechte der US-Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu respektieren."
Die amerikanische Gewerkschaft CWA befürchtet durch die Fusion von T-Mobile und Sprint weniger Arbeitsplätze
Foto: CWA USA / Agentur Sputnik DE
Die Deutsche Telekom berufe sich gerne auf ihre Unternehmenswerte,schreibt die CWA weiter. Sie sei ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber, der sich an Gesetze halte und integer handle. Als Mehrheitsaktionär von T-Mobile US sei es für die Deutsche Telekom daher unerlässlich, "die Verantwortung zu übernehmen und das Verhalten ihrer Tochter T-Mobile US zu ändern."
Wer ist die CWA?
Die Communications Workers of America (CWA) ist eine US-amerikanische Gewerkschaft. Sie vertritt nach eigenen Angaben 700 000 Beschäftigte in den USA, Kanada und Puerto Rico. Gegründet wurde sie 1938 als "National Federation of Telephone Workers", sie sei heute in mehr als 10000 Orten der USA anzutreffen. CWA-Mitglieder arbeiten in den Bereichen Telekommunikation und Informationstechnologie, Luftfahrtindustrie, Nachrichtenmedien, Rundfunk- und Kabelfernsehen, Bildung, Gesundheitswesen und im öffentlichen Dienst, Strafverfolgung sowie in der Fertigung. Die CWA vertritt unter anderem die Interessen amerikanischer Arbeitnehmer der Unternehmen AT & T, Verizon, General Electric, New York Times, Wall Street Journal, United Airlines sowie American Airlines.
Eine Einschätzung
Liest man sich quer durch das Netz, dann scheinen Gewerkschaften in den USA für viele dortige Arbeitgeber oder Unternehmen ein "Werk des Teufels" zu sein, die man unbedingt aus den Unternehmen heraushalten müsse, weil sie "nur für Ärger" sorgen würden. Das erinnert uns hierzulande an längst vergangene Zeiten vor 50 oder 100 Jahren. Was in Deutschland (zumindest in größeren Unternehmen) längst gelebte Praxis ist, wo sich Gewerkschaften und Arbeitgeber in der Regel früher oder später auf mehr oder weniger vernünftige Lösungen einigen können, in den USA ist das offenbar noch Neuland.
Da die Deutsche Telekom stark an der Fusion mit Sprint interessiert ist, sollten sie sich eigentlich an allen Fronten und in allen Lagern "Verbündete" schaffen, um ihr Ziel zu erreichen.
Fusion kommt oder kommt nicht?
Je nachdem, wem man glaubt - stünde die Fusion wegen oben genannter Bedenken kurz vor der endgültigen Ablehnung. Andere Quellen sagen, sie stünde kurz vor der Genehmigung. Nur müssten dafür aber Unternehmensteile und Frequenzpakete abgespalten werden, um einen neuen vierten Anbieter zu ermöglichen.
Wenn letzteres stimmen sollte, stellt sich für den naiven Beobachter die Frage, warum die Fusion überhaupt noch stattfinden soll. Nach allem was bekannt ist, ist das Netz von US-Sprint technologisch veraltet und in einem "schlechten" Zustand. Interessant könnten also eher die Kunden von Sprint für T-Mobile sein, die auf das bereits bestehende GSM/LTE/5G-Netz migriert werden dürften. Danach könnte die veraltete Netztechnik von Sprint abgeschaltet und verschrottet werden.
Als Ziel der Fusion gilt ja, die teilweise noch gar nicht oder nur schlecht ausgebauten Gebiete mit modernem Mobilfunk zu versorgen. Das durch die Fusion eingesparte Geld soll - so die Ankündigungen - in den Netzausbau gesteckt werden.
Was die Arbeitsplätze anbetrifft, wird es sicher Verschiebungen geben. Mancher Arbeitnehmer könnte in Regionen umbesetzt werden, wo es bisher noch kaum Netz oder Angebote gab. Wenn das reibungslos funktionieren soll, müsste ein gutes Verhältnis zu den Gewerkschaften eigentlich selbstverständlich sein. Hier könnte Präsident Trump sein Land auch einmal "groß" machen und sich in Europa anschauen, wie so etwas richtig gemacht wird.