Streaming

Editorial: Erwartbares Urteil

Illegales Streaming bleibt illegal. Und auf illegales Streaming optimierte Boxen sind daher auch illegal. Aber braucht man die wirklich?
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Der Mediaplayer X9 von filmspeler.nl Der Mediaplayer X9 von filmspeler.nl
filmspeler.nl
In der Warez-Szene sorgt das EuGH-Urteil für Aufregung, dabei bestätigt es nur die bisherige Haltung der Gerichte in Sachen Urheberrechtsschutz: Der Verkauf von Mediaplayern, die ausdrücklich (auch) dafür ausgelegt sind, auch ohne Bezahlung Zugang zu ansonsten geschützten Inhalten (Live-Streams von großen Sportverantaltungen, aktuelle Kinofilme und Fernsehserien etc.) zu bieten, ist illegal. Man wird sich also auch künftig solche Geräte wohl eher selber basteln müssen. Das soll nicht allzu schwierig sein: Ein ausreichend performantes ARM-Entwicklerboard und darauf die richtige Software sollen bereits ausreichen. Allerdings ist es nicht ganz trivial, an die Schwarzseher-Software zu kommen: Die Filmindustrie macht Jagd auf Sites, die diese zum Download anbieten. Und etliche Redistributoren der Software ergänzen diese um lästige oder gar schädliche Viren und Trojaner, um so indirekt von der Weiterverbreitung zu profitieren.

Von daher ist verständlich, dass es Kunden gibt, die bereit sind, 189 Euro für den "Filmspeler X9" hinzulegen, um den es im Prozess ging. Das ist ein stolzer Preis, denn wohl (bis auf die installierte Software) vergleichbare legale Smart-TV-Boxen wie der Fire TV Stick von Amazon gibt es zuhauf für unter 50 Euro. Auch die genannten ARM-Entwicklungsboards sind für unter 50 Euro erhältlich. Die allergünstigste Lösung dürfte gar sein, das in so gut wie allen aktuellen Fernsehern eh vorhandene Smart-TV-Modul zu rooten, und darauf dann direkt die genannte Zusatzsoftware zu installieren. Allerdings ist das auch die gefährlichste Variante: Geht beim Rooten was schief, steht man mit einem kaputten Fernseher da.

Legale und illegale Verwertung

Der Mediaplayer X9 von filmspeler.nl Der Mediaplayer X9 von filmspeler.nl
filmspeler.nl
Das alles vorausgeschickt, ist es verständlich, dass der EuGH dem "Filmspeler" die Legalität abgesprochen hat. Die Kunden bezahlen ja nicht den vierfachen Preis im Vergleich zu anderen Filmabspielern, weil der Filmspeler eine bessere Videoqualität, besonders viel Speicher für die Aufzeichnung oder einen anderen Hardware-Vorteil bietet, sondern, weil sie sich erhoffen, sich künftig die Abogeführen für Netflix, Amazon Prime Video und Co. ersparen zu können. Damit werden aber die kommerziellen Videodienste, die ihr Material legal lizenzieren, entsprechend geschädigt.

Nun wurde in der Vergangenheit oft in den Medien - auch auf teltarif.de - darüber berichtet, dass die Abmahngefahr beim illegalen Streamen geringer ist als beim Filesharing. Nun, das gilt auch weiterhin: Der aktuelle EuGH-Prozess richtet sich ja nicht gegen Streaming-Nutzer, sondern gegen den Hersteller einer Streaming-Box. Eigene Streaming-Boxen im Internet vertreiben machen aber sicherlich die wenigsten User. Eine Garantie, dass beim Streamen keine Abmahnung droht, kann es aber nicht geben: Wenn die Filmindustrie eine Streaming-Site kapert, kann es immer passieren, dass ihr dadurch Logfile-Daten in die Hände fallen, die als Basis für Abmahnungen verwendbar sind.

Zum Glück ist die Zahl der legalen Streaming-Angebote in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Klar findet man dort nicht unbedingt die aktuellsten Blockbuster-Filme, noch live-Übertragungen großer Sportveranstaltungen. Doch reichen die Streaming-Angebote dank der Inhaltsfülle sicher für den alltäglichen Filmgenuss. Und die nächste Fußball-WM macht doch beim Public Viewing mit Gleichgesinnten in der Kneipe eh mehr Spaß, als mit einem wackeligen Stream zu Hause.

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