CES-Überraschung

Sony zeigt Elektroauto - Toyota baut Mini-Stadt der Zukunft

Experten rechnen schon lange damit, dass ein Tech-Konzern ein eigenes Auto vorstellt. Meist wurde Apple als Kandidat gehan­delt - doch nun gibt es statt­dessen ein Elek­troauto von Sony. Wie ernst meinen es die Japaner?
Von dpa /

Der Prototyp eines autonomen Elektrofahrzeugs von Sony wird auf der Technikmesse CES vorgestellt. Der Prototyp eines autonomen Elektrofahrzeugs von Sony wird auf der Technikmesse CES vorgestellt.
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Der Elek­tronik-Riese Sony geht über­raschend unter die Auto­bauer. Der japa­nische Konzern stellte auf der Technik-Messe CES in Las Vegas den Proto­typen eines Elek­troautos vor, schwieg aller­dings zu Produk­tions­plänen. Der japa­nische Auto­bauer Toyota kündigte den Bau einer eigenen kleinen Retor­tenstadt zum Testen von Zukunfts­technik wie Roboter­wagen an. Sein korea­nischer Konkur­rent Hyundai präsen­tierte unter­dessen den Proto­typen eines Luft­taxis - während Daimler mit einem Konzept­fahr­zeug einen Ausblick darauf gab, wie die Mobi­lität einer noch weit entfernten Zukunft aussehen könnte.

Sonys Konzept­auto blieb aber die größte Über­raschung zum CES-Auftakt. Der Prototyp namens Vision-S solle demons­trieren, welche Möglich­keiten in den tech­nischen Entwick­lungen aus dem Hause Sony steckten, sagte Konzern­chef Keni­chiro Yoshida am Montag (Orts­zeit). Dazu zählen Soft­ware, Sensoren und Sicher­heits­technik ebenso wie ein komplettes Enter­tain­ment­system. "Dieser Prototyp verkör­pert unseren Beitrag zur Zukunft der Mobi­lität", sagte Yoshida.

Deut­sche Zulie­ferer haben mitge­macht

Sony entwi­ckelte den Wagen zusammen mit einer ganzen Reihe von Part­nern - allen voran Magna Steyr aus Öster­reich, aber auch den drei großen deut­schen Zulie­ferern Bosch, Conti­nental und ZF. Die Elek­troauto-Platt­form sei geeignet, auch andere Fahr­zeug­typen wie etwa SUVs anzu­treiben. Sony selbst ist unter anderem stark bei Kame­rasen­soren, die zum Beispiel in vielen Smart­phones zum Einsatz kommen. Im Innen­raum des Vision-S fällt ein langes Display auf, das fast von Tür zu Tür reicht.

Experten hatten schon lange damit gerechnet, dass mit dem Vormarsch von Elek­trofahr­zeugen auch Elek­tronik-Konzerne in das Auto­geschäft einsteigen. Das wurde allem von Apple erwartet - der iPhone-Konzern stutzte jedoch sein jahre­langes Entwick­lungs­programm und konzen­triert sich aktuell auf Roboter­wagen-Tech­nologie.

Für Prognosen über die Markt­aussichten eines Sony-Autos sei es noch zu früh, sagte Bran­chen­experte Pedro Pacheco von der Analy­sefirma Gartner. Die Ankün­digung zeige zwar, dass Autos nun im Mittel­punkt der Sony-Stra­tegie stünden. "Aber es bleibt trotz der gewal­tigen Trans­forma­tion ein hartes Geschäft, wie der jüngste Rück­zieher von Dyson zeigt." Dyson, bekannt vor allem für beutel­lose Staub­sauger, hatte mehr als zwei Jahre lang an einem Elek­troauto gear­beitet und mehr als zwei Milli­arden Pfund inves­tiert. Ende vergan­genen Jahres gab die Firma jedoch die Pläne auf, weil sie keine Chancen sah, das Fahr­zeug profi­tabel zu bauen. Der Prototyp eines autonomen Elektrofahrzeugs von Sony wird auf der Technikmesse CES vorgestellt. Der Prototyp eines autonomen Elektrofahrzeugs von Sony wird auf der Technikmesse CES vorgestellt.
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Toyota: Vernetzte Stadt für 2000 Menschen

Trotz des Sony-Pauken­schlags blieb die ambi­tionier­teste Ankün­digung des CES-Starts der Plan von Toyota, eine expe­rimen­telle Stadt der Zukunft zu bauen, um Tech­nolo­gien wie das auto­nome Fahren verstärkt in realen Umge­bungen zu testen. Dafür wird das Gelände einer still­gelegten Fabrik des Auto­bauers in Nähe des Bergs Fuji umge­baut, wie Firmen­chef Akio Toyoda sagte. In der kompakten "Woven City" ("Verfloch­tene Stadt") sollen zunächst rund 2000 Menschen leben - unter anderem Toyota-Mitar­beiter mit ihren Fami­lien, Ruhe­ständler und Forscher. Die Grund­stein­legung ist für kommendes Jahr geplant.

Das Gelände hat eine Fläche von gut 70 Hektar. Als Stadt­planer wurde der däni­sche Star-Archi­tekt Bjarke Ingels enga­giert. Ein großer Teil der Infra­struktur - zum Beispiel Brenn­stoff­zellen-Anlagen für die Ener­giege­winnung - werde unter die Erde verlegt.

Eine zentrale Rolle in dem Konzept spielen Toyotas auto­nome Mehr­zweck­fahr­zeuge, die zum Trans­port von Menschen, aber auch als mobile Geschäfte oder Büros einge­setzt werden können. Die kasten­förmigen Wagen mit dem Namen e-Palette hatte der Konzern vor zwei Jahren in Las Vegas vorge­stellt. Am Montag präsen­tierte der südko­reani­sche Konkur­rent Hyundai ein ähnli­ches Konzept.

Toyota ist nicht der erste Tech­nologie-Konzern, der den Aufbau einer Stadt-Infra­struktur versucht. Google kündigte bereits 2017 ein ähnli­ches Projekt in der kana­dischen Metro­pole Toronto an, aller­dings nur auf einer Fläche von knapp fünf Hektar.

Daimler hingegen rückte bei der Präsen­tation seines "Vision AVTR" mehr die Natur als die Stadt in den Fokus. Das Konzept­fahr­zeug wurde in Zusam­menar­beit mit den Machern des Science-Fiction-Films "Avatar" von Regis­seur James Cameron konzi­piert. Es solle Möglich­keiten der Inter­aktion zwischen Mensch, Maschine und Umwelt aufzeigen - ein Motiv, das auch in dem 2009 erschie­nenen Film eine wich­tige Rolle spielt. Cameron arbeitet aktuell an Fort­setzungen.

Daimler: Komplette Flotte bis 2039 CO2-neutral

Daimler hat das Thema Nach­haltig­keit zu einem zentralen Punkt seiner Zukunfts­stra­tegie erhoben. Bis 2039 soll die gesamte Neuwa­genflotte von Mercedes-Benz CO2-neutral sein. Der aus nach­haltigen Mate­rialien gebaute "Vision AVTR" wird mit einer soge­nannten orga­nischen, also metall­freien Batterie auf der Basis von Wasser betrieben - in der Vorstel­lung seiner Entwickler jeden­falls. Bis ein solches System in der Praxis als Auto­antrieb zum Einsatz kommen kann, dürfte es laut Daimler wohl noch um die 15 Jahre dauern.

Zum Auftakt der CES wurde auch deut­lich, wie Pläne für die Roboter­wagen-Zukunft immer konkre­tere Gestalt annehmen. Das zeigt sich auch daran, dass neue Player in die Branche drängen. So kündigte der Chip-Konzern Qual­comm den Einstieg ins Geschäft mit Compu­tern für auto­mati­siertes Fahren und Robo­taxis an. Der chine­sische Drohnen-Spezia­list DJI will den Markt für Laser­radare, mit denen Roboter­wagen ihre Umge­bung abtasten, mit deut­lich güns­tigeren Geräten als bisher aufmi­schen.

Alle unsere Live-Berichte von der Messe finden Sie auf unserer Über­sichts­seite zur CES.

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