Auf der Flucht

NSA hackte Chinas Mobilfunk und Internet

Snowden flieht über Moskau nach Venezuela
Von / dpa

Snowden auf der Flucht Snowden auf der Flucht
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Der US-Geheimdienst NSA (National Security Agency) soll Millionen chinesischer Mobilfunknachrichten sowie wichtige Datenübertragungsleitungen der Tsinghua-Universität in Peking ausspioniert haben. Wie der nach Hongkong geflüchtete frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden in einem Interview der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" von heute berichtete, hat es 2009 auch Angriffe auf Computer von Pacnet in Hongkong gegeben, die seither aber eingestellt wurden. Pacnet ist Betreiber eines der größten Glasfasernetze in der Asien-Pazifik-Region und wickelt auch Internetverkehr mit den USA ab.

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Mit den Angriffen auf die renommierte Tsinghua-Universität in Peking zielte der Abhördienst auf eines der sechs großen Netzwerke des Landes, das Bildungs- und Forschungsnetzwerk CERNET, das dort angesiedelt ist. Es war einst das erste Internet-Netzwerk in China und hat sich zum größten Forschungsnetz entwickelt. Bei dem jüngsten Angriff im Januar seien allein an einem Tag mindestens 63 Computer und Server der Universität gehackt worden, berichtete Snowden. Er beschrieb die Angriffe als umfassend und intensiv.

GCHQ sei "schlimmer als die US(-Kollegen)"

Der Abhördienst habe auch Mobilfunkanbieter in China angegriffen, um SMS-Kurznachrichten abzufangen, berichtete Snowden. Solche Kurznachrichten über Handy sind in China ein besonders beliebtes Kommunikationsmittel. Im vergangenen Jahr wurden nach offiziellen Angaben fast 900 Milliarden SMS verschickt. Zuvor hatte der Ex-Geheimdienstmitarbeiter schon enthüllt, dass auch die chinesische Universität in Hongkong angegriffen worden sei, die die Zentrale des Internetverkehrs in der Hafenmetropole ist.

Erst am Freitag hatte die britische Zeitung "Guardian" unter Berufung auf Unterlagen Snowdens berichtet, dass der britische Geheimdienst ein noch viel umfangreicheres Abhörprogramm betreiben soll als die USA. Der Abhördienst GCHQ (Government Communications Headquarters) könne täglich bis zu 600 Millionen Telefonverbindungen erfassen, zitiert die britische Tageszeitung den in Hongkong untergetauchten IT-Spezialisten Snowden. GCHQ sei "schlimmer als die US(-Kollegen)".

Informant Snowden fliegt Richtung Moskau

Edward Snowden ist unterdessen von Hongkong Richtung Moskau abgeflogen. Die Zeitung "South China Morning Post" berichtete, Russland sei allerdings nicht das eigentliche Ziel. Die Reiseroute führe über die kubanische Hauptstadt Havanna nach Caracas in Venezuela, meldete der Radiosender Echo Moskwy heute unter Berufung auf einen Mitarbeiter von Aeroflot. Snowden befand sich am Mittag an Bord eines Aeroflot-Flugzeugs von Hongkong nach Moskau und soll dort um 17:15 Uhr Ortszeit (15:15 Uhr MESZ) landen. Im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo will Snowden nach den Angaben Richtung Lateinamerika umsteigen.

Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion bestätigte die Ausreise von Snowden. Es habe "keine rechtliche Grundlage" gegeben, ihn an der Ausreise zu hindern, hieß es nach Angaben des öffentlichen Radios RTHK in einer Mitteilung.

Die USA haben Snowden wegen Geheimnisverrats angeklagt und seine Festnahme in Hongkong beantragt. Da die vorgelegten Dokumente "nicht vollständig" die rechtlichen Anforderungen in Hongkong erfüllt hätten, seien die USA um zusätzliche Angaben gebeten worden, damit die Justizbehörden den Antrag prüfen könnten, teilte die Regierung mit. Bislang fehlten "ausreichende Informationen" dafür.

Die USA seien auch formell aufgefordert worden, die Berichte über Angriffe auf Computer in Hongkong durch amerikanische Behörden aufzuklären, teilte die Regierung weiter mit. Angesichts jahrelanger Vorwürfe der USA, das chinesische Hacker in Netzwerke und Computer in den USA eindringen, hatte die Regierung in Peking immer beteuert, dass China selbst Opfer großangelegter Computerspionage sei. Die Enthüllungen Snowdens stützten die chinesische Argumentation, weil plötzlich die USA als Täter darstünden, meinten Diplomaten in Peking.

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