Tipp

Handybilder retten bei defektem Display

Mit diesem Trick retten Sie Ihre Handy­fotos, obwohl sich der Entsperr­code aufgrund des Display­defekts nicht mehr per Touch eingeben lässt.
Von / Julian Ruecker

Nach Displayschaden: Nutzer sichern ihre Daten über einen preisgünstigen Trick Nach Displayschaden: Nutzer sichern ihre Daten über einen preisgünstigen Trick
Bild: teltarif.de
Heut­zutage verwenden viele Nutzer die Handy-Kamera für mehr als zur Aufnahme verein­zelter Schnapp­schuss-Bilder und lassen immer häufiger die große Kamera zu Hause bezie­hungs­weise verzichten ganz auf diese. Zur Siche­rung der Fotos, die auf dem internen Spei­cher des Handys liegen, werden diese meist per USB-Kabel auf den Rechner über­tragen. So kommt schnell eine große Menge an Bildern mit wert­vollen Erin­nerungen zusammen. Um Zugriff auf den Handy-Spei­cher zu erhalten, ist die Eingabe der Entsperr-PIN, einer Geste oder des Pass­worts erfor­der­lich.

Nach Displayschaden: Nutzer sichern ihre Daten über einen preisgünstigen Trick Nach Displayschaden: Nutzer sichern ihre Daten über einen preisgünstigen Trick
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Lässt man nun aus Versehen das Smart­phone fallen und bricht dabei nicht nur das Front­glas, sondern auch der Touch-Sensor und/oder das Display, drohen die Fotos verloren zu gehen. Sie sind zwar noch sicher im Smart­phone gespei­chert - doch wie kommt man an diese heran, wenn man auf dem Touch­screen keine Eingaben mehr machen kann? Einfach das Smart­phone über USB mit dem Computer verbinden und die Daten per PC auslesen geht auch nicht: Das Smart­phone lässt die Verbin­dung nämlich erst dann zu, wenn man die Entsperr-PIN einge­geben hat.

USB-Adapter ist für wenige Euro erhält­lich

Der USB-OTG-Adapter lässt sich einfach zwischen Tastatur und Smartphone koppeln Der USB-OTG-Adapter lässt sich einfach zwischen USB-Tastatur und Smartphone koppeln
Bild: teltarif.de
Das Ziel ist klar: Wir möchten uns Zugriff auf die Daten verschaffen und müssen dazu den Entsperr­code eingeben, ohne dabei den Touch­screen zu nutzen. Statt­dessen soll uns eine USB-Tastatur als alter­natives Einga­begerät dienen, die wir per USB-Adapter mit unserem Handy verbinden. So unglaub­lich es klingt: Wir verwenden dafür eine herkömm­liche USB-Tastatur. Bei den großen Online-Versand­händ­lern lassen sich "OTG USB Micro-B Daten­kabel" (oder auch moder­nere USB-C-Kabel/-Adapter) bereits für wenige Euro bestellen. Der On-the-Go-Adapter (USB OTG) hat auf der einen Seite einen USB-Eingang für die Tastatur und verfügt am anderen Ende über einen Micro-USB- oder USB-C-Stecker. Dank des OTG-Stan­dards kann das Handy mit anderen Geräten kommu­nizieren.

Nachdem wir den USB-Stecker in das Handy und die USB-Tastatur in den USB-Eingang des Adap­ters einge­steckt haben, tippen wir auf der Tastatur die Zahlen­folge des Entsperr-Codes ein. Gege­benen­falls muss die Eingabe noch mit der Enter­taste bestä­tigt werden. Nach erfolg­rei­cher Auto­risie­rung ist der Zugang zum Handy-Spei­cher frei­gegeben und das Handy kann nun mit einem herkömm­lichen USB-Daten­kabel mit dem PC verbunden werden. Einem Backup der Daten steht nun nichts mehr im Wege.

Auch Nutzer, die statt einem herkömm­lichen Entsperr­code ein Sicher­heits­muster fest­gelegt haben, können von dem Trick profi­tieren. Aller­dings schließt diese Nutzer­gruppe eine USB-Maus an den Adapter an, die zur Simu­lie­rung der Touch­gesten genutzt wird. Dabei ist die Entsper­rung aller­dings nicht so einfach wie beim PIN-Code, da der Nutzer zunächst abschätzen muss, an welcher Start­posi­tion sich der Maus­zeiger befindet und es somit etwas Probieren voraus­setzt. Es empfiehlt sich hierbei, den Entsperr­pro­zess an einem anderen Smart­phone mit funk­tions­tüch­tigem Display zu testen. Wir haben den Entsperr-Trick bereits erfolg­reich vor einigen Jahren auf dem Huawei P8 mit Android Lollipop durch­geführt.

Aller­dings kann der Kniff nicht bei allen Handys ange­wendet werden. So funk­tio­nierte die einfache Anwen­dung der alter­nativen Entsper­rung seiner­zeit etwa bei dem Galaxy S3 Mini nicht. Hier schien die Tastatur nicht mit Energie versorgt zu werden und deshalb ihren Dienst zu verwei­gern. Laut einem Beitrag im Android-Hilfe-Forum können Anwender die OTG-Funk­tion auf dem S3 Mini über den Umweg einer zusätz­lichen Ener­gie­ver­sor­gung dennoch nutzen, schrieb der Nutzer Asphyx60: "Micro-USB-OTG-Kabel + Extra-Strom Power Y-Adapter USB-Buchse + Lade-Stecker".

Komfor­tabler an der Stelle sind alter­nativ auch Docking-Stationen für Smart­phones. Diese bringen - je nach Gerät - neben verschie­denen USB-, Audio- und Video-Buchsen oft auch einen Anschluss für externe Ener­gie­ver­sor­gung mit. Zu beachten ist hierbei jedoch der jewei­lige USB-Stan­dard von Handy und Docking-Station, die kompa­tibel zuein­ander sein müssen. Dementspre­chend könnten dem Nutzer nicht immer alle Funk­tionen der Docking-Station zur Verfü­gung stehen. Das Anschließen von Maus und Tastatur sollte jedoch in der Regel funk­tio­nieren.

Test mit neueren Smart­phones

Tastatur per USB-OTG am Volla Phone X angeschlossen Tastatur per USB-OTG am Volla Phone X angeschlossen
Foto: teltarif.de
Ein aktu­eller Test mit zwei Geräten bestä­tigt diese Annahme. Getestet wurde mit dem Xiaomi Redmi 4X (santoni) mit Android-Betriebs­system (hier in der Version 9: Pie) und einer Micro-USB-Buchse sowie dem Volla Phone X mit Ubuntu Touch (Version 16.04) und einer USB-C-Buchse. Tastatur und Maus wurden jeweils mit einem nur wenige Euro teuren kleinen OTG-Adapter ange­schlossen und funk­tio­nierten sofort ohne Probleme, auch ohne zusätz­liche Ener­gie­ver­sor­gung.

Der weitere Zugriff hängt von verschie­denen Faktoren ab. Sobald das Volla Phone am Computer ange­schlossen wird, erscheint dort der Ordner, jedoch ohne Dateien. Hat der Benutzer eine Entsper­rung per Finger­abdruck einge­richtet, erscheinen die Ordner und Dateien nach der Entsper­rung per Finger­abdruck. Sollte dies aus irgend­einem Grund nicht funk­tio­nieren oder eine andere Methode einge­stellt sein, kann auch mit dieser gear­beitet werden, z. B. mit PIN. Beim Test-Gerät steht neben dem Finger­abdruck auch immer die PIN-Methode zur Verfü­gung. Dafür muss jedoch zunächst die Tastatur ange­schlossen und so er Bild­schirm entsperrt werden.

Auch hier ist es sinn­voll, das Verhalten des Geräts schon im Vorfeld mit funk­tio­nie­rendem Bild­schirm zu testen. Zunächst muss nämlich eine belie­bige Taste gedrückt werden, um den Bild­schirm zu akti­vieren, um anschlie­ßend die Entsperr-PIN eingeben zu können. Eine Bestä­tigung mit der Enter­taste ist in diesem Beispiel nicht erfor­der­lich. Nach dem Anschließen an den Computer erscheinen dann Ordner und Dateien und die Siche­rung kann beginnen.

Maus per USB-OTG am Xiaomi Redmi 4X angeschlossen Maus per USB-OTG am Xiaomi Redmi 4X angeschlossen
Foto: teltarif.de
Beim Redmi 4X bzw. Android wird im Test per Swipe-Muster entsperrt. Da man hier mit einer Tastatur nicht weiter­kommt, muss die Maus einge­setzt werden. Wie bereits erwähnt, ist jedoch das korrekte Wischen mit Maus nur schwer machbar, beson­ders wenn dies vorher noch nie getestet wurde. Hier müsste dann ein ähnli­ches Gerät mit demselben Muster einge­richtet und damit getestet werden, bevor versucht wird, dies auf das defekte Gerät zu über­tragen. Mit etwas Geduld könnte es jedoch funk­tio­nieren. Aller­dings stehen Android-Nutzer nun vor einem weiteren Problem: Nach Anschließen an den Computer wird das Gerät nur geladen ("keine Daten­über­tra­gung"), sodass zunächst kein Zugriff auf Ordner und Dateien möglich ist. Dies kann norma­ler­weise über die USB-Einstel­lungen am Handy (z. B. durch "Herun­ter­wischen von oben") einge­stellt werden, ohne funk­tio­nie­renden Handy-Bild­schirm ist dies aber nicht möglich.

Abhilfe schafft hier beispiels­weise der Einsatz von ADB (Android Debug Bridge), mit der dann über das Terminal auf Ordner und Dateien zuge­griffen werden kann. Beim Test konnte versuchs­weise eine Datei vom internen Spei­cher des Smart­phones auf den Computer über­tragen werden.

Siche­rung von Fotos per Spei­cher­karte, USB-Stick oder Cloud-Backup

Bei Handys, die über einen Spei­cher­karten-Steck­platz verfügen, lassen sich im Fall eines Display-Scha­dens die Fotos einfach auf dem PC laden, sofern die Spei­cher­karte zuvor in den Einstel­lungen der Kamera-App als Stan­dard-Spei­cherort fest­gelegt wurde. Für die Daten­über­tra­gung verbindet der Nutzer die Spei­cher­karte über ein Lese­gerät mit den PC.

Als eine weitere Möglich­keit, einem Daten­ver­lust zu entgehen, können Nutzer ihre Fotos über Cloud-Dienste wie Dropbox, Google Drive oder OneDrive synchro­nisieren lassen und haben so stets ein Online-Backup ihrer Bilder. Aller­dings ist es dazu erfor­der­lich, dass das Handy mit dem Internet verbunden ist, was gerade bei Auslands­reisen nicht immer der Fall ist. Auch Vorbe­halte beim Daten­schutz können Inter­essenten von den Ange­boten abhalten, deren Server sich mitunter in den USA befinden.

Zudem gibt es auch USB-Sticks die als Spei­cher­erwei­terung genutzt werden können, indem sie über den verbauten USB-Anschluss mit dem Handy verbunden werden. Diese sind preis­lich durchaus im Rahmen und können auch als herkömm­licher Stick mit dem PC verbunden werden.

In einem sepa­raten Ratgeber erläu­tern wir, wie Sie den Handy-Spei­cher auch ohne Spei­cher­karte erwei­tern können.

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