Star Trek Picard & Co: US-Serien künftig zu teuer für Free-TV?
Wiedersehen auf Amazon: Picard (Patrick Stewart) und Riker (Jonathan Frakes)
Foto: Trae Patton/CBS Interactive
Am 7. September 1990 flimmerte in Deutschland die erste Folge der Science-Fiction-Serie
"Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert" über die Bildschirme. Damals passierte
allerdings etwas, was heute kaum noch vorstellbar wäre: Der amerikanische Serien-Blockbuster
feierte seine Deutschlandpremiere im ZDF. Man stelle sich vor, eine HBO-Serie wie "Game of
Thrones" liefe heute in exklusiver deutscher Erstausstrahlung bei der ARD.
Nun gibt es ganz konkrete Gründe, warum dies vermutlich niemals mehr passieren wird. Einerseits geht es selbstverständlich um viel Geld, doch das ist nicht alles. Die US-Produktionsstudios wollen zunehmend stärkere Kontrolle über die Verwertungskette von eigenen Inhalten gewinnen. Dies wird vor allem für die Zuschauer von Free-TV-Sendern langfristig erhebliche Konsequenzen mit sich bringen. Sie müssen nämlich auf viele Erstausstrahlungen oder sogar ganz auf beliebte Serien verzichten.
Studios produzieren exklusiv
Wiedersehen auf Amazon: Picard (Patrick Stewart) und Riker (Jonathan Frakes)
Foto: Trae Patton/CBS Interactive
Die zwei aktuellsten Star Trek-Serien "Discovery" und "Picard" sind bereits das perfekte Beispiel
für eine solche Entwicklung. "Discovery" startete im September 2017 exklusiv bei
Netflix, während "Picard" im Januar 2020 bei
Amazon Prime Video auf Sendung geht.
Eine weitere Kuriosität ist, dass beide Serien in den USA bei CBS All Access gestreamt werden, wohingegen die Rechte für Europa bei zwei konkurrierenden Streaming-Diensten liegen. Aber auch diese merkwürdige Situation ist einfach aufzulösen: Star Trek-Rechteinhaber CBS wächst in den USA gerade mit dem Viacom-Konzern zusammen. Durch die Milliardenfusion entsteht neben Disney und WarnerMedia ein dritter großer Mediengigant, zu dem unter anderem Sender wie MTV, Nickelodeon, Comedy Central und das Filmstudio Paramount Pictures gehören.
Es ist eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Viacom mit einem globalen Streaming-Dienst auf den Markt geht. Bis dahin müssen die Inhalte in Europa aber an Drittanbieter lizenziert werden. Bei derartigen Lizenzgeschäften macht schlicht und einfach derjenige Bieter das Geschäft, der die größere Summe auf den Tisch legt. Offenkundig zeigte sich Amazon bei "Picard" großzügiger als Netflix.
Kooperationen mit Linear-TV
Aber was bedeutet diese Entwicklung nun generell für lineares Fernsehen? Gibt es Erstausstrahlungen künftig nur noch auf US-Streamingdiensten? Die Antwort hierauf ist ein klares Jein. Man muss davon ausgehen, dass die Zahl der Erstausstrahlungen bei Amazon, Netflix, Disney und HBO in den kommenden Jahren rapide zunehmen wird. Allein schon der Wettbewerb zwingt die Streamer, immer mehr exklusiven Inhalt zu produzieren, um die zahlenden Zuschauer bei der Stange zu halten.
Dennoch verfügen selbst milliardenschwere Medienkonzerne nicht über unbegrenztes Budget und können nicht alle Serien und Filme selbst produzieren. Zudem darf man nicht vergessen, dass auch deutsche Medienunternehmen wie ProSieben oder RTL über langfristige Lizenzverträge verfügen. Die Sublizenzierung von Content wird also auch in der Zukunft eine tragende Rolle in der Verwertungskette spielen. Wie das genau funktioniert, kann man aktuell an zwei anderen sehr bekannten Serien erkennen, welche bei mehreren Streaming-Diensten zeitgleich laufen.
Breaking Bad und Walking Dead
Die Geschichte um den krebskranken Chemielehrer Walter White, der sich nebenbei mit seinem ehemaligen Schüler Jesse Pinkman ein lukratives Crystal Meth-Vertriebsgeschäft aufbaut, läuft in Deutschland auf Netflix. Produziert wurde die Serie allerdings von Sony Pictures für das US-Network AMC. Bei Netflix hatte man offenbar schnell einen richtigen Riecher für den Erfolg der Produktion und sicherte sich entsprechenden Ausstrahlungsrechte unter anderem für Deutschland. Das dürfte für den Streamer aus Los Gatos zwar nicht unbedingt günstig gewesen sein, vermutlich aber immer noch deutlich attraktiver, als die Serie selbst zu produzieren.
Eine ähnliche Entwicklung gab es ebenfalls beim Zombie-Dauerbrenner "The Walking Dead" von AMC, der es mittlerweile auch bei RTL 2 ins Free-TV geschafft hat. Dennoch sollten sich Netflix, Amazon & Co. eher nicht auf derartige Kooperationen verlassen. Denn wer wie AMC erfolgreiche Blockbuster-Serien produziert, könnte früher oder später leicht auf die Idee kommen, selbst einen weltweiten Streaming-Dienst zu starten und somit in direkten Wettbewerb zu den Marktführern zu treten.
Trailer zu Picard bei Amazon Prime Video