Bildung

Was Schulbücher heute leisten müssen

Auf der Bildungsmesse Didacta wird das beste Schulbuch prämiert. Die Medien werden inzwischen oft durch digitale Angebote ergänzt. Wichtig ist aus Sicht von Forschern auch, dass sie die Lebenswelt der Kinder widerspiegeln.
Von dpa / Stefan Kirchner

Bildung und Ausbildung Das klassische Schulbuch wird kombiniert mit Cloud- und Software-Angeboten moderner
Foto: picture alliance / dpa
Längst bestimmen Smartphones und Tablets unseren Alltag. Problematisch wird es, wenn Schulbücher dieser Wirklichkeit hinterher­hinken. Denn neue Auflagen mit inhaltlichen Weiter­entwicklungen dauern oft etwas. "Schulbücher werden gemeinhin als träge Medien bezeichnet", sagt Eckhardt Fuchs, Direktor des Georg-Eckert-Instituts (GEI) in Braunschweig. Dennoch sieht der Professor für Historische und Vergleichende Bildungs­forschung positive Beispiele. Auf der Bildungs­messe Didacta in Hannover verleiht sein Institut an diesem Dienstag mit der Bundes­zentrale für politische Bildung und dem Didacta-Verband den Preis "Schulbuch des Jahres".

Für den Bildungs­forscher stehen digitale und traditionelle analoge Medien nicht in Konkurrenz, sondern ergänzen sich. Bei den Nominierungen für den Preis "Schulbuch des Jahres" seien vor allem ergänzende Materialien wie Arbeits­blätter, DVDs und Internet-Links aufgefallen. Als Beispiel nennt Fuchs das "Mbook Geschichte" von Cornelsen, bei dem die Verlinkung mit frei verfügbaren Materialien im Netz heraus­ragend sei. Das mache das Fach Geschichte spannend. Erweiterungen wie QR-Codes seien zudem längst im Einsatz.

Die Digitalisierung des Lernens

Bildung und Ausbildung Das klassische Schulbuch wird kombiniert mit Cloud- und Software-Angeboten moderner
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In der Bildungs­landschaft hierzulande sei auch Cloud Computing gerade ein heißes Thema, sagt Fuchs. Dabei sollen langfristige und verlässliche Strukturen entstehen, über die Lehrer und Schüler mit digitalen Medien orts- und geräte­unabhängig arbeiten können. Die Cloud-Lösungen funktionieren laut Fuchs ähnlich wie bekannte Angebote wie zum Beispiel Dropbox. Weil sie aber vom Land oder Bund betrieben werden, bieten sie im Vergleich zu profit­orientierten Angeboten Vorteile in Bezug auf die Daten­sicherheit. "Schwieriger gestalten sich die Fragen nach den Inhalten, die zukünftig in der Cloud für Bildungs­zwecke zur Verfügung stehen", meint Fuchs.

Dass die Digitalisierung die Gestaltung von Unterricht verändert und erweitert, sei heute klar, sagt Ilas Körner-Wellershaus, Leiter beim Ernst Klett Verlag. Noch gebe es aber kein Rezept, wie ein digital gestützter Unterricht aussehen müsse, um das Lernen nachhaltig positiv zu beeinflussen.

Für den Braunschweiger Lehrer Sebastian Staak reagieren die Verlage zu langsam auf Veränderungen. "Wir haben eine Schüler­generation, die anders liest als vor 10 Jahren", sagt Staak. "Darauf gehen die Verlage noch nicht ein. Sie entwickeln sich zwar langsam, hätten aber schon mehr schaffen können." Sein Alltag sei noch entfernt von multimedialen Lern­landschaften, es dominierten Arbeits­blätter auf Papier: "Wir Lehrer kopieren ganze Regenwälder leer."

Tomke Dreier, Lehrerin in Seesen, sagt: "Im Zuge der Inklusion muss auch das Schulbuch differenziert aufgebaut sein." Wichtig sei, dass Bilder die Texte unterstützen und sinnvoll ergänzen. Oft hätten die Bilder leider keinen Bezug zu den inhaltlichen Schwerpunkten.

Mehr Alltag als Schulbuchinhalt

Als positive Entwicklung sieht Bildungs­forscher Fuchs, dass Schulbücher besonders in der Kategorie Sprache zunehmend realistische Bilder vermitteln, etwa indem Kinder mit Schul­problemen auftreten. Auch familiäre Konflikte würden aufgegriffen. "Die Schulbücher sensibilisieren inter­kulturell, beschäftigen sich mit Alltags­fragen oder greifen Jugend­sprache auf", sagt Fuchs. In Zukunft werde zunehmend auch die Erwartung an die Bildungs­medien gerichtet, die Diversität der Schüler­schaft zu spiegeln und religiöse sowie kulturelle Fragen anzusprechen. "Im Klassen­zimmer sitzen junge Menschen, die unterschiedliche Sichtweisen auf die Geschichte und verschiedene Erfahrungen zu Lebens­weisen und Familien­konstellationen aus ihren Eltern­häusern mitbringen", sagt Fuchs.

Häufig seien Minderheiten allerdings noch als neu, anders oder fremd markiert. Die Politik habe zwar schon Weichen dafür gestellt, dass die Vielfalt in den Materialien und Lehr­plänen vorkommt. In der Praxis sei das aber noch nicht angekommen, auch weil die Lehrer­schaft und damit die Autoren von Schulbüchern noch sehr homogen seien. "Die Bücher werden sich aber erst so richtig verändern, wenn Menschen unterschiedlicher Prägung an ihnen mitschreiben", meint der Forscher.

Lesen Sie in einem weiteren Beitrag, wie moderne Technik dabei helfen kann, schlechte Schulnoten zu verbessern.

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