Akku-Technologie

Samsung verbessert Lithium-Akkus mit Graphen-Kugeln

Forschern von Samsung ist mit Graphen-Nanokugeln als Anodenmaterial und Kathodenbeschichtung ein technologischer Fortschritt gelungen. Die neuen Akkus enthalten 28% mehr Energie und lassen sich in 12 Minuten vollladen.
Von Stefan Kirchner /

Akku Könnte Samsung Li-Ion-Akkus mit Graphen-Kügelchen erheblich verbessern?
Bild: alexlmx - fotolia.com, Grafik/Montage: teltarif.de
So technisch ausgereift Smartphones heutzutage auch sind, der Akku ist immer noch ein Flaschenhals. Wer sicher gehen will, auch abends noch "Saft" im Handy zu haben, geht morgens am besten zusätzlich mit einer Powerbank aus dem Haus.

Daher wird viel Forschung rund um Akkus betrieben, um immer mehr Energie auf kleinstem Raum zu speichern. Genau damit beschäftigt sich auch das Samsung Advanced Institute of Technology, kurz SAIT, das nun eine weitere Verbesserung für Lithium-Ionen-Akkus hervor brachte. Das neue Herstellungs­verfahren ist bereits patentiert. Die Details wurden in einem Artikel in der Fach­zeitschrift Nature veröffentlicht. Während die derzeit handels­üblichen Smartphone-Akkus eine Ladezeit von einer Stunde aufweisen, soll ein Akku mit der neuen Technologie innerhalb von 12 Minuten komplett aufgeladen werden können. Zugleich soll die Kapazität um bis zu 28 Prozent gesteigert werden.

Heiliger Akku-Gral Graphen?

Akku Könnte Samsung Li-Ion-Akkus mit Graphen-Kügelchen erheblich verbessern?
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Graphen wird seit einiger Zeit intensiv zur Nutzung in Lithium-Ionen-Akkus untersucht. Dabei ist Graphen nichts anderes als einlagiger Graphit, wie man ihn (mehrlagig) von Bleistiftminen her kennt. Graphen ist ein guter Leiter für elektrischen Strom und Lithium-Ionen, aber zugleich ein schlechter Partner für chemische Reaktionen. Mit Graphen umhüllte Batterie­komponenten sollten also auf lange Zeit stabil bleiben, weil signifikant weniger Neben­reaktionen ablaufen. Zugleich sollten große Lade- und Entladeströme möglich sein. Doch leider ist der Umgang mit Graphen vergleichs­weise schwierig und das beginnt schon mit der aufwändigen Herstellung. Außerdem tendiert Graphen bei der Verarbeitung zum Verklumpen, so dass man am Ende dann doch wieder Graphit erhält.

Ihren Durchbruch in der Graphen-Forschung erreichten die Samsung-Forscher daher auch nicht mit purem Graphen, sondern mit Graphen-beschichteten Nano­kügelchen aus Silizium(dioxid). Interessanter­weise konnten sie diese sowohl bei der Kathode als auch der Anode einsetzen. Allerdings unterscheidet sich der Herstellungs­vorgang für beide Pole der von den Samsung-Forschern getesteten Lithium-Batterie deutlich. Als Kathoden-Material verwendeten die Samsung-Forscher das für Lithium-Ionen-Akkus gängige Lithium-Nickel-Kobalt-Mangan-Oxid (kurz NCM), allerdings in einer für künftige, hochkapazitive Akkus vorteil­hafteren Nickel-reichen Variante, bestehend aus 60 Prozent Nickel, 10 Prozent Kobalt und 30 Prozent Mangan.

Das NCM wurde ebenfalls kleingemahlen, allerdings bei weitem nicht so fein wie das Silizium­dioxid. Letzteres wurde in den Nanometer-Bereich klein­gemahlen, das NCM hingegen "nur" in den Mikrometer-Bereich. Die NCM-Kügelchen waren also tausendfach größer als die Graphen-Silizium-Kügelchen. Dann wurden NCM und die Graphen-Silizium-Kügelchen gemischt und 10 Minuten lang kräftig durchgerührt. Die Forscher erhielten daraufhin eine Art Teig aus NCM-Körnern, auf deren Oberfläche jeweils dicht an dicht die Graphen-Silizium-Kügelchen angereichert wurden. Dabei machten die Graphen-Silizium-Kügelchen nur etwa ein Prozent der Gesamt­masse aus, aber fast die gesamte Oberfläche. Da das Graphen wiederum nur etwa die Hälfte der Masse der Kügelchen ausmachte, lag der gesamte Graphen-Gehalt dieses Kathoden­materials sogar bei nur etwa 0,5 Prozent.

Viele positive Eigenschaften

Dennoch scheint das Graphen Wunder bewirkt zu haben: Wie die Forscher durchs Elektronen­mikroskop nachweisen können, bildeten die Graphen-Kügelchen die bereits beschriebene dichte Schutzhülle rund um die NCM-Partikel. Letztere veränderten sich daher auch nach vielen Lade- und Entladezyklen nur kaum, insbesondere klumpten sie mit der Zeit nicht zusammen, wie es sonst bei gängigen Lithium-Batterien der Fall ist. Zugleich steigerten die Graphen-Kügelchen die Leit­fähigkeit der Kathode. Dadurch wiederum wurde deutlich weniger des bisher üblichen Binde-Material benötigt, weshalb die NCM-Partikel ihrerseits wiederum deutlich dichter gepackt werden konnten. Die Kathode wurde deswegen zwar nicht leichter, aber im Gegenzug merklich kompakter. Die Forscher schreiben, die volumetrische Kapazität erhöhte sich um ca. 33 Prozent.

Die Graphen-Kügelchen selber stellten die Forscher aus Siliziumdioxid-Nanopartikeln (also letztendlich ganz, ganz feinem Sand) und Methangas her. Bei 1000 °C wurde auf den Nano­partikeln eine einlagige Graphit-Schicht abgeschieden, das ersehnte Graphen. Es handelte sich also nicht um eine planare Graphen-Schicht, sondern um eine Siliziumdioxid-Kugeln - vereinfacht gesagt eine Art Sandkorn - eingewickelt mit Graphen. Bei der Herstellung wurde ein Teil des Sauer­stoffs des Silizium­dioxids verbraucht, weswegen als Neben­produkte auch Wasser und Kohlenmonoxid beziehungsweise -dioxid entsteht, die abgeleitet wurden.

Die Forscher testeten die Silizium-Graphen-Kügelchen aber nicht nur als Schutz­schicht für das eigentliche Kathoden­material NCM, sondern zugleich auch direkt als Anoden­material. Es ist schon lange bekannt, dass Silizium und Graphen an sich hervorragende Materialien für Lithium­anoden sind, jedoch verbunden mit zwei Problemen: Silizium ist als Anoden­material sogar zu gut, es saugt so viel Lithium auf, bis es bricht. Graphen eignet sich zwar ebenfalls extrem gut, ist aber im Gegensatz dazu extrem teuer in der Herstellung. Mit den nun vergleichs­weise günstig herstellbaren Silizium-Graphen-Kügelchen scheinen die Samsung-Forscher beide Probleme auf einmal gelöst zu haben: Die Silizium-Nanopartikel waren klein genug, dass sie beim Lithium-Beladen nicht platzten. Durch die Graphen-Beschichtung waren sie wiederum sehr gut geschützt. Die Anode wurde daher einfach aus zusammen­gepressten Silizium-Graphen-Kügelchen hergestellt.

Stresstest bei 60 °C

Um zu demonstrieren was der neue Akku kann, setzten die Forscher ihn bei 60 °C unter Stress. 500 Lade- und Entladezyklen musste die neue Batterie durchhalten und zwar beim Laden mit 5C, also einem Ladestrom, der die Zelle in nur 12 Minuten volllädt. Wie die nach­folgende Grafik zeigt, litt die Batterie während der ersten 100 Zyklen nur mäßig. Danach blieb die Kapazität trotz der harten Bedingungen während der nächsten 400 Zyklen fast konstant. Das Graphen-Kügelchen-Prinzip für Li-Ion-Batterien eignet sich daher hervorragend für die anspruchs­vollen Bedingungen, die in den großen Akku-Packs von Elektroautos beim Schnell­laden herrschen, wenn die beim Schnell­laden unvermeidlichen Strom­verluste den Akku aufheizen. Akku Verlaufsdiagramm der Ladezyklen-Testreihe mit 5C
Bild: Nature Magazine / SAIT
Zugleich erreichte die Testzelle eine um 27,6 Prozent höhere volumetrische Energie­dichte als eine herkömmliche Zelle aus NCM und Graphit. Da letztere bereits bis zu 0,63 kWh pro Volumen­liter speichern können, schätzen die Samsung-Forscher, mit der nun vorgestellten, mit Graphen verbesserten NCM-Zelle auf 0,8 kWh pro Volumen­liter zu kommen. Die Batterie des Chevrolet Bolt, das derzeit nach Stückzahl in den USA meist­verkaufte Elektro­auto, mit 60 kWh wäre mit dem neuen Material daher gerade mal noch 75 Liter groß. Kaum größer als der einfache Treib­stofftank eines herkömmlichen Autos und damit bedeutend kleiner als die Batterie des aktuellen Chevrolet Bolt. 300 Kilometer Reichweite pro Ladung und 500 Ladezyklen ergeben zudem eine Batterie-Lebensdauer von 150 000 Kilometer. Da die Batterie­kapazität nach den ersten 100 Zyklen zudem nur noch langsam fällt, sind wahrscheinlich sogar 1000 Zyklen möglich, das entspräche dann einer Batterie-Lebensdauer von 300 000 Kilometer.

Stetige Entwicklung

Die Lithium-Ionen-Technologie für Batterien selbst wurde bereits 1991 eingeführt, um ältere Technologien basierend auf Nickel abzulösen. Seitdem wurde das Prinzip der Lithium-Ionen-Technologie stetig in kleinen Schritten verbessert, um die Zahl der möglichen Auflade­zyklen zu verbessern, die Energiedichte zu erhöhen und die Akkus auch sicherer zu machen.

Gerade wegen der erzielten Erfolge und des technologischen Alters gilt der Lithium-Ionen-Akku allgemein als ausgereizt. Um so mehr erstaunt, dass es immer noch Durchbrüche gibt, wie den hier vorgestellten. Daneben gibt es immer auch die Möglichkeit, die Kapazität zu erhöhen, indem man den Akku einfach größer baut. Wir haben daher getestet, welche Smartphones bei teltarif.de am längsten mit einer Akkuladung aushalten.

Wann die neue vom SAIT entwickelte Verbesserung in kommerziellen Produkten eingesetzt wird, ist indes noch unklar. Samsung hat sich zumindest die Patentrechte in Südkorea und den USA bereits gesichert, sodass einer kommerziellen Vermarktung kaum etwas im Wege stehen dürfte.

Lesen Sie in einem weiteren Beitrag, wie Elektroschrott und insbesondere defekte Akkus umweltgerecht entsorgt werden.

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