Themenspezial: Verbraucher & Service Nachgefragt

Verspätete Roaming-Freischaltung: Erlaubt oder nicht?

"Zur Prüfung der Netz- und Abrechnungsfunktionalität Ihres Vertrags ist Roaming weltweit während der ersten 6 Wochen gesperrt" - so oder ähnlich steht es in den AGB einiger Provider. Doch dürfen diese das überhaupt? Wir haben bei der BNetzA nachgefragt.
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Sofort nach Vertragsabschluss in den Strandurlaub: Nicht mit allen Handy-Tarifen Sofort nach Vertragsabschluss in den Strandurlaub: Nicht mit allen Handy-Tarifen
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Neuen Mobil­funk­vertrag ab­ge­schlossen, und sofort nach der SIM-Freischaltung für einen Kurztrip ins EU-Ausland oder zu einem Tagesausflug über die Grenze ins Nachbarland: Dank reguliertem EU-Roaming kein Problem, oder? Manch ein Handy-Nutzer hat sich schon verwundert die Augen gerieben, weil das Handy sich im Ausland partout nicht ins Netz einbuchen wollte. Hatte der Provider nicht sogar mit EU-Roaming geworben?

Die Tarifexperten von teltarif.de entdecken in den AGB von Mobil­funk­tarifen immer wieder einmal überraschende Klauseln, die bei den Kunden zur Verwirrung führen können. Eine davon ist die angekündigte verspätete Freischaltung des Roamings. Wir haben uns einmal bei der Bundesnetzagentur erkundigt, ob die Provider das überhaupt dürfen.

Erstes Beispiel: Roaming erst nach 6 Wochen freigeschaltet

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Ein Provider, der eine derartige Klausel schon seit mehreren Jahren in seinen Nutzungsbedingungen hat, ist Klarmobil. In der Roaming-Preisliste von Klarmobil ist auf der ersten Seite unten zu lesen:

Zur Prüfung der Netz- und Abrechnungsfunktionalität Ihres Vertrags ist Roaming weltweit während der ersten 6 Wochen gesperrt und wird danach automatisch für Sie zum darauffolgenden Monatsersten aktiviert.

Dies bedeutet, dass der Kunde Roaming im ungünstigsten Fall nur in 22 von 24 Vertragsmonaten nutzen kann. Eine frühere Roaming-Freischaltung auf Anfrage des Kunden, beispielsweise gegen Hinterlegung einer Sicherheit, sehen die Nutzungsbedingugen nicht vor. Immerhin befindet sich dieser Passus nicht nur in diesem Dokument, sondern auch in den Tarif-PDFs von Klarmobil. Wer also nicht alle Nutzungsbedingungen von Klarmobil vorab gelesen hat, aber imerhin die seines Vertrags, sollte über den Umstand informiert sein.

Klarmobil ist ein Anbieter, der einen Großteil seiner Umsätze mit dem Vertrieb von Tarifen über das Internet generiert. Klarmobil muss also erst einmal davon ausgehen, dass die Angaben zu Adresse und Bankverbindung, die der Kunde ins Online-Bestellformular eingegeben hat, korrekt sind. Rein theoretisch könnte der Kunde aber eine korrekte Postadresse für die Zustellung, gleichzeitig aber eine falsche Bankverbindung angeben. Dann könnte der Kunde sofort nach Freischaltung der SIM ins außereuropäische Ausland fliegen, dort ein hohes Roaming-Aufkommen generieren und darauf warten, bis Klarmobil die vorausgelegten Gebühren in irgend einer Weise bei ihm eintreibt (oder darauf verzichtet). Der Großteil der Mobilfunkprovider nimmt dieses Risiko auf sich, Klarmobil aber offenbar nicht.

Zweites Beispiel: Roaming-Freischaltung erst nach zweiter Bonitätsprüfung

Ein weiteres Beispiel für eine angekündigte spätere Roaming-Freischaltung fanden wir in den Postpaid-AGB von PremiumSIM [Link entfernt] . Dort heißt es unter Punkt IV, 2b:

Zusatzleistungen: Der Diensteanbieter behält sich eine Freischaltung des internationalen Roamings [...] und weiterer internationaler Verbindungen sowie Premium-Dienste [...] beim Mobilfunknetzbetreiber von bis zu acht (8) Wochen nach Vertragsbeginn vor, soweit die Parteien solche Zusatzleistungen bei Vertragsschluss nicht ausdrücklich ganz oder teilweise ausgeschlossen haben. Für eine vorzeitige Freischaltung der Zusatzleistungen [...] behält sich der Diensteanbieter eine separate Bonitätsprüfung vor.

Bonitätsprüfungen sind bei Mobilfunk-Vertragsabschlüssen heutzutage ganz normal, egal ob es sich um einen Vertrag mit einmonatiger oder 24-monatiger Mindestvertragslaufzeit handelt. Bei Prepaidkarten sind sie nicht notwendig, so lange sich der Kunde selbst um die Aufladung seines Guthabens kümmert. Bei der Einrichtung einer Komfortaufladung vom Bankkonto mit SEPA-Lastschriftmandat führen die Provider aber auch bei Prepaidkarten eine Bonitätsprüfung durch.

Bei PremiumSIM ist es also vermutlich auch so, dass der Anbieter sich erst einmal zwei Monate anschaut, wie der Kunde den Vertrag nutzt. Immerhin ist es möglich, dass der Kunde das Roaming beim Kundenservice vorzeitig freischalten lässt, wenn er in eine zweite Bonitätsprüfung einwilligt. Was diese dann verglichen mit der beim Vertragsabschluss bereits durchgeführten ersten Bonitätsprüfung bringen soll, ist allerdings unklar. Fragt Drillisch nochmals bei anderen Auskunfteien nach oder bittet um Daten, die bei der ersten Prüfung nicht abgefragt wurden?

Das sagt die BNetzA zur verspäteten Roaming-Freischaltung

Wir wollten von der BNetzA wissen, ob Provider von Vertragstarifen überhaupt dazu berechtigt sind, Roaming erst mehrere Wochen nach Vertragsbeginn freizuschalten oder ob dies laut der EU-Regulierung nicht bereits ab dem Zeitpunkt der SIM-Freischaltung aktiviert werden müsste. Außerdem fragten wir, ob ein Provider für Vertragstarife dazu gezwungen werden kann, (EU-)Roaming sofort ab dem Tag der SIM-Freischaltung bereitzustellen und ob die Provider "Netz- und Abrechnungsfunktionalitäten" oder andere Gründe vorschieben dürfen, um Roaming verspätet freizuschalten. Dazu schrieb und die BNetzA:

Durch die Roaming-Verordnung wird eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Roaming-Diensten nicht begründet. Eine Bereitstellungspflicht von Roaming-Diensten ab dem Tag der SIM-Freischaltung besteht nicht.

Darüber hinaus baten wir die BNetzA um eine Einschätzung dazu, ob Provider das Recht dazu haben, zusätzlich zur bereits eingeholten Bonitätsauskunft für den Vertrag eine zweite, separate Bonitätsauskunft für die Freischaltung des Roamings einzuholen. Darauf antwortete uns die Behörde:

Verträge mit Tele­kommuni­kations­unter­nehmen unterfallen grundsätzlich denselben zivilrechtlichen Regelungen, wie Verträge mit Unternehmen aus anderen Wirt­schafts­be­reichen. Maßgeblich sind die im konkreten Vertrag und den Allgemeine[n] Geschäftsbedingungen beziehungsweise den Leistungsbeschreibungen und Preislisten des Unternehmens getroffenen Vereinbarungen sowie das Bürgerliche Gesetzbuch. Anforderungen hinsichtlich einer Bonitätsauskunft über den Vertragspartner ergeben sich nicht aus der Roaming-Verordnung beziehungsweise aus anderen tele­kommuni­kations­recht­lichen Vorschriften.

Handy-Kunden, die sofort nach Abschluss ihres Mobilfunkvertrags mit diesem ins Ausland reisen möchten, sollten sich die AGB des Providers also genau anschauen und abklären, ob die Roaming-Nutzung sofort möglich ist oder unter welchen Bedingungen Roaming vorzeitig durch die Kundenbetreuung freigeschaltet werden kann.

BNetzA-Einschätzung zu Tarifen ganz ohne Roaming

Bereits rund um den Start der EU-Roaming-Regulierung gab es erste Provider, die Tarife ganz ohne Roaming kreierten. DeutschlandSIM ist beispielsweise eine Drillisch-Marke, die nur noch nationale Tarife anbietet. Auch zu diesem Phänomen haben wir bereits die Bundesnetzagentur befragt:

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