Was bedeutet die DAB+-Pflicht in Radios für Verbraucher?
Der Handel muss in Zukunft mehr Digitalradios anbieten
Bild: Alan Electronics
Schon bald sollen alle höherwertigen Radios verpflichtend einen Chip für digitalen Radioempfang besitzen. Nach dem Bundeskabinett und weiteren Ausschüssen hat jetzt auch der Bundestag dem Gesetzentwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes abschließend zugestimmt. In einem FAQ erläutern wir, was das für den Handel und den Endverbraucher bedeutet.
Warum wird diese Pflicht überhaupt eingeführt?
Radio ist die letzte verbliebene, analoge Insel in einer vollständig digitalisierten Technik-Welt. Noch immer werden im Handel mehr analoge als digitale Radiogeräte verkauft, trotz steigender Zahlen für DAB+. Die Gesetzesänderung zielt darauf ab, die Verbreitung des digitalen Rundfunks zu fördern. Ohne diese Maßnahmen hätte es noch Jahre gedauert, bis sich digitales Radio am Markt durchgesetzt hätte.
Die Novelle soll mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Vorher müssen noch der Bundesrat zustimmen und der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnen. Das gilt jedoch inzwischen als Formsache.
Welche Geräte sind betroffen?
Der Handel muss in Zukunft mehr Digitalradios anbieten
Bild: Alan Electronics
Die Novelle sieht die Einführung einer Ausrüstungspflicht in Form eines Gerätes vor, das zumindest den Empfang und die Wiedergabe von Hörfunkdiensten ermöglicht. In Bezug auf Autoradios ist die Regelung an die EU-Richtlinie 2018/1972 angelehnt, wonach das Autoradio zumindest den Empfang und die Wiedergabe von Hörfunkdiensten, die über digital-terrestrischen Rundfunk (in der EU derzeit nur DAB+) ausgestrahlt werden, ermöglichen muss. Das bedeutet, wer künftig ein neues Auto samt Car Hifi-Anlage kauft, hat zumindest DAB+-Empfang ohne Aufpreis an Bord.
In Bezug auf übrige, für Verbraucher bestimmte, überwiegend für den Empfang von Ton-Rundfunk bestimmte Radiogeräte macht die Regierung von dem in der Richtlinie eröffneten Gestaltungsspielraum derart Gebrauch, dass der Empfänger zumindest den Empfang und die Wiedergabe von Hörfunkdiensten eines beliebigen, digitalen Verbreitungsweges ermöglichen muss.
Diese Ausrüstungspflicht lehne sich an die Ausrüstungspflicht für Autoradios an, erweitere aber die Auswahl an möglichen Empfangswegen und dehne sie unter anderem auf den Empfang von Internetradio aus, heißt es in dem Entwurf. Auch künftige Rundfunktechnologien wie 5G Broadcast wären durch die TKG-Novelle abgedeckt.
Kann ich weiter ein Radiogerät ohne digitalen Empfang kaufen?
Die Ausrüstungspflicht betrifft nur Radiogeräte, die den Programmnamen anzeigen können, also zumindest UKW-Empfang mit RDS bieten. Solche Geräte müssen künftig auch einen Chip für digitalen Empfang, also nach heutigem technischen Stand DAB+ und/oder Internetradio, eingebaut haben. Radios, die lediglich die Frequenz anzeigen oder über eine Drehskala zur Senderauswahl verfügen, dürfen weiter als rein analoge Geräte verkauft werden.
Ausgenommen sind Geräte, bei denen der Funkempfänger eine reine Nebenfunktion einnimmt, also beispielsweise Soundbars mit zusätzlichem Radio oder alle Smartphones, wobei diese auch für Internetradio tauglich sind. Es ist trotzdem nicht mehr empfehlenswert, noch rein analoge Modelle zu kaufen, da die Politik mittelfristig ein Ende des analogen UKW-Hörfunks anstrebt.
Werden DAB+- oder Internetradios dank der Gesetzesnovelle billiger?
Damit ist zu rechnen, da mit höherer Nachfrage auch die erforderlichen Chips günstiger werden. Der Einstiegspreis bei DAB+-Radios könnte damit von derzeit rund 30 auf 20 Euro fallen, der bei Internetradios von rund 50 auf 40 Euro. Eine ähnliche Entwicklung hat es in Großbritannien und Norwegen gegeben, wo DAB+-Radios mit steigender Nachfrage immer günstiger geworden sind.
Wie viele derzeit erhältlichen Modelle dürfen nicht mehr verkauft werden?
Wir haben eine Stichprobe in einem Supermarkt gemacht. Hier wären sechs von insgesamt über 30 Radiomodellen betroffen. Es handelt sich um Unterbau-Küchenradios, Radiowecker, Kofferradios oder CD-Radios, die UKW-Empfang mit RDS bieten. Alle anderen Modelle haben entweder schon DAB+ eingebaut oder besitzen keine Anzeige des Sendernamens, dürfen also weiter verkauft werden.
Unklar ist, ob der Handel die derzeit noch in den Regalen stehenden Modelle mit Beginn der Gesetzes-Gültigkeit ausverkaufen darf oder ob sie aus dem Verkauf genommen werden müssen. In jedem Fall dürfen die Händler diese Modelle nicht mehr nachordern.
Darf ich meine alten Radios noch bei ebay oder auf dem Flohmarkt verkaufen?
Die Regelung gilt nur für den gewerblichen Handel. Private Verkäufe sind weiter möglich. Mit Gebrauchtgeräten kann auch gewerblich weiter gehandelt werden. Nur neue Radios sind von der Regelung betroffen.
Wie sieht es mit ausländischen Shops etwa bei ebay oder Amazon aus?
Die Regelung gilt nur für im deutschen Handel verkaufte Geräte, also Läden oder Onlineshops, die in Deutschland angesiedelt sind. Exporte etwa aus Fernost über ausländische Amazon- oder ebay-Shops dürfen weiter nach Deutschland geliefert werden. Wie bereits oben erwähnt, ist ein solcher Kauf aber nicht mehr empfehlenswert, zumal jedes DAB+-Radio auch noch über analogen UKW-Empfang verfügt.
Was bedeutet die Gesetzesnovelle für Ausbau und Angebot von DAB+?
Mit zunehmenden Gerätezahlen und Hörern steigt der Druck auf bisher beim Thema DAB+ zurückhaltende Privatradio-Veranstalter. In den kommenden Wochen und Monaten werden weitere UKW-Privatradios simulcast über DAB+ starten. Auch solche, die bisher als Gegner der digitalen Radiotechnologie galten. Zudem wird es einen erheblichen Netzausbau und weitere regionale Multiplexe geben. Hier trägt die Gesetzesnovelle also bereits vor der Verabschiedung Früchte.
Hinweis: teltarif.de wird sich einige Wochen nach Inkrafttreten der Gesetzesnovelle umschauen, ob der Handel die neuen gesetzlichen Regelungen tatsächlich befolgt und mögliche Verstöße dokumentieren.