Niedersachsen

Niedersachsen: DAB+-Ende gefordert statt UKW-Abschaltung

Eine geradezu groteske Forderung kommt von den niedersächsischen Unternehmerverbänden: Anstelle einer UKW-Abschaltung fordern sie ein Aus für den Digitalfunk DAB+. Unterstützung erhalten sie vom Rechnungshof.
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Niedersachsen will DAB+ zu Fall bringen Niedersachsen will DAB+ zu Fall bringen
Foto: VQ
Auf der Fachmesse Anga Com in Köln waren sich Fernsehsender, Netzbetreiber und die Politik einig: "Endlich sind wir den analogen Kram los". Mit der Abschaltung im Kabel endet in diesem Jahr das analoge TV-Zeitalter. Beim Radio gibt es dagegen ganz andere Töne.

Unternehmer fordern Ende von DAB+

Niedersachsen will DAB+ zu Fall bringen Niedersachsen will DAB+ zu Fall bringen
Foto: VQ
So fordern die Unternehmerverbände in Niedersachsen das Aus für das terrestrische Digitalradio DAB+. "Wir reden von Digitalisierung, Breitbandausbau und sehen den 5G-Standard in greifbarer Nähe. Warum sollen jetzt Millionen in eine Technologie investiert werden, die morgen schon wieder überholt ist?", fragt sich Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen.

Die meisten Radiohörer in Deutschland blieben bisher den UKW-Frequenzen treu und werden direkt zum Internetradio wechseln, das über PCs, Smartphones oder Tablets empfangen werden kann. "Wir müssen aufhören über eine Technologie zu diskutieren, die schon jetzt nicht mehr zeitgemäß ist. Die Zukunft gehört dem flächendeckenden schnellen Internet und damit dem Internetradio und nicht DAB+", so Müller weiter.

Rechnungshof rügt langsame Entwicklung beim Digitalradio

Unterstützung bekommt der Verband auch von einer anderen Seite. Entweder zügig klare Rahmenbedingungen und Fristen oder Schluss mit der Förderung: So lautet die Empfehlung des niedersächsischen Landesrechnungshofes zum Umgang mit dem digitalen Hörfunkstandard DAB+. Es bleibe festzuhalten, dass es in einem Zeitraum von 20 Jahren bisher nicht gelungen sei, bei den Nutzern eine nennenswerte Ausstattung mit DAB oder DAB+-Geräten zu erreichen, heißt es im aktuellen Jahresbericht des Rechnungshofes.

"Selbst wenn die politischen und industriellen Rahmenbedingungen gegeben und damit drei der vier Forderungen der KEF erfüllt sein sollten, muss die neue Technologie den Konsumenten überzeugen, damit sie sich am Markt durchsetzt. Eine verordnete UKW-Abschaltung erscheint nicht zweckmäßig, solange für den Hörfunkkonsumenten die Nachteile überwiegen”, lautet die Kritik der Finanzkontrolleure.

Beobachter gingen davon aus, dass seit den 90er Jahren möglicherweise bis zu einer Milliarde Euro in die Technologie gesteckt wurde. Bei den Prüfern in Hildesheim wundere man sich über die Lethargie bei NDR, Staatskanzleien und Landesmedienanstalten. "In den Gesprächen war keine eindeutige Strategie zur Einführung von DAB+ erkennbar", heißt es.

"Angesichts der seit 20 Jahren andauernden, aber bisher wenig erfolgreichen Förderung der Entwicklung und Verbreitung von DAB/DAB+ und der weiterhin zu erwartenden hohen Kosten eines fortdauernden Simulcastbetriebs, erwarten die Rechnungshöfe ähnlich wie die KEF, dass sich die Beteiligten entweder auf klare und krisensichere Rahmenbedingungen sowie überschaubare Fristen zum Ersatz von UKW durch DAB+ verständigen oder die Förderung der Verbreitung von DAB+ möglichst umgehend beenden", heißt es im Bericht weiter.

Gesteuerte Kampagne von Privatradio-Platzhirschen?

Digitalradio-Befürworter sehen in den Aktionen eine von außen gesteuerte Kampagne, die ihre Ursprünge bei landesweiten Privatradio-"Platzhirschen" und deren Gesellschaftern haben könnte. Hier gebe es diverse Verflechtungen zwischen Privatradio, Unternehmensverbänden und der Politik. Die Privatradios in Niedersachsen lehnen das digital-terrestrische Radio ab. Für sie bedeutet es mehr regionale und überregionale Konkurrenz durch neue Programme.

In Bundesländern, wo sich die regionalen, privaten Hörfunkprogramme an DAB+ beteiligen, ist das digitale Radio weit erfolgreicher und liegt mit über 20 Prozent Marktdurchdringung über dem Bundesdurchschnitt (14 Prozent). Beispiele sind Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Niedersachsen dagegen gehört zu den Schlusslichtern bei DAB+ in Deutschland.

In einigen Bundesländern machen die Landesmedienanstalten zudem ein regionales Engagement bei DAB+ von den privaten UKW-Platzhirschen abhängig. So lange diese DAB+ nicht wollen, werden auch keine Kapazitäten ausgeschrieben. Dadurch werden sie vor unliebsamer Konkurrenz geschützt.

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