Rückblick

Quam heute vor 10 Jahren abgeschaltet: Geplatzter UMTS-Traum

Gute Ideen, geniale Handbücher - aber organisatorisches Chaos
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Bei der Prepaid-Karte "Quam Now" wurde nach jeder Verbindung automatisch eine Flash-SMS auf das Handy geschickt, welche den verbliebenen Guthabenstand, die Kosten des letzten Gesprächs, die verbleibende Lebensdauer des Kartenguthabens und damit der Karte und ihrer Rufnummer anzeigte. Diesem lobenswerten Beispiel wollten die andern Anbieter nie folgen, da sie zu hohen Signalisierungsverkehr im Netz befürchteten.

Zusätzlich war auf der SIM-Karte im SIM-Toolkit-Menü "Quam Now" eine Kontostandsabfrage vorgesehen. Damit nicht genug: Unter der Rufnummer 1447 konnte man sich eine SMS schicken lassen, die ein Passwort enthielt. Damit konnte im Internet der "Prepaid-Kontostand" abgefragt werden, alternativ war noch das USSD-Kommando *133# möglich - oder bei Anruf der Kurzwahl 1448 las eine Stimme den Kontostand vor und schickte zusätzlich noch eine SMS.

Quam anfangs nicht von überall erreichbar

Quam-Werbesäulen Quam-Werbesäulen
Bild: dpa
Quam hatte sein Netz am 22. November 2001 mit der Vorwahl 0150 geöffnet und verwendete daraus nur Rufnummern, die mit 01505 begannen, gefolgt von siebenstelligen Rufnummern. Da für jede technisch mögliche Rufnummer eine Art "Miete" an die damalige RegTP (heute BNetzA) zu entrichten ist, sparte man so eine Menge Geld zum Start, die Lizenz war ja schon teuer genug. Der Start von Quam verlief ziemlich blauäugig, denn in München war man davon ausgegangen, dass es reichen würde, der Deutschen Telekom kurz "Bescheid" zu sagen und damit die Erreichbarkeit zu gewährleisten.

So waren die Quam-Anschlüsse zwar aus dem Festnetz der Deutschen Telekom, jedoch nicht aus den Netzen von T-Mobile D1 oder Vodafone D2 erreichbar. E-Plus als "Gastgeber" hatte hingegen keine Probleme, die VIAG Interkom auch nicht, denn sie verdienten an der Misere mit: Quam hatte bei der Festnetz-Sparte der VIAG eine 0800-Rufnummer schalten lassen, wo sich ein "Fräulein vom Amt" meldete. Die Damen nahmen Anrufe für Quam-Kunden entgegen und verbanden dann an die wenigen bereits aktiven Quam-Teilnehmer weiter. Klar, dass viele Fans und Freaks ein diebisches Vergnügen hatten, permanent kostenlos ihre neuen Freunde im Quam-Netz anzurufen.

Aus Protest gegen die schleppende Freischaltung durch die etablierten Konkurrenten stellte Quam seine Vermarktung zum Weihnachtsgeschäft 2001 erst einmal ein. Die Quam-Läden in den teuersten Lagen der großen Städte blieben geöffnet und schenkten legendären Kaffee aus, doch so oder so blieb es in den Quam-Cafes ziemlich leer.

Tarife: Erst langweilig, dann günstig - ohne Änderung!

Beratung in einem Quam-Shop Beratung in einem Quam-Shop
Bild: dpa
Die Mobilfunk-Tarife von Quam waren sehr klar strukturiert, blieben aber durchweg teurer als die Mitbewerber. Damit waren sie für die "First-Mover" und "Insider" weitgehend uninteressant. Quam verzichtete auf Signalpreise und unterschied in seinen Vertragstarifen nicht zwischen "netzintern" oder "netzextern".

Die Prepaidkarte "Now" war mit 69 Cent in die Mobilnetze und 59 Cent pro Minute ins Festnetz für damalige Verhältnisse relativ "günstig". Obwohl der Euro erst am 1. Januar 2002 eingeführt wurde, hatte Quam gleich vom Netzstart seine Preise in Euro kommuniziert.

Erst später, nachdem E-Plus und die Konkurrenten ihre Tarife "angepasst" und dabei verteuert hatten, wandelte sich das Bild: Auf einmal wären die unveränderten Quam-Tarife sogar interessant gewesen.

Im März 2002 wurden die Marke von etwa 75 000 Kunden erreicht, was sich im Juni auf 200 000 geschaltete Karten steigerte. Um das Geschäft richtig anzukurbeln, wurden Pakete aus Handys und Verträgen mit dicken Provisionen geschnürt, die - optimal ausgenutzt - zum Verlustgeschäft für Quam werden mussten. Im fernen Madrid merkte man das relativ spät und drückte den "Not-Aus"-Knopf. Der Vertrieb endete am 27. Juli 2002 um 24 Uhr für Postpaid und am 31.August 2002 für Prepaid-Kunden.

Das Quam-Logo Das Quam-Logo
Bild: Quam/dpa
Anfangs sah es so aus, als ob Bestandskunden unbehelligt weiter telefonieren könnten. Eher zufällig wurde bekannt, dass das Netz am 15. November 2002 um 24 Uhr komplett abgeschaltet werden würde. Die Quam-Pressestelle dementierte zuerst, um dann doch einzuräumen, dass diese Komplett-Abschaltung leider Fakt sei. Genauso schlecht wurde die Tatsache kommuniziert, dass Quam bei der damals frisch eingeführten Rufnummernportierung im Mobilfunk nicht mit von der Partie war - sprich: Alle Quam-Kunden verloren ausnahmslos ihre teilweise wirklich liebgewordenen Wunschrufnummern. Da half auch eine Klage eines Betroffenen vor einem Münchner Gericht nicht. Da Quam nur kurz am Start gewesen sei, fand das Gericht, könne nicht zugemutet werden, diese Nummern am Leben zu erhalten. Hätte die Bundesnetzagentur diese Verpflichtung durchgesetzt, hätte Quam ein Problem gehabt: Wer hätte die an Quam vergebene Vorwahl 0150 weiter betreiben sollen, um die Erreichbarkeit aller portierten Rufnummern sicher gewährleisten zu können?

Zum Schluss berichten wir von der legendären Quam-Abschaltparty, dem zweifelhaften Wechselangebot zu T-Mobile und dem Wiedereinstieg von Telefónica in den deutschen Markt.

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