Wettbewerb

Qualcomm soll rund eine Milliarde Euro Strafe zahlen

In fast allen Geräten von Apple sorgen Chips des US-Herstellers Qualcomm für die Mobilfunkverbindung. Um sich die Treue von Apple zu sichern, half der Chiphersteller allerdings nach. Jetzt verhängen die EU-Wettbewerbshüter eine saftige Strafe.
Von dpa / Stefan Kirchner

Qualcomm Die EU hat eine empfindliche Geldstrafe gegen Qualcomm verhangen
Bild: Qualcomm
Der US-Chiphersteller Qualcomm soll in Europa wegen Verstößen gegen Wettbewerbs­regeln eine Strafe in Höhe von 997 Millionen Euro zahlen, wie die EU-Kommission mitteilt. Das Unternehmen habe einer Untersuchung zufolge "Milliarden von US-Dollar an Apple gezahlt, damit Apple nicht bei der Konkurrenz kauft", erklärte EU-Kommissarin Margrethe Vestager in Brüssel. Wettbewerber seien dadurch in rechts­widriger Weise mehr als fünf Jahre lang vom Markt für sogenannte LTE-Basisband-Chipsätze ausgeschlossen worden.

"Bei diesen Zahlungen handelte es sich nicht einfach um Preis­nachlässe - sie wurden unter der Bedingung geleistet, dass Apple in sämtlichen iPhone- und iPad-Geräten ausschließlich Qualcomm-Chipsätze verwendet", sagte Vestager weiter. "Durch das Verhalten von Qualcomm wurden Verbrauchern und anderen Unternehmen mehr Auswahl und Innovation vorenthalten - und das in einem Sektor mit riesiger Nachfrage und enormem Potenzial für innovative Technologien."

Vestager spielte damit darauf an, dass die sogenannten Basisband-Chipsätze für die Verbindung von Smartphones und Tablets mit Mobilfunk­netzen sorgen und sowohl für die Stimm- als auch für die Daten­übertragung genutzt werden. Sie sind damit unverzichtbar für den Betrieb der Geräte. Qualcomm ist nach Angaben der EU-Kommission mit Abstand der weltgrößte Anbieter in dem Bereich.

Qualcomm will die Entscheidung anfechten und ein Berufungsverfahren anstreben. "Wir sind überzeugt, dass diese Vereinbarung nicht gegen die EU-Wettbewerbs­regeln verstieß und keine negativen Folgen für den Wettbewerb auf dem Markt oder europäische Verbraucher hatte", erklärte Qualcomms Chefjurist Don Rosenberg. Der Konzern argumentierte auch, dass seine Funkchips besser als die von Intel gewesen seien. Apple habe die Leistung von Qualcomm-Chips abbremsen müssen, damit der Unterschied zu den Intel-Versionen nicht auffalle.

Unlauterer Wettbewerb mit Nachteilen

Qualcomm Die EU hat eine empfindliche Geldstrafe gegen Qualcomm verhangen
Bild: Qualcomm
Nach Einschätzung der Wettbewerbs­hüter versuchte das Unternehmen durch seine rechts­widrigen Praktiken vor allem eine stärkere Konkurrenz durch Intel zu verhindern. Intel versucht seit Jahren, das schwächere Geschäft mit PC-Chips durch neue Produkte auszugleichen. Bei den Mobilfunk­chips konnte sich der Halbleiter­gigant allerdings häufig nicht gegen Qualcomm durchsetzen. Die nun verhängte Geldbuße in Höhe von 997 Millionen Euro entspricht laut Kommissions­angaben 4,9 Prozent des Umsatzes von Qualcomm im Jahr 2017.

Für den Chiphersteller ist die Entscheidung der EU-Wettbewerbs­hüter ein weiterer schwerer Rückschlag. Das Unternehmen sieht sich derzeit mit einem feindlichen Übernahme­versuch des US-Rivalen Broadcom konfrontiert. Die Ermittlungen von Wettbewerbs­behörden in Europa, Südkorea und den USA trugen dazu bei, dass der Qualcomm-Aktienkurs abrutschte und der Broadcom-Angriff erst möglich wurde. Zudem liefert sich Qualcomm seit Monaten einen Rechts­streit mit seinem wichtigen Kunden Apple.

In diesem klagte zunächst Apple mit dem Vorwurf, der Halbleiter-Spezialist verlange zu viel für Patent­lizenzen und forderte eine Milliarde US-Dollar Rabatt-Zahlungen, die Qualcomm zunächst zugesagt habe, dann aber zurück­gehalten habe. Der Chip-Hersteller antwortete mit einer Gegenklage und warf Apple unter anderem vor, Tatsachen zu verfälschen und Regulierer in den USA und Asien zu Attacken angestachelt zu haben. Im vergangenen Juli eskalierte der Streit und Qualcomm legte weitere Klagen in den USA mit dem Vorwurf der Verletzung von sechs Patenten nach und will auch die Einfuhr von iPhones mit Chips des Konkurrenten Intel in die USA verbieten lassen.

Neuer Patentkrieg der Mobilfunkbranche?

Zuletzt legte Apple mit eigenen Vorwürfen von Patent­verletzungen nach. Das Unternehmen zählte acht eigene Patente zu Technologien für längere Batterie­laufzeiten auf, die Qualcomm verletzte. Zugleich bestreitet Apple, dass die von Qualcomm ins Feld geführten Schutz­rechte gültig seien.

Qualcomm selbst versucht derzeit, den nieder­ländischen Konkurrenten NXP Semiconductors zu übernehmen. Die EU-Kommission hat dem geplanten Geschäft jüngst unter Auflagen zugestimmt. Ob die Übernahme wirklich zustande kommt, gilt allerdings als fraglich. Ein Grund ist das rund 130 Milliarden US-Dollar schwere feindliche Übernahme­angebot von Broadcom für Qualcomm. Das rund 47 Milliarden US-Dollar schwere Angebot von Qualcomm für NXP musste zuletzt wegen geringen Interesses der Aktionäre bis zum 9. Februar verlängert werden.

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